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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_05_18_Presse_OCR
- S.11
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Gesamter Text dieser Seite:
Kurier
„Ein Wasserschloss im Klimawandel“, Seite 18
Ein Wasserschloss im Klimawandel
Aus dem Berg. Innsbruck sitzt auf einem flüssigen Schatz. Mit einem neuen Trinkwasserstollen im Hausgebirge wird
nun mehr davon gehoben. Das ist in Zeiten des Klimawandels auch nötig. Der wirkt sich bereits auf die Schüttungen aus.
Von Christian Willim
Die Gipfelregion der auf über
2
Meter aufragenden
IfinsbmckerNordkettepräsen- z
tiert sich am Samstag nach |
einem markanten Schlechtwettereinbruch frisch angezuckert. Zuletzt waren die letzten Überbleibsel eines schneearmen Winters schon beinahe
verschwunden. Das Schmelzwasser, das hier in den Berg
einsickert, geht auf eine lange
Reise. Ein gutes Jahrzehnt
wird es dauern, bis es auf rund
1.000 Metern Höhe in der
Mühlauer Quelle anlangt.
Stollensystem erweitert
Sie liegt an einem der vielen
Wanderwege in den Wäldern
der Nordkette und versorgt etwa 90 Prozent der Bevölkerung der Tiroler Landeshauptstadt mit Trinkwasser. Ein neues Portal, das in den Fels führt,
zeugt von einem Erweiteaus drei Stollen bestehenden
Anlage. Sie wurde in den
„Man hat gesehen, dass
es in trockenen
Frühjahren wie heuer
knapp werden kann.“
Markus Wippersberger
IKB-Projektleiter
1940er- und 1950er-Jahren errichtet - ein vermeintlich ewig
sprudelnder Quell der Freude.
Doch der Klimawandel
macht sich nicht nur in den
von Grundwasser abhängigen
Regionen Österreichs im
Flachland bemerkbar, in
denen sich lange Trockenphasen relativ unmittelbar auswirken. „Wir haben über die letzten Jahre beobachtet, dass die
Schü z
sind“, sagt Robert Gschleiner,
der bei den Innsbrucker Kommunalbetrieben (IKB) für den
Bereich verantwortlich ist.
Trockenere Frühjahre
Dabei geht es weniger um die
über ein gesamtes Jahr gefassten Wassermengen. „Man hat
gesehen, dass es in einem trockenen Frühjahr wie heuer bei
Fakten
Mühlauer Quelle
Sie versorgt 90
Prozent der Innsbrucker mit Trinkwasser.
Rund 70 Jahre nach
Errichtung wurde im
Zuge einer Sanierung
ein vierter Stollen
errichtet, um mehr
Wasser aus der Nordkette zu zapfen.
Wassermengen
den g" F
knapp werden könnte. In dieser Zeit werden etwa auch die
Schwimmbäder befüllt“, sagt
IKB-Projektleiter Markus Wippersberger. Nicht, dass nicht
genug Wasser im Berg wäre.
Die Physik will es, dass die herausfließenden Mengen davon
abhängig sind, dass an der
Oberfläche Schmelz- oder Regenwasser nachdrückt.
Durch eine große Tür geht
es gemeinsam mit den Männern hinein in den Berg in
einen über vier Meter hohen
und in den vergangenen drei
Jahren ausgebrochenen Tunnel. Der Weg führt entl
eines großen blauen Rohrs, bis
sich dieses in zwei Leitungen
aufsplittet. In der einen fließt
seit vergangenem Dezember
das Wasser aus einer neuen
Fassung, in der anderen jenes
aus einem alten Stollen.
„Über dem hat 2012 eine
Mure den Boden aufgerissen
und wir hatten massive Eintrübungen im Wasser“, Ssagt
Gschleiner. In der Folge reifte
Die i g sorgt
dafür, dass seit Ende
2024 - vorerst noch
bei den IKB der Plan, die Problemzone mit einem neuen Stollen zu umgehen. „Das war das
erste Ziel. Das zweite war mehr
Wasser“, so Wippersberger.
Eine Langfristprognose der IKB
geht davon aus, dass der Wasserbedarf von Innsbruck in den
kommenden 50 Jahren — vor allem durch den Klimawandel bedingt —- um 350 Liter auf 1.500
Liter pro Sekunde steigen wird.
Genau diese benötigten Zusatzmengen werden nun einem
„Es wird heißer.
Deshalb wird es mehr
Wasser brauchen - zum
Kühlen und Bewässern“
7 Pührii
IKB-Vorstand
gänzlich neuen Stollen gefasst.
An dessen Ende ist man über
600 Meter tief im Berg und 400
Meter unter der Oberfläche.
Aus einem Betontunnel schießt
Mit IKB-
5
2
In einem großen Rohr fließt nach drei Jahren Arbeit
nun Wasser aus einem alten und einem neuen Stollen.
