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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„(K)eine Stadtwohnung für Mittelstand“, Seite 21

(KJeine Stadtwohnung für Mittelstand

Im Namen der Fairness und der sozialen Durchmischung fordert die SPÖ ein städtisches Wohnungsangebot für
die Innsbrucker Mittelschicht. Die FPÖ will indes die Wohnungsvergabe an Deutschkenntnisse knüpfen.

Von Denise Daum

Innsbruck — Die Preisentwicklung macht Wohnen in
Innsbruck zum Luxusgut.
Wer nicht erbt, im Lotto gewinnt oder zu den oberen
zwei Prozent der Gesellschaft
gehört, kann sich keine Eigentumswohnung in der Landeshauptstadt kaufen. Nicht
besser sieht es bei den Mietwohnungen aus. Zwischen

Foto. Bahm

‚ Wir erreichen

mit den Stadtwohnungen nur die
dringlichsten Fälle. Der
Mittelstand bleibt auf
der Strecke.“

Benjamin Plach
{(SPÖO-

(SP )

800 und 1200 Euro zahlt man
für 50 Quadratmeter am freien Markt, für Normalverdiener eine enorme Belastung.
Dementsprechend groß ist
der Andrang auf eine Stadtwohnung. Für etwa 17.000
geförderte Wohnungen hat
die Stadt Innsbruck das Vergaberecht. Auf der Warteliste stehen aktuell knapp 2000
Personen.

Wer eine Stadtwohnung bekommt, bestimmt die Politik
über die Vergaberichtlinien.
Vor fast zwei Jahren verkün-

dete Bürgermeister Georg Willi (Grüne), die Vergaberegeln
überarbeiten zu wollen. Die
(stark ideologische) Debatte
war eröffnet, jede Partei meldete sich mit Vorschlägen und
Forderungen zu Wort. Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründete und dann wieder sehr ruhig um das Thema. Bis jetzt.

SPÖ-Stadtparteivorsitzender Benjamin Plach betont,
dass die Wohnungsproblematik in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei.
„Die Innsbruckerinnen und
Innsbrucker werden aus ihrer eigenen Stadt verdrängt“,
schlägt Plach Alarm. Er fordert deshalb die Öffnung
der Stadtwohnungen für die
Innsbrucker Mittelschicht.
Dazu müsste vor allem die
40-Prozent-Regel geändert
werden. Grundsätzliche Bedingung für eine Stadtwohnung ist das Vorliegen eines
Wohnbedarfs. Der ist unter
anderem bei „zu hoher Mietbelastung“ gegeben. Laut
Stadt ist die Miete dann zu
hoch, wenn sie 40 Prozent des
Nettofamilieneinkommens
übersteigt. Pro Kind wird ein
Abschlag von drei Prozent berechnet.

„Mit dieser Bestimmung
werden etwa arbeitende Paare
oder ein beruflicher Aufstieg
bestraft“, sagt Plach. Er bringt
zwei Beispiele aus der Praxis,
die die Problematik verdeutlichen: Frau B. und Herr T. sind
Mitte 30 und bewohnen eine
70-Quadratmeter-Wohnung,
für die sie 1500 Euro bezahlen. Frau B. ist Lehrerin, Herr

T. arbeitet im Sozialbereich.
Gemeinsam kommen sie auf
rund 3800 Euro. Sie haben laut
Vergabekritieren erst dann einen Wohnbedarf, wenn die
Wohnkosten über 1700 Euro
liegen. „Sie haben keine Perspektive in Innsbruck“, sagt
Plach. Paare wie diese werden
Innsbruck früher oder später
verlassen.

Anderes Beispiel: Frau K.
wohnt in einer 49-Quadratmeter-Wohnung für 880 Euro. Als Vertreterin konnte sie
sich die Wohnung gut leisten, obwohl ihr die ständigen
Mietvertragsverlängerungen

Beim Wohnungsamt der Stadt Innsbruck liegen derielt knapp 2000 Anträge auf eine leistbare Mietwohnung.

zu schaffen machten. Während Corona verlor sie ihre
Arbeit und konnte sich für eine Stadtwohnung vormerken.
Nachdem sie wieder einen
Job fand, wurde sie von der
Liste gestrichen.

„Wir erreichen mit den
Stadtwohnungen nur die
dringlichsten Fälle. Der Mittelstand bleibt auf der Strecke. Das ist weder fair noch
gut für die soziale Durchmischung“, sagt Plach. Parallel
dazu fordert die SPÖ einen
„kompletten Widmungsstopp
für private Investorenprojek-

te”.

Seite 5 von 13

Die FPÖ hingegen will
seit jeher, dass die Vergabe von Stadtwohnungen an
Deutschkenntnisse geknüpft
wird. Bei der vergangenen
Gemeinderatssitzung brachte die FPÖ einen Antrag zur
Änderung der Vergabekriterien ein, „um Druck aus der
Vergabeliste zu nehmen“,
wie Gemeinderat Andreas
Kunst sagt. Der Antrag sieht
vor, dass für Sprachkenntnisse Punkte vergeben werden
— je besser das Sprachniveau,
desto mehr Punkte. Wer nicht
oder kaum Deutsch kann, bekommt null Punkte. Zudem

Foro: Böhm

soll es für Familien mit mehr
als drei Kindern keine Punkte
mehr geben. Die FPÖ fordert
auch, dass die Arbeitsgruppe zu den Vergaberichtlinien
die Arbeit wieder aufnimmt.
Der Antrag wurde trotz Protest von Grünen und SPÖ zur
Bearbeitung an den Stadtsenat zugewiesen, wenngleich
ÖVP-Klubobmann Christoph
Appler klarstellte, dass er mit
den Punkten zu den Deutschkenntnissen und den Mehr-
Kind-Familien nicht übereinstimmt. Aber er sei dafür,
dass die Arbeitsgruppe wieder tage.