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Tiroler Tageszeitung

„Fein durchwegte bunte Kunstwelt“, Seite 18

Fein durchwegte bunte Kunstwelt

Die 23. Auflage der Innsbrucker „Premierentage“ eröffnet weit verzweigte Wege zur zeitgenössischen
Kunst. Auch am heutigen dritten und letzten Tag gibt es Vernissagen, Finissagen, Gespräche und Touren.

Von Edith Schlocker

Innsbruck —- „Premierentage“
gibt es in Innsbruck bereits
zum 23. Mal. Sie am Donnerstagabend am Innsbrucker Franziskanerplatz - wo
die Premierentage ihr Headquarter aufgeschlagen haben - zu eröffnen, war für LH
Anton Mattle, der die Kultur
bekanntlich zur Chefsache
gemacht hat, allerdings eine
Premiere. Kultur habe ihn immer inspiriert, nicht zuletzt
zur Selbstreflektion, so Mattle.
Und Aktivitäten wie die „Premierentage” reflektierten die
Buntheit unserer Gesellschaft
und das tue gut.

Wie vielgesichtig die zeitgenössische Kunstszene im
Land ist, demonstrieren die an
drei Tagen vorgezeichneten
Wege zur Kunst auf jeden Fall
eindrucksvoll. U.a. bei neun
Premieren bzw. Vernissagen.
Etwa im Innsbrucker aut, dem
tirolischen Gral der Architektur. Wo für die aktuelle Schau
mit Reinhold Adolf (1924-
1999) an einen Innsbrucker
Designer erinnert wird, dessen
Schwingsessel „Sinus“ zwar
ein praktisch jedem bekannter
Möbelklassiker ist, ohne aber
zu wissen, wer ihn kreiert hat.

Selbst ausprobieren, wie
wunderbar schwebend es sich
anfühlt, in einem der Vorgänger dieses noch immer in verschiedenen Varianten produzierten Sessels zu sitzen, kann
in der kleinen Schau im aut
jeder, der Lust darauf hat. Wie
das Schwingen im Mutterleib
sollte sich das Sitzempfinden
für Reinhold Adolf anfühlen,
wofür sehr speziell konstrujerte metallene Kufen verantwortlich sind, die anders als
in „normalen“ Schaukelstühlen ein dreidimensionales
Schwingen ermöglichen. Obwohl Adolf viele Jahre lang an

der Weiterentwicklung seines
weltweit für Furore sorgenden Schwingsessels gearbeitet hat, kam er tragischerweise
nie über die Entwicklung bis
ins kleinste Detail durchdachter Studien hinaus. Um sich
in den späten 1970er-Jahren
nicht zuletzt aus Frust über die
Verstrickung in Patentstreitigkeiten ganz aus der Welt des
Designs zurückzuziehen. (Bis
18. Februar.)

Ein gefeierter Star in der
Welt der Kunst ist dagegen
der deutsche Konzeptkünstler

Thomas Bayrle, dem die Galerie Widauer als Beitrag zu den
„Premierentagen“ eine Personale widmet. Um etwa mit teilweise noch nie gezeigten Arbeiten aus dem Zyklus „Feuer
im Weizen“ aus den frühen
1970er-Jahren aufzuwarten.
Gepuzzelt aus einem nackten
Figurenpaar, das zum Muster
wird. Eine für den inzwischen
85-jährigen Künstler typische
Strategie, wenn er etwa Autobahnen zu Blumigem oder
Rankigem werden lässt oder
einen fast vier Meter langen

Regenmantel aus Plastik mit
unzähligen Schuhen bedruckt.
Wobei das, was auf einen ersten Blick nur dekorativ daherkommen mag, sich bei näherer Betrachtung als durchaus
gesellschaftspolitisch aufgeladene Botschaft entpuppt. (Bis
Ende Februar).

