Pressespiegel seit 2021

Jahr: 2022

/ Ausgabe: 2022_08_8_Presse_OCR

- S.8

Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Dokument

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 2022_08_8_Presse_OCR
Ausgaben dieses Jahres – 2022
Alle Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
Kronen Zeitung

„Nach Geschmack des ‚alten Fritz‘“, Seite 23

8.8.2022

Grandiose Premiere der Oper „Silla“ zum Start der Innsbrucker Festwochen

Nach Geschmakck des „alten Fritz“

Die große Eröffnungsoper
der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik im
Jahr 2022, Carl Heinrich
Grauns „Silla“, wurde
1753 zum ersten Mal auf-

eführt. Das italienische

pernlibretto geht auf

eine französische Prosavorlage des äußerst musikaffıinen Preußenkönigs
Friedrich II. zurück. Die
Innsbrucker Aufführung
auf Schloss Ambras ist ein
außergewöhnliches Vergnügen für „Aug und Ohr“
— aus vielerlei Gründen.

Das historische Vorbild des
Silla ist der römische Diktator Sulla. Bei Friedrich ist er
ein Herrscher, der auf dem
Höhepunkt seiner Macht erkennt, dass Gewalt und Tyrannei Imwege sind, dass die
Staatsräson über allem steht
und dass in diesem Sinne
sein Rückzug ins Private der
richtige Weg für Rom ist.
Octavia, deren Liebe Silla
mit Gewalt zu erreichen
sucht, darf schließlich ihren
Postumio heiraten. Ohne
Zweifel trägt dieser Gewaltherrscher Züge Friedrichs
des Großen, der die Staatsräson über alles stellte und
der sich nichts sehnlicher
wünschte als den Rückzug
ins Private.
Eine sehr geschmackvolle
Innsbrucker Inszenierung
Wäre ihm dieser vergönnt
gewesen, hätte er sich noch
ausgiebiger der Musik widmen können. Für Grauns
„Silla“ komponierte Friedrich alternative Arien, die
zum Teil in der Innsbrucker
ufführung Berücksichtigung fanden. So simpel eigentlich der Handlungsgang
der Oper ist, so sehr trägt
Grauns einfallsreiche, berührende und immer wieder
auch erstaunlich dramatische Musik dazu bei, dass
dieses Stück Musiktheater
durchaus seine Wirkung entfaltet. Wesentlichen Anteil

Diktator Silla (Bejun Mehta, Bildmitte) erkennt, dass Gewalt und Tyrannei Irrwege sind

an dieser überzeugenden
Wirkung haben Regisseur
Georg Quander und Bühnen- und Kostümbildnerin
Julia Dietrich. Selten hat
man in Innsbruck eine so geschmackvolle Inszenierung
erlebt — Dietrich ließ sich
von römischen Wandbildern
und barocken Tiefbühnen
inspirieren und schuf wunderbar inspirierende, ästhetisch überaus ansprechende
Räume. Georg Quander verzichtete auf allen Klamauk
und vertraute ganz auf die
Kraft der Musik.

Ensembie auf höchstem
musikalischen Niveau
Auch musikalisch wurde
höchstes Niveau geboten.
Bejun Mehta als Silla war
eine Idealbesetzung mit sei-

nem kraftvollen Countertenor. Valer Sabadus überzeugte mit seinem Edel-
Timbre mehr im Iyrischen
Ausdruck, Hagen Matzeit
setzte seinen Countertenor
sehr differenziert ein und begeisterte durch Farb- und
Registernuancen. Eine großartige Vorstellung bot Sopranist Samuel Marifio als
Postumio — er ließ mit einer
sehr sicher geführten Edelstimme und beeindruckender Höhe aufhorchen.

Eleconora Bellocci als Ottavia eroberte mit Ausdruckskraft die Herzen des
Publikums. Roberta Invernizzi war eine Luxusbesetzung als Fulvia, Mert Süngü
verwandelte Koloraturen in
puren Ausdruck und verlich
seiner Partie Profil.

Seite 8 von 23

Der von Claudio Chiavazza einstudierte Coro Maghini lieferte eine solide Leistung. Alessandro de Marchi
konnte mit dem Innsbrucker
Festivalorchester noch nie
so überzeugen wie diesmal:
Vielleicht liegt es an der
kleinen Besetzung, vielleicht
liegt es am kammermusikalischen Ansatz, der ihm weit
mehr liegt als die Leitung
großer Orchester.

Die historisch legitimierte
Aufstellung wirkte sich
jedenfalls klanglich sehr
positiv aus und das Orchester erfreute durch subtile
Klangfarben und feine Abstimmung mit den Sängern.
Schr schade, dass in dieser
formidablen Premiere so
viele Plätze leer blieben!

Franz Grati

Fr BirgitGußer