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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„Von alten Römern und Gestößen“ (Stadtspaziergang Pradl), Seite 3

Von alten Römern und Gestößen

Das Stadtteilwappen von Pradl erzählt interessante Geschichten zur ereignisreichen Vergangenheit dieses lange Zeit ländlich
geprägten Gebiets - und von historischen Eigenheiten dieses Stadtteils, die bis heute im Straßenbild sichtbar sind.

Pradl trägt eigentlich kein
eigenes Wappen. Erst 1904
wurde das Gebiet zu einem
eigenen Stadtteil von Innsbruck, davor war Pradl eine Fraktion der damaligen
Dorfgemeinde Amras. 1993
wurde allerdings vom angesehen Tiroler Historiker und
Heraldiker sowie langjährigen Leiter des Innsbrucker
Stadtarchivs Franz-Heinz Hye
(1937-2016) ein inoffizielles
Stadtteilwappen entworfen,
das den Pradler Vereinen vorgelegt und von diesen feierlich angenommen wurde. Es
stellt wichtige Elemente der
historischen Identität Pradls
in bildlicher Form dar.

Auf dem Wappen ist zunächst ein grauer Felsen
sichtbar. Dabei handelt es
sich um einen großen Stein
am Wegesrand in der Wiesen-

gasse, nahe dem Tivoli-Stadion. Der Sage nach wurde der
Stein vom Riesen Haymon
—- dem legendären Gründer
des Stiftes Wilten —- hierher
geworfen, um die Stiftsgrenze zu markieren. In Wirklichkeit hat es den Stein an
dieser Stelle schon lange vor
dem Stift Wilten gegeben. Es
handelt sich um einen römischen Meilenstein, der laut
Inschrift um 201 n. Chr. unter Kaiser Septimius Severus
errichtet wurde. Die Rede ist
dabei vom Original-Stein, der
im Zuge des Stadion-Neubaus
1999 durch die jetzige Kopie
ersetzt wurde. Der alte Stein
wurde dem Landesmuseum
Ferdinandeum als Leihgabe
übermittelt.

Der Pradler Meilenstein
markiert den Verlauf der alten Römerstraße von der

Siedlung Veldidena (Wilten)
ins Tiroler Unterland bzw.
in die Rosenheimer Gegend,
der im heutigen Straßenzug
Wiesengasse, Philippine-
Welser-Straße, Geyr- und
Luigenstraße weiter besteht.
In Nordtirol gibt es sonst nur
zwei Stellen, an denen römische Meilensteine am ursprünglichen Standort erhalten sind: in Reith bei Seefeld
sowie am Holzleitensattel
zwischen Nassereith und Obsteig. Die Stelle des heutigen
bedeutenden Erinnerungsdenkmals in Pradl ist auch
seit dem 13. Jahrhundert als
Grenze zwischen der Pfarre
Wilten und der Pfarre Ampass, zu der auch Pradl gehört, bezeugt.

Das zweite Element des
Pradler Stadtteilwappens ist
ein Feld mit sieben Balken.

Das Pradier Stadtteilwappen, das
vom Innsbrucker Historiker Franz-
Heinz Hye entworfen wurde.

Auch dieser Bereich deutet
weit in die Geschichte zu-
Prägende Vergangenheit
Der Name Pradl leitet sich
vom lateinischen Wort „pratalia“ her, was so viel wie
Wiesenfläche bedeutet. Das

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Gebiet des heutigen Stadtteils
war also eine große Wiesenund Ackerfläche. Die Pradler
Namensherkunft deutet dabei bereits auf die romanische Zeit hin. Die städtische
Besiedelung ist eine sehr junge Entwicklung. Lange Zeit
lag das Siedlungszentrum bei
der Sillbrücke, das restliche
Gebiet von Pradl diente der
Landwirtschaft. Die Flureinteilung der großen Ackerfläche ungefähr zwischen dem
jetzigen Pradler Platz und
dem Paschbergweg bestand
über viele Jahrhunderte aus
sieben parallel verlaufenden „Gestößen“. Diese uralte Feldstruktur ist auf vielen historischen Karten sehr
gut sichtbar, am schönsten
auf dem nach Kaiser Franz I.
benannten Franziszeischen
Kataster, der zwischen 1855

und 1857 angelegt wurde
(siehe Ausschnitt oben).
Diese sieben „Gestöße“
oder Ackerflächen waren
seit jeher durch lange, gerade Feld vonei er
abgegrenzt. Weil sich diese
Feldwege später zu Straßen
entwickelten, prägt die alte Einteilung der Felder bis
heute das Erscheinungsbild
des Stadtteils. Wie die Karte aus dem 19. Jahrhundert
zeigt, richtet sich das moderne Straßennetz exakt nach
dem parallelen Verlauf der
Feldwege. Diese entsprechen
dem Paschbergweg, der Wiesengasse, der Kaufmannstraße, der Burgenlandstraße
(Südring), der Pacherstraße,
der Anzengruber- bzw. Kranewitterstraße, der Hörmannund Gumppstraße sowie der
Gaswerk- und Amthorstraße.