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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„Wieder keine Landeshauptfrau“, Seite 4

Wieder keine Landeshauptfrau

Im September wählt Tirol einen neuen Landtag. Zur Wahl stehen bis jetzt fünf männliche
Spitzenkandidaten. Politikerinnen erklären, warum es weniger Frauen in die Politik zieht.

Von Anita Heubacher

Innsbruck — 2008 hieß es,
Tirol sei reif für eine Landeshauptfrau. Mit den ÖVP-
Landesrätinnen Elisabeth
Zanon und Anna Hosp gab
es auch zwei Anwärterinnen
auf den Chefin-Posten. Günther Platter entschied das
Rennen für sich.

Jahre später, 2022, ist nicht
ansatzweise die Rede davon, dass Tirol von einer
Frau regiert werden könnte.
Im Gegenteil, fünf der sechs
Spitzenkandidaten für die
Landtagswahl im September
sind Männer. Die ÖVP setzt
nach Platter nun auf Anton
Mattle. Die FPÖ geht traditionell ebenso mit einem
Mann ins Rennen und hat
Markus Abwerzger bestätigt.
Die Grünen, deren Frauenanteil in der Regierung derzeit 100 Prozent beträgt, gehen dieses Mal mit Gebi Mair
ins Rennen. Die SPO brachte
zuletzt eine Frau und bringt
nun mit Georg Dornauer
auch einen Mann. Die NEOS
werden am 2. Juli höchstwahrscheinlich Dominik
Oberhofer wählen. Die Liste
Fritz legt sich heute fest, ob
es ein Mann oder eine Frau
wird.

„Aufgrund der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben Frauen einen Startnachteil in der
Politik“, sagt Liste-Fritz-Abgeordnete Andrea Haselwanter-Schneider. Ob sie Spitzenkandidatin wird, ließ sie
gestern offen. Bis vor Kurzem
sei es gar nicht möglich gewesen, als Landtagsabgeordnete
in Karenz zu gehen. „Das hat
man nun geändert.“ Es sei
schwer, Frauen für die Politik
zu begeistern. Dass sich heuer so viele Männer als Spitzenkandidaten hervortun,
hält Haselwanter-Schneider
für „ein schlechtes Signal“.

Aus der Politik ausschei-

Im Tiroler Landtag werden die Karten neu gemischt. So männlich dominiert wie dieses Mal waren die Wahlen schon lange nicht mehr.

, Die Parteien, und
zwar alle, haben

Frauen, die etwas zu

sagen haben, auch nicht

forciert.“

Beate Palfrader, ÖVP

(Landesrätin)

den wird im Herbst die langjährige ÖVP-Landesrätin
und Chefin des Arbeitnehmerbundes der Partei, AAB,
Beate Palfrader, „Ich habe
das Gefühl, dass es sich rückund nicht weiterentwickelt.“
Die Bereitschaft der Frauen,
sich politisch zu engagieren,
werde weniger, meint Palfrader. Das Umfeld sei durch
Social Media schwieriger geworden, weil man in der Politik viel mehr Angriffen ausgesetzt sei als früher. „Aber“,
sagt Palfrader, „die Parteien,
und zwar alle, haben Frauen, die etwas zu sagen haben, auch nicht forciert.“
Und falsch eingesetzte Frau-

‚ Ich setze mich
nicht für Frauen
per se ein, sondern beur-

teile die Leistung.“

Evelyn Achhorner, FPO
(stellvertretende Klubobfrau)

en würden dem Frauenbild
schaden.

Da taucht es wieder auf:
das Bild der Quotenfrau. Mit
einer Frauenquote kann die
FPÖ und hier insbesondere
die stellvertretende Klubobfrau Evelyn Achhorner gar
nichts anfangen. Bei fünf
blauen Abgeordneten ist sie
die einzige weibliche. Achhorner sieht das Frauenbild
gar nicht so düster. An der
Spitze der EU-Kommission
oder an der Spitze der Europäischen Zentralbank säßen
Frauen. Und im Innsbrucker
Gemeinderat sei die Quote
ausgewogener als im Landtag. „Ich setze mich nicht für

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‚’ Man muss bereit
sein, sein Privatleben hintanzustellen. Ob
das sein muss, sollten
wir diskutieren.“

Elisabeth Blanik, SPO
(Bürgermeisterin, Abgeordnete)

Frauen per se ein, sondern
beurteile die Leistung.“

2018 hätte Elisabeth Blanik zumindest die stellvertretende Landeschefin
werden können. Als SPÖ-
Spitzenkandidatin führte sie
die Roten jedoch in die Opposition. Sie blieb Bürgermeisterin von Lienz. Dieses
Mal ist sie hinter Dornauer
die Nummer 2 im Landtagswahlkampf. „Die Landespolitik fordert einen sehr hohen Preis“, sagt Blanik. „Man
muss bereit sein, sein Privatleben hintanzustellen.“ Und
dazu seien Frauen vielleicht
weniger bereit als Männer.
Sie regt an, über dieses An-

Ha Ba

‚’ Dass fast alle
Spitzenkandidaten
mäünnlich sind, erfüllt
mich mit einer gewissen
Ratlosigkeit.“

Gabriele Fischer, Grüne
(Sozialtandesrätin)

forderungsprofil und über
den Umgang untereinander
in der Politik zu diskutieren.

Bei den Grünen ist noch
nicht klar, ob die derzeitige Soziallandesrätin Gabi
Fischer sich für einen der
hinteren Plätze auf der Liste
bewirbt. Mit einer „gewissen
Ratlosigkeit und Sorge“ beobachtet sie, dass die Spitzenkandidaten mehrheitlich, oder fast ausschließlich,
männlich sind. Sie glaubt,
„dass in Krisenzeiten auf Altbewährtes zurückgegriffen
wird“. Ähnlich wie Palfrader
sieht auch sie in der Frauenpolitik „eher einen Rück- als
einen Fortschritt“.