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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_03_2_Presse.pdfb
- S.15
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Gesamter Text dieser Seite:
Kurier
„Stadt greift nach Privatgründen“, Seite 15
Stadt greift nach Privatgründen
Innsbruck. Bestimmte Flächen dürfen nur noch für sozialen Wohnbau verwendet werden
VON CHRISTIAN WILLIM
In etwa jeder zweiten Gemeinde
Tirols ist die Wohnungsnot so
groß, dass das Land sie als Vorbehaltsgemeinden ausweist. In diesen ist die Kommunalpolitik angehalten, Vorrangflächen für den
sozialen Wohnbau auszuweisen.
Besonders prekär ist die Lage aufgrund eines überhitzten Marktes,
in dem Immobilien- und Grundstückspreise sich innerhalb eines
Jahrzehnts verdoppelt haben, in
der Landeshauptstadt.
Die Innsbrucker Dreier-Koalition macht sich nun daran, dieses
Instrument der Tiroler Raum-
„Wir sind weit von
Enteignung entfernt. Wir
wollen die Preisspirale
abfedern und leistbaren
Wohnraum schaffen“
Johannes Anzengruber
Bürgermeister (JA)
ordnung zu nutzen, das es bereits
seit 1994 gibt, das aber inzwischen
unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur eine Option, sondern
sogar ein Muss ist. „Wir sind nahezu dazu verpflichtet“, erklärte Bürgermeister Johannes Anzengruber
(JA) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz, bei der angekündigt
wurde, dass 23 Grundflächen im
Gemeindegebiet als Vorbehaltsflächen für sozialen Wohnbau ausgewiesen werden sollen.
Hand auf 50 Prozent
Für die Eigentümer, darunter
unter anderem kirchliche Grundbesitzer, aber auch Investoren aus
dem Ausland, hat das einschneidende Folgen. Bis zu 50 Prozent
der betroffenen Flächen müssen
die Besitzer an die Stadt oder
einen gemeinnützigen Wohnbauträger zu Wohnbauförderkonditionen — also unter Marktwert —
verkaufen. Werden die Flächen
innerhalb von zehn Jahren nicht
zum Kauf angeboten, werden die
Baugrundstücke zu Freiland.
„Wir sind von Enteignung
weit entfernt“, richtet Anzengruber den Kritikern der Vorgangsweise der Dreier-Koalition aus JA,
Grünen und SPO aus (siehe
unten) und streicht hervor: „Das
ist Bauland, das schon seit über
15 Jahren Bauland ist.“ Es geht also um Grundflächen, die also für
den Zweck gewidmet wurden,
dass darauf Wohnraum entsteht.
Auf diesen in Summe rund 10,7
Hektar ist — teilweise seit Jahrzehnten - nicht passiert. Nur der
Reaktionen:
IKM/K.RUDIG
Koalition will
Pflöcke
einschlagen:
Bürgermeister Anzengruber (Mi.),
SPÖ-Chef
Plach (li.) und
Bex (Grüne)
durch die Umwidmung in Baugrundstücke vergoldete Wert von
Wiesen und Ackern ist regelrecht
in die Höhe geschossen.
Gegen die Preisspirale
„Wir wollen die Preisspirale abfedern. Eines brauchen wir nicht:
Preise von über 10.000 Euro pro
Quadratmeter“, spielt der Bürgermeister auf einige KGrundstücksdeals der jüngeren Vergangenheit an. Ziel der Ausweisung
der Vorbehaltsflächen, die nur
„Überfällig“
oder „Enteignung“
Vor allem FPÖ lehnt Maßnahme ab
Gemeinderat. Bevor der
Innsbrucker Gemeinderat
über die eigentliche Ausweisung von Vorbehaltsflächen für den sozialen
Wohnbau entscheidet, soll
in der Sitzung am Donnerstag zunächst über die Verhängung von Bausperren
über die anvisierten Flächen entschieden werden.
