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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_11_18_Presse_OCR
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Tiroler Tageszeitung
„Vorrang für Hauptwohnsitz-Kinder“, Seite 4
Vorrang für Hauptwohnsitz-Kinder
Innsbrucks Vizebürgermeisterin Elisabeth Mayr (SP) über Georg Dornauers Teil-Rückzug, die Qualitäten
seines Nachfolgers Wohlgemuth und die Tücken, die der Kinder-Rechtsanspruch des Landes noch birgt.
Sie haben nach der Jagd-
Affäre von LHStv. und
SP-Chef Georg Dornauer
als Erste Konsequenzen
gefordert, die Innsbrucker
SP _ hat sich einstimmig
angeschlossen. Dornauer
wird zurücktreten, aber
im Landtag bleiben. Ein
Pyrrhussieg?
Elisabeth Mayr: Wir haben
den Rückzug aus allen Ämtern gefordert. Es geht hier
aber nicht um Sieg oder Niederlage. Manchmal muss
man klar Position beziehen.
Das war für mich mit der
Benko-Aktion der Fall.
ÖGB-Tirol-Chef Philip
Wohlgemuth soll Dornauer in der Regierung und als
Parteichef nachfolgen.
Mayr: Mit der einstimmigen Designierung von Philip
Wohlgemuth als neuem Vorsitzenden sind die Weichen
für einen Neustart der SPÖ
Tirol bereits gestellt. Er steht
für die Verbindlichkeit und
Sicherheit, wie es bei einem
ersten Landeshauptmannstellvertreter der Fall sein
sollte — das inkludiert auch
die soziale Sicherheit. Er ist
k 1r Dl bwi .-D und
für die SPÖ ein Glücksfall.
Abseits dieses aktuellen SP-
internen Streits erleben Sie
als Vizebürgermeisterin der
Stadt Innsbruck gerade eine recht friedliche Phase.
Nach außen hin gibt sich
die Innsbrucker Stadtko-
STRICKE-REISSEN: D
EIN HUNGER BRINGT
DICH .
alition JA, SP und Grüne
betont harmonisch. Man
hört aber, dass Bürgermeister Anzengruber ein hartes
Regime führen und auch
lein toppt die rund neun Millionen für den Bozner Platz.
Die Leute sehen einfach zu
wenig, was Bildung kostet.
Das Investitionsprogramm
die Regierung g
scharf kontrollieren soll.
Teilen Sie diesen Eindruck?
Mayr: Wir haben uns im Koalitionsprogramm auf eine
interne Arbeitsweise verständigt. Unsere Mehrheit im Gemeinderat ist eine knappe.
Vorlagen für den Gemeinderat müssen deshalb zuerst
intern in einem Ressortkollegium vorbesprochen werden.
In der Vorgängerregierung
wurde viel verhindert und
blockiert. Jetzt wollen wir etwas weiterbringen. Natürlich
gibt es auch inhaltliche Reibepunkte - diese richten wir
uns aber nicht medial aus.
Das wirkt manchmal sehr
kontrolliert, schafft und erhält aber das Vertrauen.
Die Innsbrucker Budgetlage ist angespannt. Investitionen können 2025 nur auf
Pump erfolgen, von den 57
ist ausgewogen.
Mit dem vom Land forcierten Rechtsanspruch auf
Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes stehen
aber gravierende Änderungen an. Kann und wird
Innsbruck im Herbst 2026
da mit an Bord sein?
‚’ Ein Hauptwohnsitz
muss ein Kriterium
sein, um vorgereiht zu
werden.“
Elisabeth Mayr
Mayr: Die reine Vermittlung
eines Kindergartenplatzes
praktizieren wir seit Jahren.
Der Punkt ist ein anderer:
Sobald Personal- oder Platzmangel vor Ort ein Thema
wird, muss geklärt sein, wer
wann prioritär einen Platz
bek Und wer warten
Millionen entfallen nur 20
Prozent auf die Kinderbetreuung, jedoch ein Drittel
auf den Tiefbau. Der Bozner Platz ist also mehr wert
als Kindergartenplätze?
Mayr: Nein, gegen überspitzte Formulierungen helfen
Fakten. Allein für die Schulassistenz und Freizeitpädagogik
geben wir einen zweistelligen
Millionenbetrag aus. Das al-
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Herbst 2023 präzisierte die
Regierung ihr Projekt per
Grundsatzbeschluss auf einen
„Rechtsanspruch auf Vermittlung
eines 3
Dieser soll bis Herbst 2026
flächendeckend in ganz Tirol umgesetzt sein.
muss. Wenn eine Gemeinde die Betreuungsplätze
ausbaut, muss ihre Hauptwohnsitz-Bevölkerung einen
Vorrang erhalten. Ein Hauptwohnsitz muss ein Kriterium
sein, um vorgereiht zu werden. Natürlich müssen wir
alle Ressourcen bestmöglich
gemeindeübergreifend nutzen. Im Gegenzug braucht
es Ausgleichszahlungen. So
wie beim gemeindeübergreifenden Schulsprengelsystem.
