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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_06_11_Presse_OCR
- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„Wer profitiert von subventionierter Kultur?“, Seite 2
11.6.2025
Gastkommentar
Wer profitiert von
subventionierter Kultur?
Von Manfred Schild
je Antwort auf diese Frage ist
D einfach. In erster Linie profitie-
ren davon die ZuseherInnen. Die
Subvention befreit die Kulturschaffenden
nicht davon, mit ihren Arbeiten erfolgreich
zu sein. Schließlich muss zum Beispiel ein
Betrieb wie das Innsbrucker Kellertheater
mehr als 50 Prozent seines Budgets selbst
einspielen. Den Rest der Kosten fängt die
so genannte öffentliche Hand auf. Die Kultursubvention ist also ein Geschenk an das
Publikum, denn sonst würde eine Theaterkarte mehr als das Doppelte kosten.
Kulturförderung gab es schon immer.
Warum? Weil es in Burgen, Schlössern
und Palästen furchtbar kalt, spaßbefreit
und grottenlangweilig war. Adelige bezahlten Gaukler, Barden und Hofnarren,
damit ein bisschen Freude in die Tristesse
des Alltags einkehrte. Das Volk durfte die
Aufführungen ansehen. Dieses Mäzena-
tentum war die Vorform der subventionierten Kultur für alle.
Manfred Schild ist künstlerischer Leiter des
Kellertheaters in Innsbruck und seit
Kurzem Gewinner des ersten Österreichischen Komödienpreises.
Machen wir einen Zeitsprung in das Jahr
1945. Was haben die Lenker des Staates
gemacht, um die kranken Gedanken des
Naziregimes aus den Köpfen zu vertreiben?
Sie haben zum Beispiel in ganz Österreich
intensiv damit begonnen, den Theaterbetrieb zu fördern. Damit sich alle die Freude
an Kultur leisten konnten. Warum war das
den damaligen Politikern so wichtig? Weil
sie wussten, dass der Mensch neben Brot
auch geistige Nahrung braucht, um glücklich zu sein. Kunst kann dabei helfen, die
Dunkelheit des Lebens für ein paar Stunden
mit Licht zu fluten.
Seit 80 Jahren sorgen die unterschiedlichsten Institutionen dafür, dass wir alle
zu erschwinglichen Preisen in die Oper, ins
Theater, zu Konzerten, ins Kino, zu Ausstellungen und vielem mehr gehen können.
Dafür soll die öffentliche Hand einmal
dankend geschüttelt werden.
Mit diesem Dank ist der Hoffnungsschimmer verbunden, dass die Menschen
an den Schalthebeln der Macht auch in
Zeiten des Sparens mit klugen Entscheidungen dafür sorgen, dass Kultur ein Gut
für alle bleibt. Sonst fängt die Tristesse
wieder an. Und dann wird es in unseren
Seelen wie in einer mittelalterlichen Burg:
kalt, spaßbefreit und grottenlangweilig.
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