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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_11_25_Presse_OCR
- S.7
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Tiroler Tageszeitung
„Ein Leben mit dem Lärm“, Seite 17
Ein Leben mit dem Lärm
Sie wohnen in den Innsbrucker Stadtteilen Mentlberg, Sieglanger und Höttinger Au. Und sie wünschen sich nichts
mehr als einen guten Schutz vor dem Verkehrsrauschen der Inntalautobahn. Zu Besuch bei den Lärmgeplagten.
Von Monika Schramm
Innsbruck - Es brummt, ab
und zu scheppert, rumpelt
oder kracht es kurz. Konstant ist das Rauschen, das
der stetige Strom von Autos,
Lkw und Transportern Tag
und Nacht erzeugt. „Ruhig ist
es hier nie“, sagt Ingrid Bair.
Sie wohnt mit ihrer Familie
am Sieglangerufer im Westen
Innsbrucks. Direkt neben der
Inntalautobahn (A12).
Rund 30.000 Menschen leben in den Stadtteilen Höttinger Au, Sieglanger und
Mentlberg. 2023 hat die Asfinag dort entlang der A12 mit
Lärmmessungen begonnen.
Eines der Ergebnisse: 6228
BewohnerInnen befinden
sich über dem relevanten
Lärm-Grenzwert. Der liegt
bei 50 Dezibel in der Nacht —
also zwischen 6 und 22 Uhr —-
und 60 Dezibel am Tag.
Vor mehr als 20 Jahren ist
Ingrid Bair aus der Innenstadt zu ihrem Mann nach
Sieglanger gezogen. „Die
erste Zeit konnte ich überhaupt nicht einschlafen, weil
es so laut war.“ Natürlich sei
es in der Stadt auch nicht leise: „Aber die Geräuschkulisse
ist einfach eine andere.“
Ihre Tochter Marie kennt
nur ein Leben mit dem Autobahnlärm. „Beim Lernen ist
es brutal anstrengend. Und
beim Schlafen stört das ständige Rauschen auch“, sagt
die 15-Jährige. Den Unterschied bemerkt sie - genauso
wie ihre Eltern - besonders,
wenn die Familie im Urlaub
ist. „Wenn wir zum Beispiel
in der Steiermark sind, schlafe ich viel besser und bin in
Die erste Zeit
konnte ich
überhaupt nicht
einschlafen, weil es
so laut war.“
Ingrid Bair
(Anwohnerin Sieglanger)
Ingrid und Marie Bair wohnen am Sieglanger. Den Verkehr hören sie trotz Lärmschutzmauer Tag und Nacht.
der Früh fitter. Es ist einfach
so viel ruhiger dort.“ Oft zieht
sich Marie mit ihren Freunden in die Berge zurück, um
Ruhe zu finden. „Ich kann
mir durchaus vorstellen, dass
ich einmal aufs Land ziehe.“
An viel ruhigere Zeiten kann
sich auch Gerhard Tollinger erinnern: „Die Autobahn
wurde gebaut, als ich ein
Kind war“, sagt er. Er ist in der
Höttinger Au aufgewachsen
und wohnt dort heute noch.
„Wenn ich manchmal am Inn
entlanggehe, fällt mir auf, wie
schön die Bergkulisse eigentlich ist. Aber der Lärm von
der Autobahn stört.“ Meistens nehme er die Geräusche
Lärmschutzwände und Einhausung im Vergleich
Drei von sechs Varianten sind
nach der Machbarkeitsstudie als
sinnvoll erachtet worden: eine
Lärmschutzwand-Lösung und
zwei Varianten einer Einhausung.
Neue Lärmschutzwände wären
höher, länger und würden somit
über eine deutlich größere Lärmschutzfläche verfügen. Dabei
würden sie laut Asfinag zum Teil
als „geknickte Variante“ umgesetzt werden, was den Schutzfaktor noch weiter erhöhe.
Die Asfinag arbeite an innovativen Möglichkeiten zur Nutzung
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der Lärmschutzwandflächen -
wie etwa Photovoltaik-Anlagen.
„Derartige Möglichkeiten können
natürlich aber auch bei Einhausungen berücksichtigt werden“,
sagt der Regionalleiter für Projektentwicklung, Günter Fritz.
Der Zeitrahmen. Lärmschutzwände könnten bei sofortigem
Start in bis zu fünf Jahren umgesetzt werden, so Günter Fritz.
