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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_07_24_Presse_OCR
- S.6
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Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung
„‚Er hat Glück gehabt“‘“, Seite 4
„Er hat Glück gehabt“
Als ein Bursch im Innsbrucker Baggersee panisch um sich schlug, glaubten seine Kollegen
an einen Spaß. Zwei Studenten erkannten aber den Ernst der Lage - und eilten zu Hilfe.
Von Benedikt Mair
Innsbruck —- Er kam gerade
von einer Wanderung, sie von
einem Einsatz. Anstrengende
Stunden lagen hinter ihnen.
Felix Schmid und Theresa
Petschar waren vergangenen Freitag eigentlich privat
am Innsbrucker Baggersee,
wollten dort nur etwas ausspannen. Daraus wurde aber
nichts. Die beiden wurden
Zeugen eines Notfalls, reagierten sofort und retteten
einen Burschen, der zu er-
trinken drohte. Sein Glück
war, dass der 27-jährige Bayer
und die 24 Jahre alte Tirolerin
genau wissen, was in solchen
Situationen zu tun ist.
Kurz nach 16 Uhr sprangen Schmid und Petschar ins
Wasser, schwammen Richtung Mitte des Sees. Direkt
neben ihnen tat das auch eine Gruppe aus fünf Jugendlichen, die sich offenbar ein
Wettrennen lieferten. „Einer
von denen hat dann irgendwann gesagt, dass er nicht
mehr kann“, erinnert sich
Schmid. „Er hat angefangen,
panisch um sich zu schlagen,
ging immer wieder unter und
zog einen seiner Kollegen
mit. Die glaubten da noch
an einen Spaß. Sie lachten
sogar.“
Der angehende Mechatroniker und die Pharmazie-Studentin erkannten allerdings
recht schnell den Ernst der
Lage - was wohl auch daran
liegt, dass beide Mitglieder
in der Innsbrucker Wasserrettung und als solche sensibilisiert für derlei Ereignisse
sind. Schmid und Petschar
näherten sich der Gruppe,
signalisierten dem Ertrinkenden, dass Hilfe da ist und
hielten die anderen etwas auf
Abstand. „Weil der Bursch einen seiner Freunde ständig
am Körper gepackt und mit
runter gezogen hat“, sagt die
24-Jährige.
Rufen und Ruhe bewahren
Schmid kümmerte sich um
den in Not geratenen Jugendlichen, gab ihm Anweisungen. „Er sollte sich auf
den Rücken legen, den Kopf
über Wasser halten. Das ist
das Wichtigste“, erzählt der
27-Jährige. „Dann habe ich
ihn in den Rettungsgriff genommen und an Land gezogen.“ Theresa Petschar
glaubt, dass die Angelegenheit wohl schlimmer geendet
hätte, wenn sie und Schmid
nicht in der Nähe gewesen
wären. „Andere Gäste haben
das nicht bemerkt, die sind ja
auch in ihrer eigenen Welt.
Und am Freitag hat auch niemand um Hilfe gerufen.“ Das
sei allerdings wichtig, meint
sie. „Laut schreien und Ruhe bewahren. Wobei das in
Paniksituationen leichter gesagt als getan ist.“
Wer beobachtet oder hört,
dass ein Mensch im Wasser
E
und retteten so einem Jugendlichen wohl das Leben.
‚ ‚ Er sollte sich auf
den Rücken legen,
den Kopf über Wasser halten. Das ist das
Wichtigste.“
Felix Schmid
(Student und Lebensretter)
Hilfe braucht, der soll im
besten Fall jene holen, die
für solche Aktionen ausgebildet sind, meinen die beiden.
Denn wer nicht extrem gut
schwimmen kann, der bringe sich laut Petschar beim
Rettungsversuch womöglich selber in Gefahr. „Das
muss nicht sein. Es gibt am
Baggersee, an anderen Seen
oder im Schwimmbad immer Bademeister und andere
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‚ Der Bursch hat ei-
nen seiner Freunde
ständig am Körper
gepackt und mit runter
gezogen.“
Theresa Petschar
(Studentin und Lebensretterin)
Aufsichtspersonen, die dann
übernehmen.“
Warum wäre der Bursch
aber beinahe ertrunken? „Ihm
ist wohl die Kraft ausgegangen. Er berichtete dann auch
von einem Krampf im Bein,
wirkte ziemlich fertig“, sagt
Felix Schmid. „Dazu muss
ich sagen, dass alle fünf keine wirklich guten Schwimmer waren. Die haben sich
einfach übernommen. Ein
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Der 27-jährige Felix Schmid und die 24 Jahre alte Theresa Petschar reagierten am vergangenen Freitag schnell
Foto: Benedikt Mair
Fehler, den tatsächlich ziemlich viele begehen. Wer nicht
so geübt ist, sollte sich langsam ans Schwimmen längerer Strecken herantasten und
eher im Uferbereich bleiben,
im flachen Wasser, wo er oder
sie stehen kann.“
Für den Jugendlichen endete der Vorfall am Freitagnachmittag glimpflich, er konnte
den Baggersee nach kurzem
Durchschnaufen selbstständig wieder verlassen. Auch
Sanitäter wurden keine gebraucht. „Er hat Glück gehabt“, sagen Petschar und
Schmid. Und freuen sich,
dass sie es waren, die einem
Menschen das Leben retten
konnten. „Dafür sind wir ja
schließlich auch da.“