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Jahr: 2024

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Tiroler Tageszeitung

„Performer auf barocken Spielgründen“, Seite 12

Performer auf barocken Spielgründen

Einstimmung auf die heurigen Innsbrucker Festwochen der Alten Musik mit Ambraser Schlosskonzerten im Doppelpack.

Von Edith Schlocker

Innsbruck — Fernes Donnergrollen gehört genauso wie
die Schreie der Pfauen und die
einladenden Fanfarenklänge
zur „Begleitmusik“ der Ambraser Schlosskonzerte. Mit
dem „Spanischen Saal“ als
idealem Spielort, um, umgeben von den überlebensgroßen Bildnissen von 27 Tiroler
Landesfürsten, darunter jenem des Erbauers des Saals,
Erzherzog Ferdinand II., die
Musik aus Renaissance und
Barock zu genießen. Im samstägigen Konzert schwerpunktmäßig eine Auswahl jener Madrigale, die der Venezianer
Andrea Gabrielli Ferdinand
gewidmet hat und die 1580 in
Ambras uraufgeführt wurden.
Leider nicht mehr erlebt hat
die Intonation dieser der Liebe gewidmeten Lieder Philippine Welser, die große Liebe
des Landesfürsten.

Sozusagen die Nachfolger
seiner Hofkapelle, die zehn
Instrumentalisten und SängerInnen der Innsbrucker Hofmusik unter Marian Polin,

gaben am Samstag im „Spanischen Saal“ ihre umjubelte
Festwochen-Premiere.

Um bittere Seufzer, von
Amor abgeschossene Pfeile,
süß umkettete Herzen und
traurige Seelen geht es in diesen sechsstimmig - von den
Sopranen und Tenören gibt es
jeweils zwei - geschriebenen
Liedern. Was genauso wie die
Instrumentalbegleitung der
meist anonymen Texte eine
absolute Novität in der Zeit
ihres Entstehens war. Allerdings durch die Bearbeitung
von Gabriellis Musik vielerlei
delikate Spielereien möglich
macht. Um durch die Kombination unterschiedlichster
Paarungen instrumentaler
genauso wie gesanglicher Art
dem Programm Lebendigkeit
zu verpassen. Und den einzelnen Mitgliedern der Innsbrucker Hofmusik die Möglichkeit
gibt, erfüllt von grenzenloser
Spielfreude mit- und gegeneinander auf höchstem musikalischem Niveau anzutreten.

Während am Samstag ein
Stück Hofmusik an seine Quellen zurückgekehrt ist, bewies

die am Abend davor vom Ensemble Nuovo Aspetto sowie
dem südafrikanischen Blockflötisten Stefan Temmingh
gespielte Musik, dass in ihrer Interpretation sogar die
„Children Songs“ des amerikanischen Jazzpianisten Chick
Corea (1941-2021) irgendwie
barock daherkommen.

Prail gefüllte Spielzeugkiste

Allein schon die „Spielzeuge“,
die dafür aufgeboten wurden,
sind erstaunlich. Besonders
die Flöten aus diversen Zeiten
und in den unglaublichsten
Formen inklusive der riesigen
Subkontrabass-Blockflöte,
von der es weltweit nur sechs
gibt. Ihr dunkle Töne zu entlocken, braucht viel Luft, die
der junge Mathis Wolfer offensichtlich hat. Als kongenialer Partner Temminghs, der
mit seinen Flöten tanzt, hüpft,
performend fast zu einem Teil
von ihnen wird.

Die „Playgrounds“, also das
Programm des Abends entstammt Musiken aus 350 Jahren. Das jüngste Stück hat Michael Nyman 1982 für einen

Greenaway-Film geschrieben,
das älteste ist eine „Canzonetta spirituale“ von Tarquinio
Merula von 1638. Was sie verbindet, sind in der Bassstimme
verortete Töne, die zur Basis
der freien Interpretation durch
die MusikerInnen werden.
Dass das Zusammenspiel
von Temmingh und Nuovo
Aspetto eine Premiere war,
würde man nie vermuten. So
perfekt, so uneitel ist ihr Zusammenspiel. Immer wieder
ist ein anderes Instrument die
Diva oder finden sich Paare,
die sich bald wieder verlieren, letztlich den Flöten Platz
machen. Um mit ihrer Spielart des Barocken das Publikum regelrecht zum Rasen zu
bringen. Sozusagen den Kreis
schließend bedankten sich die
Musiker dafür mit der Wiederholung des ersten Stücks von
Nyman, und als das Klatschen
kein Ende nehmen wollte,
noch mit dem fröhlich barocken Tanzstück „Black and
Grey“. Standing Ovations.
Mehr Barockes gibt es kommenden Freitag und Samstag
wieder im „Spanischen Saal“.

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Der südafrikanische Blockflötist Stefan Temmingh fand in dem jungen Flötisten Mathis Wolfer (links) einen perfekten Partner.

Foto: Veronika Lercher