Innsbruck würde schon jetzt
prinzipiell alle unter Dreijährigen aus Innsbruck unterbringen - aber es pendeln
sehr viele Nicht-Hauptwohnsitz-Kinder ein. In Innsbruck
brauchen wir einen guten
Zur Person
Elisabeth Mayr: Die gebürtige
Innsbruckerin (41) war von 2016
bis 2018 Geschäftsführerin des
SPÖ-Gemeinderatsklubs, bevor sie
nach der Innsbruck-Wahl 2018 zur
amtsführenden Bildungsstadträtin
aufstieg. Die Stadt-SP führte sie
2024 als Spitzenkandidatin in
die Wahl und die Roten zu einem
Mandats-Plus. Sie selbst ist seither
zweite Vizebürgermeisterin der Landeshauptstadt. Mayr ist dem linken
SP-Flügel zuzurechnen.
sowie der PV Tannheimer Tal, Reuttener Talkessel und Zwischentoren.
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Ausgleich zwischen betrieblichen Einrichtungen und eben
einem Vorrang für Hauptwohnsitzgemeinden. Das ist
der Schlüssel.
Von einer Reihung der Kin-
der war nie die Rede.
Mayr: Der Grundgedanke,
dass alle Kinder einen Platz
finden sollen, ist ja auch richtig. Knappe Ressourcen gehören aber auch gerecht verteilt.
Während des Ausbauprozesses muss es eine Reihung
geben. Aber es braucht den
Rechtsanspruch, er definiert
das Ziel. Der bisherige gesetzliche Versorgungsauftrag
in den Tiroler Gemeinden hat
nicht überall funktioniert.
Dieser Auftrag kann bis dato
auch ignoriert werden.
Wie hoch schätzen Sie die
Zusatzkosten, die mit dem
Rechtsanspruch auf Inns-
bruck zukommen?
vermittelt - dieser kann in der
Hauptwohnsitzgemeinde, einer
Nachbargemeinde oder auch im
Umfeld des Arbeitsplatzes sein.
von 10
Mayr: Das Land rechnet noch
an unterschiedlichen Modellen. Wir sollten uns dabei an
Kosten für VIF-Konformität
orientieren, also an jahresdurchgängigen Öffnungszeiten, 47 Wochen im Jahr, 45
Stunden pro Woche. Die Frage ist: Will das Land die tatsächlichen Kosten dafür berücksichtigen oder nur einen
aktuellen Durchschnittswert?
Wer in den Ferien geschlossen hält, hat natürlich auch
weniger Kosten. Was indes
die Tarif-Harmonisierung
betrifft, sehe ich Vor- und
Nachteile. Städte mit einheitlichem Tarif in öffentlichen
und privaten Kindergärten
haben eine bessere Durchmischung. Ich will keine
Zweikl gesellschaft in
der Bildung. Und mein Ziel
ist weiterhin, dass Bildung
gratis sein soll - von Anfang
an, also auch in der Elementarpädagogik. Das gehört zur
Bildungsgerechtigkeit.
Also ein Rechtsanspruch
ohne Elternbeiträge?
Mayr: Das ist mein Ziel. Ich
weiß aber, welchen Koalitionspartner wir im Land
haben. Und finanzierbar ist
es nur mit dem Bund. Wir
können die frühkindliche
Bildung nicht mehr dem
Zufall und damit wechselnden politischen Mehrheiten
überlassen. Es braucht eine
bundesweit einheitliche Rahmengesetzgebung. Auch in
der Frage des Personals.
Die Stadt plant hier die
Bildungsagenden in eine
GmbH auszulagern. Würde das den Rechtsanspruch
konterkarieren?
Mayr: Wo ist da ein Hindernis? Starten wollen wir mit
dem Bereich Schulassistenz
und Freizeitpädagogik. Momentan ist dieses Personal
bei der KIB, einer Landestochter. Schwierig wird der
Rechtsanspruch beim Thema
Ferienbetreuung, wo fast alle
Gemeinden zu wenig Angebot haben. Eine eigene Gesellschaft macht hier mehr
möglich.
Das Interview führte
Manfred Mitterwachauer