Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_10_10_Presse_OCR
- S.18
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
Kurier
„Investoren drohen Gemeinderäten“, Seite 15
Über dieses Grundstück will die Stadtpolitik eine Bausperre verhängen. Die Besitzer setzen die Mandatare unter Druck
Das Projekt
Das Grundstück
Im Osten Innsbrucks
hat die Immobilien-
Gesellschaft PEMA
des Innsbrucker
Investors Markus
Schafferer ein Grundstück um 9,4 Mio.
Euro gekauft und in
der Folge an eine
gemeinsame Gesellschaft mit Bauträger
UBM um 22,25 Mio.
Euro verkauft
H
H
z
R
Das Vorhaben
In sieben Baukörpern
sollten zunächst
180 frei finanzierte
Wohnungen errichtet
werden. Anrainer
laufen Sturm. Inzwischen wurde die
Kubatur zurückgefahren. Aber die
neue Stadtregierung
sieht das Projekt
nicht Einklang mit
ihrem Ziel der Schaffung von leistbarem
Wohnraum
Investoren drohen Gemeinderäten
Innsbruck. Im Falle einer Bausperre werden Mandataren rechtliche Folgen in Aussicht gestellt
VON CHRISTIAN WILLIM
Im dörflich geprägten Stadtteil
Amras im Osten von Innsbruck
gehen seit bald zwei Jahren die
Wogen hoch. Überspitzt formuliert soll hier ein Acker durch die
Errichtung von frei finanzierten
Wohnungen in Betongold umgewandelt werden. Anrainer des
Grundstücks laufen Sturm.
In einer Gemeinderatssitzung
am heutigen Donnerstag soll nun
eine Bausperre für das Areal beschlossen werden. Planungsstadträtin Janine Bex (Grüne) spricht
von einer „Nachdenkpause“: „Wir
möchten die Zeit nutzen, um mit
allen Partnern am Tisch eine gemeinsame Lösung im Sinne der
Bevölkerung zu finden.“ Die Bausperre in Amras solle „als Chance
verstanden werden“.
Drohbrief an alle Mandatare
Die Projekt-Gesellschaft „Amraser-
See-Straße Immobilien GmbH &
Co KG“ der PEMA des Innsbrucker
Investors Markus Schafferer und
der UBM haben offenkundig eine
komplett andere Sichtweise auf
die geplante Maßnahme. Sie droht
den Gemeinderäten vor ihrer Sitzung unverhohlen mit rechtlichen
Schritten, wie die KPO Innsbruck
publik gemacht hat.
In einem Schreiben an alle
Mandatare wird angekündigt,
man werde „alle Mittel, die uns der
Rechtsstaat gibt“, ausschöpfen.
Hervorgehoben wird dabei ein
Punkt eines beigefügten Rechtsgutachtens, das eine Bausperre als
„unsachlichen und unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum bewertet“,
Dort wird gewarnt, dass im
Falle einer Aufhebung der Bausperre durch den Verfassungsgerichtshof „von einem amtshaftungsrechtlichen Schadenersatzanspruch“ der Immo-Gesellschaft
gegenüber der Stadt Innsbruck
auszugehen sei. Und - hier wird es
persönlich — „auch strafrechtliche
„Es sind auch
strafrechtliche
Konsequenzen der
stimmführenden
Gemeinderäte denkbar“
Aus einem Rechtsgutachten,
das an alle Abgeordneten ging
Konsequenzen der stimmführenden Gemeinderäte denkbar“ seien.
Heißt im Klartext: Wer für die
Bausperre stimmt, dem wird von
der Projektgesellschaft mit rechtlichen Folgen gedroht. „Hier wird
auf Kosten der Menschen mit
dem Grundbedürfnis Wohnen
spekuliert. Und jetzt drohen diese
Spekulanten auch noch den gewählten Vertretern der Stadt,
sollten sie ihr Betongold-Projekt
nicht durchwinken“, ist KPÖ-
Klubobfrau Pia Tomedi empört.
