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Tiroler Tageszeitung

„Immer mehr Schüler erhalten die ‚Rote Karte‘“, Seite 4

Immer mehr
Schüler erhalten
die „Rote Karte“

Von der Volksschule bis zur Maturaklasse: Tirol zählt rund 97.000 SchülerInnen, ein kleiner, aber steigender Anteil macht Probleme. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Allein in diesem Schuljahr gab es 141 Suspendierungen an Tirols Schulen - davon 75 wegen körperlicher Gewalt.
Im Vergleich zum Vorjahr ein massiver Anstieg. Die Bildungsdirektion steuert dagegen, ein Mittelschul-Direktor übt Kriti

Von Liane Pircher

Innsbruck - Es sind Attacken gegen Lehrpersonen,
aber auch Schulkollegen.
Manche setzen Fäuste und
Beine für die Attacken ein,
andere verwenden Gegenstände. In manchen Fällen
ist das Verhalten dermaßen
untragbar, dass kein Unterrichten möglich ist. Immer
aber ist Aggression im Spiel.
141 SchülerInnen wurden in
diesem Schuljahr von Tiroler
Schulen suspendiert, davon
75 wegen körperlicher Gewalt. Es gab Wochen mit vier
Schulverweisen. Die allermeisten Fälle betreffen städtische Mittelschulen, gefolgt
von Volksschulen.

Brennpunktschulen Stadt

Zum Vergleich: Im Vorjahr
waren es 105 Suspendierungen, davor 95. Der rasante
Anstieg beschäftigt auch die
Bildungsdirektion: „Auf rund
97.000 Schüler umgerechnet ist es zwar ein Minderheitenphänomen, aber jeder
Fall ist einer zu viel. Die Zunahme an Suspendierungen

Foto: Bölhm

‚ Die Zunahme an
Suspendierungen
wegen Gewalt bereitet
mir natürlich Sorgen.
Die Gründe dafür sind
vielfältig. Nicht alles
kann die Schule lösen.“

Paul Gappmaier
(Bildungsdirektor)

wegen Gewalt bereitet mir
natürlich Sorgen“, sagt Bildungsdirektor Paul Gappmaier. Gibt es eine Meldung
seitens einer Schulleitung,
entscheidet die Rechtsabteilung der Bildungsdirektion,
ob der Vorfall für eine Suspendierung ausreicht oder
nicht. Dass die Zunahme darauf zurückzuführen ist, dass

Schulen härter durchgreifen,
sieht Gappmaier nicht. Vielmehr sei es österreichweit ein
Trend, dass es mehr Vorfälle
wegen Gewalt an Schulen gebe. Denn Ähnliches sei auch
in anderen Bundesländern zu
beobachten. Die Gründe dafür seien vielfältig, manches
könne man mit schwierigen
Lebensumständen im Elternhaus, anderes mit dem Einfluss von Krisen dieser Welt,
dem Handy und einem Dauerkonsum von sozialen Medien erklären.

Klassenverbot auf Zeit

Faktum sei, dass eine zeitlich befristete Suspendierung
von der Schule „eine Sofortund Sicherheitsmaßnahme
ist, um nach Eskalationen
zu beruhigen“, so Gappmaier. Es gibt auch wiederholte
Suspendierungen. Als „Strafe“ würde er das Instrument
nicht bezeichnen, weil man
die betroffenen SchülerInnen
zwar aus dem Klassenzimmer, aber nicht komplett von
der Schule verbannt. Man
wolle keinen „Bruch“ riskieren, deshalb würde sich ein

multiprofessionelles Team
um die Betroffenen kümmern. Als hilfreiches Plus
bezeichnet Gappmaier, dass
von Bildungslandesrätin Cornelia Hagele vor rund einem
Jahr vier neue Planstellen
vom Land für Beratungslehrer geschaffen wurden. Diese würde man auch bei Suspendierungen einsetzen. Auf
die so genannten „Time-out-

, , In der Bildungsdi-

rektion bekommt
man zu wenig mit, was
in den Klassen tatsächlich los ist.“

Schuldirektor, anonym
(Mittelschule)

Klassen“, davon gibt es drei
in Tirol, würde man hingegen nur in Notfällen zurückgreifen. Hier ist das Konzept
ein anderes, die Aufenthaltsdauer mitunter länger. Es
sind eher Förderklassen für
verhaltensauffällige Schüler.
Eine bessere Unterstützung
für SchülerInnen und LehrerInnen wünscht sich hingegen ein Tiroler Mittelschul-

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Direktor, der anonym bleiben
will. Er fühlt sich oft alleine
gelassen und sagt: „In der
Bildungsdirektion bekommt
man zu wenig mit, was in den
Klassen tatsächlich los ist. Direktorinnen und Direktoren
sind Mediatoren, Vermittler,
Psychologen, Familienhelfer,
Schulentwickler, Konfliktmanager. Und das gleichzeitig.“
Ihn würde es nicht wundern,
dass sich immer weniger finden, die diese Funktion wahrnehmen wollen.

Vieles dringe erst gar nicht
bis an die Schulbehörde, und
wenn - dann würde man dort
nur schwer jemanden erreichen: „Es bräuchte mehr
Interventionslehrer als zusätzliche Hilfestellung. Die
vorhandenen sind voll ausgelastet. Nicht immer bekommt
man die Unterstützung so
schnell, wie man sie benötigen würde“, so der Schulleiter. Dazu komme, dass „besonders Quereinsteigern oft
die didaktische Kompetenz
fehlt. Ein Blick in den Lehrkörper lohnt sich. Es braucht
für Kinder die besten Lehrer“,
so der leitende Pädagoge.

Zahlen & Fakten

Schulsuspendierung. Im
letzten Jahr verzeichnete die
Bildungsdirektion Tirol 141
Suspendierungen von Schülern - die kürzesten mit einer
Woche, die längsten mit vier
Wochen. Zum Vergleich: Im
ganzen Schuljahr 2023/24
gab es 105, im Jahr
2022/23 waren es 90.

Die meisten Suspendierungen gibt es in den Mittelschu:
len bei den 10- bis 14-Jährigen. 23 Fälle gab es heuer
aber auch in Volksschulen.
Die Bildungsregion Tirol Mitte
verzeichnet die meisten Vorfälle im städtischen Bereich.

Laut Schulunterrichtsgesetz 8 49 SchUG ist seitens
der Schule ein Antrag an die
zuständige Schulbehörde,
sprich Bildungsdirektion, zu
stellen, wenn ein Schüler
seine Pflicht in schwerwiegender Weise verletzt hat unc
Maßnahmen nicht greifen.