Mit den 22 Stimmen der
Koalition aus JA, Grünen
und SPÖO ist im 40-köpfigen
Stadtparlament bereits eine
Mehrheit gesichert. Aber
auch KPO, die „einen längst
überfälligen Schritt“ sieht,
oder die linke Liste ALI wollen mitstimmen. Die Liste
Fritz dürfte _ebenfalls
zustimmen. _ Widerstand
kommt hingegen von jenen
Kräften, die in der vergangenen Regierungsperiode
unter anderen Mehrheitsverhältnissen die Ausweisung von Vorbehaltsflächen
verhindert haben:
Die FPO spricht von
„Enteignung“ und tat das
schon beim ersten Anlauf
2018. OVP und Für Innsbruck — inzwischen zu „Das
neue Innsbruck“ verschmolzen - legten sich seinerzeit
ebenfalls quer. Sie sehen
einen „massiven Eingriff
ins Eigentum“ von „einer
linken Regierung“.
auf Grundstücken mit mehr als
2.500 Quadratmetern angewandt
wird, sei die Schaffung von leistbarem Wohnraum. „Für ausländische
Investoren haben wir keinen Platz
in Innsbruck“, so Anzengruber.
Bis zur Umsetzung hat die
Stadtregierung aber noch einen
weiten Weg zu gehen. Am heutigen Donnerstag sollen zunächst
Bausperren für die Dauer von
einem Jahr im Gemeinderat verhängt werden. Damit soll verhindert werden, dass die anvisierten
Grundstücke von den Eigentümern geteilt werden und sie
durch Verkleinerung aus der
Regelung herausfallen.
„Wir haben die
Instrumente und auch
die Verantwortung, sie
zu nutzen. Es geht um
23 Grundflächen“
Janine Bex
Planungsstadträtin (Grüne)
2018 war der damalige Bürgermeister Georg Willi (Grüne),
heute Vize-Stadtchef, noch an
fehlenden Mehrheiten im Gemeinderat gescheitert. Die Dreier-
Koalition verfügt nun über ausreichend Stimmen, einige kleinere
Fraktionen wollen aber ebenfalls
mitgehen. „Wir haben die Instrumente und die Verantwortung,
sie zu nützen“, sagt die für Stadtplanung zuständige Stadträtin Janine Bex (Grüne). SPO-Stadtparteichef Benjamin Plach sieht bereits „den Anfang vom Ende der
Innsbrucker Wohnungskrise.“
Klagen in Kauf genommen
Noch in diesem Jahr soll eine Änderung des örtlichen Raumordnungskonzepts mit den Vorbehaltsflächen aufgelegt und dann
innerhalb von zwei Jahren beschlossen werden. Anzengruber
will zwar das Gespräch mit allen
Eigentümern suchen, stellt sich
aber auch auf Widerstand ein:
„Natürlich wird es Stellungnahmen und Klagen geben.“
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Was Innsbruck plant
Vorbehaltsflächen
In Gemeinden, in denen nicht ausreichend
Grundstücke für sozialen Wohnbau zur Verfügung stehen - das ist jede zweite im Bundesland -, müssen laut Tiroler Raumordnungsgesetz Vorbehaltsflächen ausgewiesen
werden. Das dürfen bis zu 50 Prozent von
gewidmeten Baugrundstücken sein
Was das für den Eigentümer heißt
Der Eigentümer ist verpflichtet, diese Teilflächen innerhalb von zehn Jahren an Gemeinde
oder gemeinnützige Wohnbauträger auf Basis
der Kriterien der Wohnbauförderung - also
unter Marktwert - zu veräußern. Andernfalls
erlischt die Bauwidmung. Das Grundstück
wird wieder zu Freiland - ein Wertverlust
Um welche Flächen geht es in Innsbruck
Es geht um 23 Flächen mit in Summe
10,7 Hektar, von denen bis zur Hälfte abgezwackt werden soll. Sie sind alle seit über
15 Jahren als Bauland gewidmet, aber unbebaut und mindestens 2.500 m* groß