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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_05_12_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Fassade ohne Blumenschmuck“, Seite 17
Der TT-Ombudsmann
Tröge für
Blumen
als Gefahr
Von Klaus Lugger
D er $ 1319 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches sieht die Haftung für
den Besitzer eines Hauses vor,
wenn sich Teile des Gebäudes
ablösen und Schaden verursachen. Eventuelle Sachschäden
werden in der Regel von der
Hausversicherung bezahlt.
Wenn dadurch jedoch eine
Person verletzt wird, trifft den
Hausbesitzer auch eine strafrechtliche Verantwortung.
Vor wenigen Wochen lösten
sich - die TT berichtete darüber - in der Innsbrucker Innenstadt Fassadenteile bei einem Wohnhaus und stürzten
auf den öffentlichen Gehsteig.
Die Feuerwehr war rasch zur
Stelle, die Teile wurden weggeräumt, die Gefahrenstelle
abgesichert. Zum Glück war
keine Person am Gehsteig, der
Vorfall hätte schlimme Folgen
haben können.
Diese straf- und zivilrechtliche Haftung betrifft alle Hauseigentümer, natürlich auch
die Neue Heimat Tirol. So ist
auch die Aufforderung zu verstehen, die seit Jahrzehnten im
6. Stock außerhalb der Balkonbrüstung angebrachten Blumentröge auf die Innenseite
des Balkons zu verlegen, siehe
den Bericht rechts.
Wie groß ist nun die Gefahr,
dass so ein Blumentrog hinunterfällt und ein spielendes
Kind verletzt? Das könnte zum
Beispiel passieren, wenn der
Mieter den Trog heraushebt,
um ihn neu zu bepflanzen.
Auch könnte altersbedingt die
Halterung brechen. Der Hauseigentümer bzw. die dort Verantwortlichen müssen dieses
Risiko bewerten, tragen sie
doch das straf- und zivilrechtliche Risiko.
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Ausblick mit etwas Grün: Diese Trö-
ge sollen wegkommen. Foto: Springer
Fassade ohne Blumenschmuck
Das Pflanzen-Paradies auf dem Balkon ist der ganze Stolz von Ingrid Kemetmüller.
Jetzt sollen die vor Jahrzehnten angebrachten Blumenkästen weg, sie stellen eine Gefahr dar.
Von Michaela S. Paulmichl
Innsbruck —- Der Balkon in
dem 14-stöckigen Haus in
der Reichenauer Straße in
Innsbruck ist nicht sehr groß,
aber für Ingrid Kemetmüller ist es ihre grüne Oase, die
sie seit Jahrzehnten hegt und
pflegt. An der Wand wächst
Efeu, davor Bambus, im Sommer blüht ein Oleander und
jetzt auch schon Lavendel
in den Blumenkästen an der
Balkonbrüstung. Genau diese aber sollen nun wegkommen. Die Innsbruckerin und
ihr Mann haben ein Schreiben bekommen, dass sie die
Tröge entfernen müssten —
aus Sicherheitsgründen, wie
es von Seiten der Neuen Heimat heißt. Außerhalb des Geländers darf nichts gelagert
‚ Da kann nichts
passieren! Die
Pflanzen tragen außerdem zur Verschönerung
der Fassade bei.“
Ingrid Kemetmüller
(Mieterin)
werden. Bei starkem Wind
könnten die Blumenkästen
abstürzen und Schaden anrichten oder sogar jemanden
verletzen. Das Ehepaar müsste sie abmontieren und innerhalb der Brüstung anbringen.
„Es ist alles fest montiert“
Damit ist Ingrid Kemetmüller
aber nicht einverstanden, sie
sieht keine Gefahr, denn die
Holzkästen mit den Blumen
seien auf eigens installierten,
fest montierten Stahlträgern
angebracht. „Da kann nichts
passieren!“ Die Pflanzen
würden außerdem zur Verschönerung der nicht sehr
ansehnlichen Fassade beitragen, die schon an einigen
Stellen abblättert.
Auch andere Parteien in
dem Haus haben eine Verständigung bekommen und
sind ebenfalls nicht erfreut
darüber. Werden die Kästen
innen befestigt, wäre auf den
ohnehin kleinen Balkonen
noch weniger Platz.
Heidi Prankl, für die Hausverwaltung zuständige Leiterin bei der Neuen Heimat,
bedauert die Maßnahme:
„Ich verstehe, dass das Verständnis dafür nicht groß
1
ist, wenn Blumenkästen, die
jahrzehntelang abgebracht
waren, auf einmal wegmüssen.“ Sie verweist aber auf
vorgegebene ÖNORMEN und
die so genannte Verkehrssicherungspflicht eines jeden
Eigentümers. Man sei verpflichtet, Sorge zu tragen,
dass von einem Gebäude keine Gefahr ausgehe.
Regelmäßige Begehungen
Aus diesem Grund würden bei
den Wohnhäusern der Neuen
Heimat auch regelmäßig Begehungen durch Hausbetreuer und -verwalter oder auch
externe Techniker stattfinden.
„Sie machen uns auf mögliche
Gefahren aufmerksam. Es ist
unsere Aufgabe, dass nichts
passiert. Und wenn doch einmal etwas passiert und es geht
um die Schuld- und Haftungsfrage, dann müssen wir nachweisen können, nicht untätig
gewesen zu sein.“
Was Haftungsfragen betrifft, geht es übrigens nicht
nur um das Thema Blumenkästen, die bei starken Windböen hinunterfallen könn-
Ingrid Kemetmüller hat sich auf ihrem Balkon im sechsten Stock eine kleine grüne Oase (1) geschaffen. Um außen am Geländer Blumenkästen anbringen zu können, ließ sie Stahlträger montieren. Für das Verbot hat sie kein Verständnis. Das Gebäude (2) hat 14 Stockwerke.
ten: Auch schlecht befestigte
Markisen oder Sichtschutz-
Trennwände können Schäden anrichten. Wollen Mieter
solche Elemente anbringen,
braucht es deshalb eine
schriftliche Vereinbarung mit
dem Hauseigentümer.
Anbringung geprüft
Ist die Anbringung nicht vorschriftsgemäß durchgeführt,
müssen sie entfernt werden.
Prankl: „Wir haben unsere
Kontrollmechanismen, gehen aber bestimmt nicht in
jede Wohnung oder wollen
gar ‚überverwalten‘.“ Sie appelliert an den Hausverstand,
„da braucht es aber unter
Umständen viel Überzeugungsarbeit“.
Bei bepflanzten Balkonen
gibt es auch häufig Diskussionen mit den Nachbarn, was
ablaufendes Gießwasser betrifft, abfallende Blätter oder
Blüten. „Hier versuchen wir,
den Bewohnern zu sagen,
miteinander zu sprechen.
Das funktioniert in der Praxis
manchmal ganz gut, manchmal aber auch nicht.“
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