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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_05_24_Presse_OCR
- S.12
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Tiroler Tageszeitung
„Mutige Frauen sollen , belastete‘ Männer ersetzten“, Seite 22
Mutige Frauen sollen
„belastete“ Männer ersetzen
Innsbrucker MittelschülerInnen setzen sich für die Umbenennung von
Straßen ein - und gewannen damit den „Agnes-Larcher-Preis 2025“.
Von Michael Domanig
Innsbruck —- Straßen in Innsbruck, die noch immer die
Namen historisch belasteter
Persönlichkeiten tragen, sollten stattdessen nach mutigen,
innovativen Frauen benannt
werden: Mit diesem Vorstoß,
gegossen in ein Projekt unter
dem Titel „Hier sollte IHR Name stehen“, hat die 4b-Klasse
der Mittelschule Kettenbrücke aus Innsbruck den „Dr,
Agnes-Larcher-Preis 2025”
gewonnen.
Der erst zum zweiten Mal
vergebene Preis, ausgeschrieben von einer Gruppe von Tiroler PädagogInnen, würdigt
Arbeiten zum Thema Feminismus — und richtet sich explizit an Mittelschulen und
Polytechnische Schulen,
Nur sieben Prozent Frauen
In der intensiven Auseinandersetzung mit Straßennamen
in Innsbruck stellten die SchülerIinnen der MS Kettenbrücke
zweierlei fest: dass nur sieben Prozent der Straßen nach
Frauen benannt sind; und
„dass einige Persönlichkeiten,
denen Straßen gewidmet wurden, diese Ehrung aus heutiger Sicht nicht mehr verdient
haben", Als Beispiele wurden
die Kernstock-, Löns-, General-Feuerstein- und Burghard-
Breitner-Straße herausgearbeitet. Ottokar Kernstock etwa
verfasste 1923 das „Hakenkreuzlied“, ein NS-Propagandalied, und stand im Ersten
Weltkrieg für chauvinistischblutrünstige Lyrik,
Über Monate hinweg arbeiteten die SchülerIinnen mit
Appell an die Politik: Mit dem Projekt „Hier sollte IHR Name stehen“ hat
die 4b-Klasse der Mittelschule Kettenbrücke die Jury überzeugt. F M. ürn
Lehrerin Katharina Santer im
Deutsch-, Geschichte- und
Kunstunterricht am Projekt.
Sie recherchierten zu Österreicherinnen, die aus ihrer Sicht
stattdessen gewürdigt werden
sollten: Die Palette reicht von
Maria Stromberger, die sich
in Auschwitz unter Lebensgefahr für Kranke
einsetzte, bis zur Tiroler Widerstandskämpferin Johanna Wagner,
von der Schauspielerin
und Erfinderin Hedy
Lamarr über Kernphysikerin Lise Meitner
bis zur Agnes Larcher
(1937-2012) selbst:
Diese verlor 1973 ihren
Job an der Hauptschule Absam, weil sie mit
ihren Schülerinnen kritische
Volksstücke lesen und Tabuthemen wie Sexualität, Behinderung und Gewalt gegen
Frauen diskutieren wollte.
Im Kunstunterricht entstanden eindrucksvolle Porträts dieser und andere Frauen, die zusammen
mit Kurzbiographien in einer Schulausstellung gezeigt wurden. Die
4b-Klasse hat sich
mit ihrem Anliegen auch direkt an
die Stadtführung
gewandt, mit dem
Appell, den Umgang mit problematischen Innsbrucker
Straßennamen zu
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überdenken. Die Stadt setzt
hier aktuell auf einheitliche
Zusatztafeln unter den biographischen Erläuterungen,
„als Mahnmal gegen das Vergessen ideologischer Verirrungen“, Aus Sicht der SchülerInnen wäre eine Umbenennung
effektiver: „Es wird Zeit, dass
wir in unserer Gesellschaft
auch mal neue Wege gehen
und Dinge anders machen.“
„Meine Frau wäre glücklich“
In Graz wurde im Vorjahr eine nach Kernstock benannte
Straße in „Maria-Stromberger-Gasse" umbenannt, In
Innsbruck ist zumindest ein
direkter Austausch der SchülerInnen mit Kulturstadtrat
Georg Willi (Grüne) und Bildungsstadträtin Elisabeth
Mayr (SPÖ) geplant: Ein Diskussionsforum soll zeitnah an
der Schule stattfinden,
Der kritische Ansatz der
SchülerInnen überzeugte übrigens nicht nur die Jury, sondern auch Dietmar Larcher,
den Mann von Agnes Larcher:
„Meine Frau wäre glücklich,
wenn sie erleben hätte können, dass ihr ganz in ihrem
Sinn gearbeitet habt“, lässt er
der 4b-Klasse ausrichten,
Aus Sicht der SchülerInnen selbst war die intensive
Auseinandersetzung mit den
Biographien starker, mutiger
Frauen „cool“ und „interessant“, wie Laura Boljanovic,
Livia-Elena Strobl und Tabea
Neuwirth exemplarisch erklären. Diese Frauen mit Straßennamen zu würdigen, wäre aus
ihrer Sicht ein wichtiges Signal: „Wir leben schließlich im
21. Jahrhundert.“