„Bei einer Einhausung sprechen
Wir von etwa zehn Jahren.“
Die Finanzierung ist noch völlig
offen, müsse aber vor Beginn
verbindlich geklärt werden. „Eine
genaue Bezifferung ist zum
aktuellen Zeitpunkt unseriös, wir
sprechen von mehreren hundert
Millionen Euro. Investitionen, die
über einen reinen Lärmschutz
hinausgehen, müssen von allen
Beteiligten getragen werden.“
Beide Lösungen garantieren laut
Asfinag einen umfassenden Lärmschutz. „Eine Einhausung stellt
zusätzlich in dieser Form eine
Investition in die Schaffung neuer
Potenziale zur städtebaulichen
Entwicklung dar, die von allen
Beteiligten zu tragen sind.“
gar nicht mehr bewusst wahr.
„Wenn wir Besuch haben und
auf der Terrasse sitzen, sagen
die Gäste oft: ‚Bei euch ist es
aber schon sehr laut.‘ Dann
fällt es mir auch wieder auf.“
Ein Paradies sei es für sie als
Kinder am Mentlberg gewesen, wenn sie die Großeltern
besuchten, erzählt Angelika
‚ Beim Lernen ist
es brutal anstrengend. Und beim Schlafen stört das ständige
Rauschen auch.“
Marie Bair
(Anwohnerin Sieglander)
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4 M
Foto: Thomas Böhm
Kriwanek. Vor vielen Jahren
haben sie und ihr Mann dort
ihr Zuhause gebaut. Beide
engagieren sich bei der Interessengemeinschaft Einhausung-West. „Wenn man einen
Lebensraum hat, dann soll
der auch lebenswert sein“,
sagt sie. Aber den Garten genießen oder dort einen Mit-
Foto: Böhm
‚ ‚ Ich hoffe, dass ich
es noch erleben
werde, bei offenem
Fenster ruhig schlafen
zu können.“
Angelika Kriwanek
(Anwohnerin Mentliberg)
Foto: Böhm
Wenn wir Besucher
haben und auf der
Terrasse sitzen, sagen
sie oft: ‚Bei euch ist es
aber schon sehr laut.““
Gerhard Tollinger
(Anwohner Höttinger Au)
tagsschlaf halten, das sei wegen des Autobahnlärms nicht
möglich. „Ich hoffe, dass ich
es noch erleben werde, bei
offenem Fenster ruhig schlafen zu können“, sagt Angelika
Kriwanek. Alle drei Familien
sind sich einig: „Eine Einhausung wäre die beste Lösung
Amras als Vorbild? - „Völlig
andere Ausgangslage“
Innsbruck — Ein Spielplatz,
eine Kletterwand, viel Grün
und einige Sitzbänke: Was auf
der Einhausung Amras schon
Realität ist, das wünschen sich
auch die AnwohnerInnen im
Innsbrucker Stadtwesten. Und
auch die Ruhe vor dem Autolärm, die die Lebensqualität im
südöstlichen Stadtteil der Landeshauptstadt spürbar erhöht
hat. Damit enden die Gemeinsamkeiten des Bauwerks mit
einer möglichen Einhausung
im Westen.
„Amras war in erster Linie
ein notwendiger Sicherheitsumbau mit einer Spurzulegung auf der A12, dieser wurde
dann mit dem Lärmschutz
zu einer Einhausung kombiniert“, sagt Günter Fritz, Asfinag-Regionalleiter für Projektentwicklung. „Die Varianten
der Einhausungen Innsbruck-
West wären unter vollkommen anderen Bedingungen
und Regelungen umzusetzen.“
Vier Varianten einer Einhausung waren in Zusammenarbeit mit der Stadt Innsbruck
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und der IG Einhausung-West
bei der Machbarkeitsstudie
untersucht worden, zwei blieben. „Diese würden im Bereich
Sieglanger eine Tieferlegung
vorsehen. Sprich die Einhausung würde überschüttet.“
Sechs bis sieben Meter in die
Tiefe würde die Straße verlegt.
Die Ein- und Ausfahrtsportale
in Mentlberg und auf Höhe
der Feuerwehr Sieglanger würden auf dem aktuellen Niveau
der Inntalautoahn liegen. Es
würde „keine einfache Baustelle“ werden, sagt Günter
Fritz. Während der Bauzeit
würde der Verkehr vierspurig
— zwei je Richtung —- auf einer
Richtungsfahrbahn geführt,
während auf der anderen Seite
gebaut werde. „Die Inntalautobahn ist ja bereits Teil des
Hochwasserschutzes. Dieser
bleibt natürlich bestehen.“ Asfinag, Stadt und Land sind sich
einig, dass der Lärmschutz
verbessert werden muss. Wie
dieser aussehen wird? „Der
Prozess ist noch nicht beendet,
wir stehen am Beginn intensiver Gespräche.“ (smo)
®
Auf der Einhausung Amras ist ein kleiner Park mit Spielplatz entstanden,
die Fläche könnte noch mehr genutzt werden.
Foto: Rita Falk