Im Büro von Bürgermeister
Johannes Anzengruber nimmt
man die Drohgebärde gelassen.
„Wir möchten diese Bausperre
verhängen. Das ist ein Instrument, das gesetzlich vorgesehen
ist“, heißt es. In besagter Nachdenkpause gehe es darum, dass
Die Verhängung der Bausperre steht im Gemeinderat auf der Tagesordnung
ein „sozialverträgliches, nachhaltiges“ Projekt entwickelt wird,
das für Stadtteilzufriedenheit
sorgt. Aktuell wird in den Plänen
der Immobilien-Entwickler jedoch eine „riesige Überbauung in
dörflicher Umgebung“ gesehen.
Seitdem das Vorhaben im Vorjahr publik wurde, haben sich die
politischen Verhältnisse in Innsbruck nach der Gemeinderatswahl
im Frühjahr neu sortiert. Der neue
Bürgermeister Anzengruber hat
gemeinsam mit Grünen und SPO
eine Koalition gebildet. Und sieht
bei dieser „ein klares politisches
Mandat, für die Bevölkerung leistbaren Wohnraum zu schaffen.
Fachliche Empfehlung
Laut Planungsstadträtin Bex wird
zudem „die Verordnung einer
Bausperre von fachlicher Seite
empfohlen. Dadurch können
eben mögliche bauliche Entwicklungen, die diesen genannten Zielen widersprechen, frühzeitig verhindert werden.“
Bei dem Areal handelt es sich
um ein 8.000 Quadratmeter großes Grundstück, das ursprünglich
eine Hofstelle samt Acker war
und in Mischgebiet liegt. Ein
Seite 18 von 29
5
8
E
a
R
z
3
Jungbauer hatte es von einem
kinderlosen Landwirt geerbt und
es 2022 um 9,4 Millionen Euro an
die PEMA verkauft. Die verkaufte
es in der Folge um 22,25 Millionen Euro an die gemeinsame
Projektgesellschaft mit dem Bauträger UBM weiter. Gemeinsam
wollte man in sieben Baukörpern
180 frei finanzierte Wohnungen
errichten. Die Investoren verweisen darauf, dass sie das Projekt —
obwohl es aus ihrer Sicht keine
Pflicht für einen Bebauungsplan
gibt - redimensioniert haben.
Es sei in Absprache mit Stadtplanung und Gestaltungsbeirat
bereits um circa 20 Prozent verkleinert worden — von sieben auf
sechs Baukörper, von sechs auf
fünf oberirdische Geschoße, hatten die Investoren zuletzt gegenüber der Tiroler Tageszeitung
argumentiert. In ihrem Schreiben
erklärt die „Amraser-See-Straße“-
Gesellschaft nun, dass ein mit
Stadtplanung und Gestaltungsbeirat abgestimmtes Projekt vorliegt. Tatsächlich sehen diese aber
laut KURIER-Informationen nicht
die „geforderte Reduktion der
Baumasse auf ein städtebaulich
verträgliches Maß“.
7.000 Euro pro Quadratmeter
Dass nicht mit den Unternehmern
gesprochen werde, wie diese beklagen, weist die Stadtregierung
zurück — so etwa Bex: „Ich habe
Mitte Juli mit den Projektwerbern
ein Gespräch zum Projektvorhaben und den stadtplanerischen
Zielen sowie den Inhalten im Zukunftsvertrag bei mir im Büro geführt.“ Die Vorstellungen, was
leistbarer Wohnraum ist, dürften
in jedem Fall weit auseinandergehen. Durch die Verkleinerung des
Projekts erhöhen sich laut Investoren die ursprünglich geplanten
Quadratmeterpreise. Mit voraussichtlich ab 7.000 Euro/m? liege
man aber weiterhin deutlich
unter Innsbrucker Marktniveau,
wird argumentiert,