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Jahr: 2022

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- S.21

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Kurier

„Spaltung im Klub des Bürgermeisters“, Seite 21

Spaltung im Klub des Bürgermeisters

Innsbruck. Drei von zehn Mandataren der Stadt-Grünen haben einen eigenen Klub
gegründet. Ihre Abspaltung begleiten sie mit massiver Kritik an Stadtchef Willi

VON CHRISTIAN WILLIM

Die Sitzung des Innsbrucker
Gemeinderats beginnt am
Donnerstag mit einem Paukenschlag. Die grüne Abgeordnete Marcela Duftner ergreift das Wort und erklärt,
sie und zwei weitere Mandatare „verlassen mit sofortiger
Wirkung den Klub Georg Willi, die Innsbrucker Grünen“.
Gleichzeitig beantragt sie die
Gründung eines neuen Klubs
„Lebenswertes Innsbruck“.
Die Fraktion des grünen
Bürgermeisters Georg Willi
schrumpft damit von zehn
auf sieben Mandatare und ist
nicht mehr stärkste Kraft im
Gemeinderat. Die Beweggründe, die Duftner und ihre
Kollegen Renate Krammer-
Stark und Thomas Lechleitner — alle langgediente Gemeinderäte — aufführen, gleichen einem Donnerschlag.
Bei Willi und ihrem nunmehrigen Ex-Klub orten die
drei Abtrünnigen unter anderem „die Unfähigkeit zur

transparenten Kommunikation, zum Verhandeln und
Führen, Fokus auf den eigenen Machterhalt statt mehrheitsfähiger Entscheidungsfindung“ oder die „beharrliche Weigerung zu akzeptieren, dass 25 Prozent der Gemeinderatsmandate keine
Mehrheit sind“.

Bisher hatten die Grüne
zehn von 40 Sitzen im Gemeinderat. Im in Innsbruck
regierenden Spiel der freien
Kräfte — die Koalition von Wil-

li mit SPÖ, ÖVP und Für Innsbruck (FI) war 2021 geplatzt
— sah sich der Bürgermeister
immer wieder mit Mehrheiten
gegen sich konfrontiert.

Willi ortet darin das Torpedieren seiner Anliegen
durch eine „rechtskonservative Allianz“ — gemeint vor allem OVP, FI und FPO. Kritik
an seinem Agieren kam aber
auch regelmäßig von der SPO
und anderen Listen.

Die Schelte der abgespaltenen Ex-Grünen deckt sich

Georg Willi beka von Marcela Duftner die Abspaltung serviert

Seite 21 von 27

LIEBL DANIEL

nun aber weitestgehend mit
den Vorwürfen der Gegner
des Bürgermeisters — etwa
was mangelnde Kommunikation oder Einbindung betrifft. Was seine abtrünnigen
Ex-Parteifreunde betrifft,
richtet Willi diesen aus: „So
viel wie in meiner Zeit wurde
im grünen Klub noch nie geredet.“ Die Entscheidung der
drei Mandatare „ist zu respektieren“. Vorangekündigt
hatten sie ihren Schritt nicht.

Kein Rücktrittsgedanke

An Rücktritt denkt Willi
nicht: „Ich bin direkt gewählter Bürgermeister“, sagt er
dazu. Wenn eine Mehrheit
im Gemeinderat ihn abwählen möchte, „gerne, das können sie machen. Aber ich bin
vom Volk gewählt“.
Tatsächlich ist selbst bei
einer Mehrheit im Gemeinderat für ein Misstrauensvotum
gegen den _Bürgermeister
auch noch die Abhaltung
einer Volksabstimmung zwingend — eine hohe Hürde. Das

zuletzt bereits in Innsbruck
herumspukende Neuwahlgespenst hat nun vermutlich
wieder ausgegeistert. Denn
der neue Klub „Lebenswertes
Innsbruck“ lehnt Neuwahlen,
für die sich eine knappe Mehrheit abgezeichnet hatte, ab,
wie Duftner erklärt.

„Wir sind die dritte Option“ , sagt sie. Bisher habe es
nur die Varianten Stillstand
und Blockade oder eben Neuwahlen gegeben. Nun hätten
sich aber die Mehrheitsverhältnisse geändert, was neue
Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffne. Dass
Georg Willi zuletzt das Stadtrecht ausreizte und das Personalamt auflöste, um so
eine Amtsenthebung der Leiterin durch den Stadtsenat
zu verhindern, dürfte das
Fass zum Überlaufen gebracht haben. „Das hatte autoritäre Züge“, so Duftner.

Für den ohnehin schon
angeschlagenen Bürgermeister ist die Abspaltung eine
weitere Schwächung.