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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_12_28_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Leerstandsabgabe: Die Skepsis bleibt“, Seite 4
Leerstandsabgabe:
Die Skepsis bleibt
Mit 1. Jänner 2023 müssen alle 277 Gemeinden eine
Leerstandsabgabe einheben. Viele BürgermeisterInnen
zweifeln das damit verbundene Landes-Ziel weiter an.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck —- Wer in Tirol seine Wohnung länger als sechs
Monate am Stück leer stehen
lässt, hat dafür, beginnend mit
dem Jahreswechsel, zu zahlen. Leerstandsabgabe nennt
sich das, was der Landtag im
Juli beschlossen hat und nunmehr am 1. Jänner 2023 in
Kraft treten wird. Die Höhe
ist je nach Wohnungsgröße
gestaffelt und mit einer Bandbreite versehen. Gemeinden
mit besonderem Wohnungsdruck, die als so genannte
„Vorbehaltsgemeinden“ ausgewiesen wurden, müssen die
doppelten Sätze anwenden.
Einen Leerstand zu melden
und die Bemessung der Abgabenhöhe obliegen dem jeweiligen Eigentümer. Kassieren
tut die Gemeinde, ihr obliegt
das Überprüfungsrecht.
‚ Auch wenn das
nicht unser Ziel
ist, aber wir können und
werden auch ab Jahres-
mitte strafen.“
Georg Willi
(Bürgermeister Innsbruck, Grüne)
Vielfach wurde die Leerstandsabgabe als „Lex Innsbruck“ bezeichnet. Weil hier
besonders viele Wohnungen
leer stehen sollen, kolportiert
jede zehnte Wohnung. Aktuell
durchforstet der Magistrat alle
Häuser nach noch nicht registrierten Wohnungen und ordnet diese zu (Türnummernverordnung). Über 40 Prozent
habe man schon geschafft.
Durch die Verknüpfung des
Wohnungs- mit dem Personenstandsregister will man
dann dem tatsächlichen Leerstand auf die Schliche kommen. Bürgermeister Georg
Willi (Grüne) ist frohen Mutes,
dass mit der Abgabe Bewegung in den Wohnungsmarkt
kommen wird. Dass also das
Angebot größer wird. Das ist
‚ ‚ Wir hängen beim
Vollzug dieses
Gesetzes noch in der
Luft. Das ist so nicht zu
handhaben.“
Klaus Winkler
(Bürgermeister Kitzbühel, ÖVP)
auch das Landes-Ziel. Innsbruck hat sich für die Höchstsätze entschieden. Für eine
100-m?-Wohnung bedeutet
das: 2400 €/Jahr. Mit Jahresbeginn werde man eine „Info-Offensive“ angehen. Dann
hätten die Besitzer ein halbes
Jahr Zeit, sich zu melden. Im
Anschluss werde kontrolliert
und gestraft.
Seine Amtskollegen sind
da weniger optimistisch. In
Kufstein, der zweitgrößten
Stadt Tirols, betont BM Martin Krumschnabel, dass man
juristisch alle Hausaufgaben
gemacht habe. Die politische
Sinnfrage stelle er sich weiter:
„Das wird nicht mehr leistbares Wohnen bringen.“
Telfs ist ebenso Vorbehaltsgemeinde. Hier wird die leere 100-m?-Wohnung 1740 €/
Jahr kosten. Die Gemeinde,
so BM Christian Härting, habe sich die Höhenfestlegung
per Gutachten absichern lassen. Dass viele Betroffene ei-
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ne „Selbsterklärung“ machen
würden, glaubt Härting nicht:
„Und auch die Ausnahmeregelungen sind sehr auslegungsbedürftig.“ Juristisch sei
umstritten, ob eine „Rasterfahndung“ legal sei. „Das Gesetz ist zwar gut gemeint, aber
schwierig in der Umsetzung.“
Die Gams- und Promistadt
Kitzbühel ist in erster Linie
ob der Freizeitwohnsitzproblematik bekannt. Dass hier
die Leerstands-Höchstsätze
gelten — selbstredend. Der
Beschluss im Gemeinderat ist
bereits gefasst. Was einen raschen Vollzug betrifft, winkt
BM Klaus Winkler aber ab:
„Da hängen wir in der Luft
und tappen im Dunkeln.“ In
einem Schreiben hat man
das Land um Klarstellungen
gebeten. Zuvor werde man
kaum aktiv werden können.
Schwaz wird rund 80 Pro-
‚ Ich habe kein
Personal für zusätzliche Kontrollen. Da
sind noch einige Fragen
offen.“
Victoria Weber
(Bürgermeisterin Schwaz, SPÖ)
zent der regulären Sätze verlangen, sagt BM Victoria Weber. Die Silberstadt ist keine
Vorbehaltsgemeinde. Vorbehalte gegenüber der Wirksamkeit des Gesetzes hat
Weber aber allemal: „Was,
wenn sich die Besitzer nicht
melden? Wer kontrolliert"s?“
Personal hierfür gäbe es keines. Auch Weber fordert von
Land und Gemeindeverband
„Aufklärung“.