Paul Albert Leitner ist ein
Flaneur, der des Flanierens allerdings langsam müde wird,
weshalb er für seine Ausstellung in der Innsbrucker Galerie Rhomberg in seinem mit
rund 80.000 Negativen be-

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stücktem Fotoarchiv gestöbert
hat. Das Ergebnis ist ein „Mixtum Compositum“, bestehend
aus klassisch komponierten
Stillleben genauso wie Blicken
aus Fenstern oder durch Gitter, auf Strukturen, auf die er
bei seinen Streifzügen gestoßen ist genauso wie in Palm
Springs auf eine Skulptur von
Marilyn Monroe. Den in seinem schrägen weißen Anzug
posierenden Selbstdarsteller
Paul Albert Leitner vermisst
man leider in der aktuellen
Schau, er taucht nur in einer der Fotografien als vager
Schatten auf. (Bis 31. Jänner.)

Durchwegs Selbstporträts
sind dagegen die fröhlich bunten, spontan aus dem Bauch
heraus per Klobürste vom
Wiener Cartoonisten und Musiker Bernd Pueribauer gemalten Bilder im Innsbrucker artdepot. Er ecke gern an, sagt der
gelernte Grafiker, der viele Jahre lang für den Wiener Falter
ein „Tier der Woche“ gezeichnet hat. Um sich nun ganz aufs
Malen zu konzentrieren, am
liebsten sich selbst. Was man
sozusagen per Gebrauchsanweisung auch erkennt, wenn
sich im bunten Gewirr so etwas wie ein Batman herauskristallisiert, als der sich Pueribauer gern verkleidet. (Bis 9.
Dezember.)

Dystopisch ist dagegen die
„Insula“ in der Form einer
Duschkabine, in die der Tiroler Künstler Ian Sand die Innsbrucker Galerie A4 verwandelt,
Der perfekt beanzugte Künstler selbst wird in dem vorgeführten Video zum Flüchtenden, allerdings nicht auf eine
Insel, sondern von einer solchen. Was sich als hoffnungsloses Unterfangen herausstellen wird, die erhoffte Katharsis
sich zum Desaster auswächst.
Ergänzt wird die Installation
durch eine Reihe übermalter

Premierentag 3

Vernissagen: 11.30 Uhr, Klocker
Museum Hall, Art Box, Eröffnungsmatinee Veronika Abigail Beringer;
17.30 Uhr, Galerie Nothburga
Innsbruck, Gerhard Gutruf und
Elisabeht Melkonyan.

Finissagen: 14.30 Uhr, Kunstpavillon, und 15 Uhr, Neue Galerie,
Innsbruck: Bodies of Water.

Artist Talks: 10 Uhr, Kunstraum
Schwaz; 11 Uhr, Vektor Hall; 13
Uhr, Taxispalais, Kunsthalle Tirol,
Innsbruck; 19.30 Uhr, Künstler-

haus Büchsenhausen.

Guided Tours: 12 Uhr Art Walk mit
Judith Koller und Veronika Berti; 16
Uhr Expertinnenführung mit Leonie
Radine.

Shuttlebus: 9.30 Uhr nach
Schwaz, Abfahrt Landestheater;
10.45 von Schwaz nach Hall,
Abfahrt Terminal Wopfnerstraße;
12.30 Uhr, Hall nach Innsbruck,
Abfahrt Busparkplatz Augasse 1,
Hall. Sämtliche Shuttlebusse sind
gratis, ebenso wie heute die erste
Stunde der Innsbrucker Stadträder.

Informationen: Premierentage-
Headquarter am Innsbrucker
Franziskanerplatz. Alle Institutionen - außer Landesmuseum und
Büchsenhausen - sind heute von
11 bis 17 Uhr geöffnet. Näheres:
www.premierentage.at

Videostills sowie die großformatige Mischtechnik einer
schwebenden Stadt. (Bis 21.
Dezember.)
Kontrastprogramm im
Kunsthällchen des Innsbrucker bilding, wo Ben Zanon eine Entdeckungsreise in seine
malende Kindheit und künstlerische Gegenwart unternimmt. (Bis Ende November.)