Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_11_13_Presse_OCR
- S.25
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Der Standard
op-Meldung in der Zeit im Bild
des ORF, dazu eine Flut an Anrufen und E-Mails: Die kleine
Tiroler SPÖ erlebt ein Interesse
wie noch nie. Doch leider ist der
Anlass unerfreulich. Die große
Mehrheit der Wähler und Parteimitglieder,
die sich in den vergangenen Stunden gemeldet hatten, verlange eines, berichtet ein Funktionär: den Rücktritt von Parteichef und Landeshaup Ilvertreter Georg Dornauer.
Auslöser des Shitstorms ist jenes von der
Kronen Zeitung veröffentlichte Foto, das Dornauer in fröhlicher Jagdgesellschaft zeigt: vor
ihm ein toter Hirsch, hinter ihm der Signa-
Pleitier Rene Benko.
Doppelter Fauxpas
Der Eindruck ist doppelt verhängnisvoll.
Erstens darf Dornauer derzeit gar nicht seinem waidmännischen Hobby frönen. Weil vor
knapp fünf Jahren das eigene Gewehr mit angestecktem Magazin in seinem mit offenem
Fenster abgestellten Wagen gefunden wurde,
erließ die zuständige Bezirkshauptmannschaft ein Waffenverbot, auch die Tiroler
Jagdkarte verlor er. Das nun aufgetauchte
Foto suggeriert aber, dass Dornauer den Hirschen selbst geschossen hat. Schließlich trägt
er rechts am Hut einen Zweig. Dieser „Beutebruch“ weist gemeinhin den Schützen aus.
Dornauer bestreitet, abgedrückt zu haben,
und beruft sich auf die Aussage eines Jagdkollegen: Er selbst habe das Tier erlegt, sagt der
Hotelier. Anschließend habe man die Hüte getauscht - ein in der Jägerszene höchst unge-
wöhnlicher Vorgang. Die Staatsanwaltschaft
prüft, ob Ermittlungen einzuleiten sind.
Zweitens regt ebenso auf, in welcher Gesellschaft sich Dornauer auf die Pirsch begab. Der
in die Privatinsolvenz geschlitterte Benko gilt
vielen in der SPÖ als Prototyp des Superreichen, der seinen einstigen Erfolg windigen Geschäftsmodellen verdanke und dabei von der
ÖVP systematisch bevorzugt worden sei.
Ob beides reicht, um Dornauers Politikerkarriere (vorläufig) zu beenden? Bei Redaktionsschluss war noch keine Entscheidung gefallen, doch der Druck stieg. Nach den Sondierungsgesprächen über die künftige Bundesre-
„Rotem Jäger fehlt die Schützenhilfe“‘, Seite 2
Gerald John
gierung gab erstmals Andreas Babler ein
Statement zur Causa ab. Die geballte Kritik sei
„mehr als nachvollziehbar“, sagte der sozialdemokratische Bundesparteichef: „Georg
Dornauer wird wissen, was er zu tun hat.“
Wenn dieser die Vertrauensfrage stelle, werde sich zeigen, ob er in Tirol noch Rückhalt
habe. Im Falle strafrechtlicher Verfehlungen,
wäre die Sache ohnehin klar. Babler erwartet
sich „zeitnah“ eine „sehr klare Entscheidung“.
Diese sollte - so der Stand von Dienstagabend - spätestens Anfang kommender Woche fallen. Dem Vernehmen nach könnte Dornauer bei der für Montag planmäßig angesetz-
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Rotem Jäger
fehlt die
Schützenhilfe
Nach dem Jagdausflug mit Rene Benko kämpft der
Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer um seine politische
Zukunft, doch der Unmut ist groß. Bundesobmann
Babler forderte ihn auf, die Vertrauensfrage zu stellen.
ten Sitzung des Landesparteirats die Vertrauensfrage stellen. Offensichtlich ist der Widerstand gegen ihn sehr groß.
Bei alldem stellt sich auch die Frage, ob ein
Abschied des Vize-Landeshauptmanns die Regierungskoalition mit der ÖVP gefährden
könnte, was niemand will, Aus den kritischen
Worten von Landeshauptmann Anton Mattle
vom Montag lässt sich nicht unbedingt schließen, dass es diesem persönlich um Dornauer
als Partner geht. Eingefordert hat der ÖVP-
Chef allerdings eine klare Position. Diese hat
der Koalitionspartner bis dato nicht geliefert,
Kein Diktat von oben möglich
Grundsätzlich ist die Tiroler SPÖ nicht weniger gespalten als die Bundespartei insgesamt. Im urbanen Zentrum Innsbruck dominieren tendenziell die Anhänger des amtierten Bundeschefs Andreas Babler. Die Vertreter der Stadtpartei waren es auch, die Dornauer bereits am Montag frontal angriffen. „Für
mich ist das Maß voll“, sagte Vizebürgermeisterin Elisabeth Mayr.
In den ländlichen Gebieten sind jene Vertreter stärker, die sich für die SPÖ-Spitze lieber den Burgenländer Hans Peter Doskozil gewünscht hätten. Es ist kein Wunder, dass dort
auch Dornauer mehr Rückhalt genießt.
Schließlich identifiziert sich der „Schorsch“
mehr oder minder mit der - wie er meint -
„pragmatischen“ Linie Doskozils — und lässt
das Babler mitunter öffentlich spüren.
Dornauers Abgang diktieren kann Babler
allerdings nicht: Das Parteistatut gesteht ihm
kein Machtwort zu. Kommentar Seite 20