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Jahr: 2022

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- S.12

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tirol.orf.at

Offener Brief des
Sozialpolitischen

SPAK ortet „Zweiklassengesellschaft“

Der Sozialpolitische Arbeitskreis Tirol (SPAK), ein Zusammenschluss von
21 regionalen Sozialeinrichtungen, kritisierte den Vorstoß von FI, ÖVP
und FPÖ in einem offenen Brief (siehe Factbox). „Die Hälfte der
zukünftig zu vergebenden Sozialwohnungen würde somit für
Menschen bereitgestellt werden, die nicht sozial bedürftig sind und
sich auch am privaten Wohnungsmarkt Wohnraum leisten könnten“,
heißt es darin.

Nach der derzeitigen Regelung darf ein Ein-Personen-
Haushalt maximal 3.000 Euro netto pro Monat verdienen.

Arbeitskreises Tirol (PDF) Bei einem Zwei-Personen-Haushalt liegt die Grenze bei

5.000 Euro netto, wie Peter Grüner vom Durchgangsort
für Wohnungs- und Arbeitsuchende (DOWAS) als Vertreter des SPAK
vorrechnet.

Nach dem Entwurf der neuen „Mittelstand-Liste“ würden die
Einkommen von minus zehn Prozent bis plus 20 Prozent der
Höchstgrenze reichen. Das bedeute, dass beispielsweise ein Single-
Haushalt bis zu 3.600 Euro netto monatlich verdienen und sich für die
Liste vormerken lassen darf.

Die neuen Richtlinien seien demnach nicht sozial treffsicher. Vielmehr
gebe es in Zukunft eine Zweiklassengesellschaft bei der
Wohnungsvergabe. „Im Sinne der Prävention von Wohnungslosigkeit
ist es zentral, Menschen so einfach wie möglich Zugang zu leistbarem
Wohnraum zu geben“, sagt Julia Schratz, Leitung des DOWAS für
Frauen und ebenfalls Vertreterin im SPAK. Da die Betroffenen noch
länger warten müssten, würde sich die Situation für sie verschärfen.

Verfassungsjurist: „Zweite Liste wäre radikaler Bruch“

Mit der zusätzlichen Liste würde sich die Nachfrage auf ein ohnehin
knappes Angebot vergrößern, sagte der Verfassungs- und
Verwaltungsjurist Karl Weber. In einer rechtspolitischen Bewertung
nahm er für den SPAK Stellung zum Entwurf von FI, ÖVP und FPÖ.
Weber beurteilte den Ansatz als sehr problematisch und sprach von
einer „lose-lose-Situation“. Der Mittelstand habe dadurch keine großen
Chancen auf die wenigen Stadtwohnungen. „Es wird viel mehr
versprochen, als man halten kann“, sagte er.

Zusätzlich werde laut Weber der verfassungsmäßige
Gleichheitsgrundsatz verletzt. Durch die zweite Vergabeliste entstehe
eine gleiche Behandlung von ungleichen Personengruppen. „Das
wären dann auch Bewohner von relativ luxuriösen Wohnungen, die
sich sozusagen in die Warteliste hineindrängen könnten“, so Weber.
Das sei ein „radikaler Bruch“ mit der derzeitigen Rechtslage.
Insgesamt hält er es für einen unsolidarischen Akt, wenn finanziell
Schwächere zu kurz kommen. So habe das „sehr stark den Anschein
von Vorwahl- und Klientelpolitik“, meinte er im Interview mit dem ORF
Tirol.

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