LL IM CHRISTIAN
Markus Wi und
das Wasser nur so aus dem
Berg. Es kommt aus den Felsen
darüber und aus sechs Bohrleitungen weiter hinten.
Überraschung im Berg
Um diese Kaverne zu errichten, mussten die IKB improvisieren. Im Tunnelvortrieb war
man nicht nur viel früher als
erwartet auf Wasser gestoßen,
sondern auch auf ein bisher
unbekanntes Gestein: den lehmigen und instabilen Mühlau-
Zwischen Trockenheit und Starkregen:
Wo das Wasser in Österreich knapp wird
im Probebetrieb -
zusätzlich 350 Liter
Wasser/Sekunde
gefasst werden.
Macht in Summer
1.500 Liter/Sekunde. Veränderung. Schneearme
Pro Jahr fließen 47 Winter hat es in der jüngeren
Millionen Kubi" Vi heit gehäuft gege-
aus der Quelle. ben. Das in der Folge fehlende Schmelzwasser verschärft
Langzeitprognose
Die Innsbrucker
auch immer wieder die Lage
in zunehmend trockeneren
Prühiah
(IKB) gehen davon
aus, dass in den
kommenden 50
Jahren der Wasserverbrauch der Stadt um
350 Liter/Sekunde
steigen werden - also
um jene Menge, die
nun zusätzlich
gewonnen wird. Die
Versorgungssicherheit von Innsbruck ist
somit für Jahrzehnte
gesichert.
Frühj . Mit freiem Auge
ist das besonders gut an
Seen zu sehen.
Heuer war etwa der Wasserstand am _Salzburger
Wolfgangsee Anfang März
so niedrig, dass in Strobl keine Schiffe anlegen konnten.
Der Nussensee in Oberösterreich, der zu den Trinkwas-
aus zu wenig Regen und
einem Manko an Schmelzwasser nach trockenen Wintern immer wieder für Probleme. Im April 2023 hatte etwa der Pegel im Wiener
Becken einen historischen
Tiefstand erreicht.
Tief im Wiener Becken
Eines der größten Grundwasserreservoirs Europas, die
Mitterndorfer Senke, war damals südlich von Baden auf
ein Rekordtief gesunken. Die
Folge waren ausgetrocknete
Seen und Flüsse. Inzwischen
serreserven von Bad Ischl istdas Wasser zurück.
zählt, war zur selben Zeit Dass im Zuge des Klima-
praktisch ausgetrocknet. wandels auch in Österreich
Und auch im G: Stark ignisse hät
ser sorgt die Kombination
ger werden und dann inner-
Seite 11 von 17
halb kürzester Zeit große Regenmengen fallen können,
ist kein echter Ausgleich für
tagelangen Landregen. Bei
zu großen Regenmengen auf
einen Schlag können die Böden das Wasser irgendwann
nicht mehr aufnehmen. Fällt
der Niederschlag auf ausgetrocknete Böden, fließt das
Wasser oberflächlich ab.
Eine Analyse von Greenpeace hat 2024 ergeben,
dass es 471 Gemeinden in
ganz Österreich gibt, die aufgrund des Klimawandels „im
Jahr 2050 ein hohes Risiko
IKB-Bereichsleiter Robert Gschleiner tief im Berg.
er Mergel. Das Loch im Berg
konnte nicht einfach mit Beton
ausgespritzt werden, es mussten eigens konstruierte Schalelemente eingesetzt werden.
Am Ende standen auch wegen dieser Probleme Kosten
von 43 statt der ursprünglich
geplanten 26 Millionen Euro
zu Buche. „Für die Natur kann
keiner was. Und es geht hier
um die Versorgungssicherheit
der Stadt“, sagt der inzwischen
dazu gestoßene IKB-Vorstand
Thomas Pühringer. Auch für
ihn ist klar: „Es wird heißer.
Deshalb wird es mehr Wasser
brauchen - zum Kühlen und
zum Bewässern“, sagt er.
Hitzehauptstadt
Schon jetzt ist Innsbruck die
Landeshauptstadt mit den
meisten Hitzetagen pro Jahr.
2024 lagen die Temperaturen
an 35 Tagen bei 30 Grad und
mehr. Noch in den Jahren
1961 bis 1990 wurden im
Schnitt nur 9 solcher extrem
heißen Tage gezählt. Es ist
einer von vielen Belegen dafür,
dass die Auswirkungen des Klimawandels für besonders markante Veränderungen sorgen.
Nicht nur die Temperaturen sind in den Alpen wesentlich stärker gestiegen als im
globalen Schnitt, auch Starkniederschläge nehmen zu. Wer
meint, dass sich höhere Regenmengen positiv auf die Wasser-
akute PF
haben“. Mehr als die Hälfte
dieser Gemeinden befinden
sich in Niederösterreich, 82
in der Steiermark.
gung der
irrt. „Starkregen trägt nichts
zum Bergwasserspiegel bei.
Denn das Wasser rinnt vor allem oberflächlich ab“, erklärt
Wippersberger.