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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_04_24_Presse_OCR
- S.6
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Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung
„Maria und das Jesuskind im Fundbüro“ (Magazin), Seite 16-19
Maria und das
Jesuskind im Fundbüro
Etwas zu verlieren, ist oft schmerzlich, es wiederzufinden dafür umso
schöner. Die Mitarbeiter im städtischen Fundservice und im Fundbüro der
ÖBB geben indes ihr Bestes, um die Besitzer ausfindig zu machen. Auch
wenn die Fundstücke oft mehr als kurios sind.
TEXT: ROSA KARBON - FOTOS: RUDY DE MOOR
eierabend! Raus aus dem
Büro und rein in den
Zug. Die letzten Meter
nach Hause überlegt man
schon, was es heute denn
Gutes zum Abendessen gibt - vielleicht sogar ein Glas Wein? Noch
in Gedanken erfolgt der Griff
in die rechte Jackentasche, um
den Schlüsselbund hervorzuholen. Aber: nichts. Nach und nach
werden die übrigen verdächtigen
Orte abgesucht: linke Jackentasche, Hosensäcke, verschiedenste Seitentaschen und Fächer im
Rucksack oder der Handtasche.
Erfolglos. Glücklicherweise ist
schon jemand zuhause, für heute
kann der Schmerz des verlorenen
Schlüssels also noch verkraftet
werden - das Glas Wein ist jetzt
beschlossene Sache.
Ob Rucksack, Schlüssel oder
Geldtasche: Etwas verloren oder
vergessen haben wohl schon die
meisten von uns. In der Hektik oder aus reiner Schlamperei
rutscht gut und gerne mal etwas
aus der Tasche oder der Rucksack bleibt liegen und geht im
Zug allein auf Reisen. Bei einem
Kirchenbild ist das schon etwas
anderes. Am 2. März wurde ein
solches als Fundgegenstand im
städtischen Fundamt in Innsbruck abgegeben. Entdeckt hat
dieses ein Finder vor der Herz-Jesu-Kirche in der Innsbrucker Maximilianstraße. Seither verwah-
ren es Herwig Kaltenhauser und
seine Mitarbeiterinnen im städtischen Fundservice.
Wer ein Kirchenbild schon als
kurios empfindet, wird bei den
folgenden Gegenständen wohl
nur noch den Kopf schütteln. Bis
zuletzt lagerte im Fundbüro eine
Urne, aber auch Gebisse, Rollstühle oder eben ein Kirchenbild
werden hier archiviert. „Alles, das
nicht angewachsen ist, kann man
„Alles, das nicht
angewachsen ist, kann
man auch verlieren.
Ich wundere mich oft
schon gar nicht mehr.“
Herwig Kaltenhauser,
Fundservice Innsbruck
verlieren“, sagt Herwig Kaltenhauser knapp, während er an seinem
Schreibtisch in der Innsbrucker
Fallmerayerstraße etwas notiert.
Er arbeitet bereits seit 2003 im
Fundservice in Innsbruck - hat
also schon einiges miterlebt. So
erinnert er sich an einen weiteren,
außergewöhnlichen Fall vor vielen Jahren: Damals wurden zwei
Rikschas, zweirädrige Gefährte
zur Personenbeförderung, die ursprünglich aus Japan stammen,
am Innrain entdeckt. Abgeholt
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hat diese allerdings nie jemand.
„Manchmalist es unverständlich,
wie man gewisse Dinge verlieren
kann. Aber ich habe mittlerweile
aufgehört, das zu hinterfragen“,
erklärt Kaltenhauser.
Neben besagtem Kirchenbild
haben Kaltenhauser und seine Mitarbeiterin Daniela Zonta
aber auch alltäglichere Dinge
auf Lager. Den ersten Platz belegen Schlüssel, es folgen Handys
und im Winter auch Mützen
oder Schals. „Ringe liegen ebenfalls auf den Top-Plätzen“, erklärt
Zonta, nachdem sie ein Telefonat
beendet hat. Pro Jahr werden im
Innsbrucker Fundamt durchschnittlich 6000 Gegenstände
abgegeben. „Bisher haben wir in
diesem Jahr 1723 Fundgegenstände entgegengenommen, 1047 sind
noch hier. Die übrigen wurden
bereits abgeholt oder zugeordnet“,
sagt Kaltenhauser.
Es gebe aber Wellen, in denen
mehr oder weniger Fundstücke
zum Fundservice gebracht werden, fügt Zonta hinzu. „Im Sommer wird meist weniger abgegeben. Im Herbst und Winter zieht
es dafür wieder etwas an. Finden
Events und Veranstaltungen, wie
beispielsweise Christkindlmärkte, statt, merken wir das ziemlich
stark.“ Gerade während der vielen
Einschränkungen im Frühjahr
2020 minimierten sich die Fundgegenstände aber enorm. —