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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_09_24_Presse_OCR
- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„Kein Tier ist nur ein „Schädling““, Seite 6
24.9.2024
Kein Tier ist nur ein „Schädling“
Eine Vielzahl von Gesetzen regelt den Tierschutz in Tirol. Innsbrucks Wildtierbeauftragter
Thomas Klestil zeigt auf, dass der Mensch nicht jedes Tier, das ihm lästig ist, vernichten darf.
Weniger Insekten
Von Alexandra Plank
Innsbruck - Manche Tiere
sind den Menschen sympathischer als andere, das liegt
in der Natur der Sache. Doch
immer wieder glauben etwa
Wespen- oder Taubenhasser,
dass man diese „Schädlinge“
einfach beseitigen kann.
Thomas Klestil, Wildtierbeauftragter der Stadt Innsbruck, bemüht sich um das
Miteinander von Mensch
und Tier im urbanen Raum.
Die Tauben sind ein besonders großer Konfliktpunkt.
Nachdem der Taubenschlag
im Olympischen Dorf versetzt
wurde, schimpfen die einen,
dass ihre Balkone verdreckt
sind, die anderen wiederum
machen sich Sorgen um die
geschützte Stadttaube, die
kein Futter mehr findet. „Die
Tierschutzregeln sind sehr
komplex. Es gibt verschiedene Gesetze auf unterschiedlichen Ebenen“, erklärt Klestil. In den meisten Gesetzen
wird darauf hingewiesen,
dass grundsätzlich alle Tiere
einen Nutzen im Ökosystem
haben, gewisse Arten aber bei
Gefahr im Verzug durchaus
bekämpft werden dürfen.
Mitte August wussten sich
viele Menschen ob der Wespeninvasion nicht mehr zu
helfen, die Schädlingsbekämpfer hatten Hochsaison.
Laut Klestil sind praktisch alle Wespenarten geschützt, die
Gemeine Wespe, die gerne an
unserem Essen mitnascht,
darf jedoch offiziell getötet werden. Sei das notwendig, da eine Gefahr für Leib
und Leben bestehe, muss
man laut Gesetz jedoch dafür sorgen, dass das Tier
nicht leidet, ergänzt
er. Ganz anders
ist die Lage
bei Hornissen, die ohnehin
streng geschützt sind. „Sie
sind Einzelgänger. Sie wollen
sich auch nicht das Essen mit
uns teilen“, sagt Klestil. Man
solle sich glücklich schätzen,
wenn man einen Hornissenbau im Garten hat, weil dieser
die Wespen fernhalte.
Der Biologe verweist darauf, dass selbst die lästigen
Mücken eine wichtige Funktion haben - und zwar die eines
Bestäubers. Die Zunahme der
Honigbienen auf Kosten der
Wildbienen sieht er hingegen
kritisch: „Wer in der Stadt etwas für das Ökosystem tun
will, der sollte nicht zum Imker werden, sondern ein Insektenhotel aufhängen.“
Häufig wird er von den
Stadtbauern gefragt, was
man gegen die Rabenkrähe tun könne. Die Tiere sind
schlau und richten auch unter den Folien große Schäden
an. „Man darf sie jagen, muss
aber vorher nachweisen, dass
man mit drei unterschiedlichen Methoden versucht hat,
sie zu verjagen, etwa durch
das Aufhängen von CDs“, hält
Klestil fest. Der Argumentation, man könne die nicht
geschützte Rabenkrähe
kaum vom geschützten Kolkraben unterscheiden,
kann er nicht
folgen: „Wer
sich einmal
den Kolkraben
im Al-
penzoo angesehen hat, weiß,
dass da allein von der Statur ein großer Unterschied
besteht.“
Säugetiere sind in der
Europäischen Union besonders streng geschützt.
Schon seit Langem versucht
man seitens der Politik etwa,
den Schutzstatus des Wolfes abzusenken. Klestil hat
im Stadtzentrum naturgemäß nicht mit Meister Isegrim zu tun, sehr wohl aber
mit Bibern. „Fünf Tiere haben sich schätzungsweise im
Lohbach angesiedelt“, sagt
er. Auch an anderen
Flüssen sind sie heimisch geworden.
Die Biber sind fleißige Baumeister,
sie fällen Bäume und errichten Dämme.
„Wenn sie das
im Wald tun,
sind Biber
das beste
Beispiel
für Renaturie-
rung, mitten in der Stadt kann
es allerdings problematisch
sein.“
Die StadtgärtnerInnen investieren viel Zeit, um zu gewährleisten, dass die Bäume
im Lohbach, die sich in der
Nähe des Radweges und einer
Schule befinden, standfest
bleiben. „Der Biber ist sehr
streng geschützt. Wenn Gefahr im Verzug ist, muss man
versuchen, ihn umzusiedeln.
Nur mit amtlicher Genehmigung darf man etwas an Bau
und Dämmen ändern“, erläutert Klestil. Der Tierexperte
gibt an, dass der Bi-
ber als ausgestor-
ben galt: „Mittlerweile ist er in Tirol
angekommen,
fühlt sich wohl
und vermehrt
sich fleißig.“
Jeder, der ent-
lang des Innradweges unterwegs
ist, sieht, dass allenthalben ein angenagter
Baum steht.
Bleiben die Ratten, vor denen sich
viele ekeln und sie
als Inbegriff von
Schmutz und Seu-
chengefahr sehen. „Ratten ste-
— _ hen nicht unter
— Schutz, aber es
ist wichtig, dass
es ein Monitoring
; gibt, wie bei den
4] Tauben“, schließt
Klestil.
Mehr Biber
Tauben werden auch abfällig „Ratten der Lüfte“ genannt.
Das ist falsch. In Innsbruck wird ein Konzept umgesetzt,
das mit dem Bau zweier Taubentürme startet. — Foto: (Stock
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