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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_03_29_Presse_OCR
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Tiroler Tageszeitung
„Politische Schuldvermutung“, Seite 2
Von Denise Daum
illi, es ist vorbei.“ Die FPÖ findet
den Spruch sehr genial. Inflatio-
när fordern die Freiheitlichen den
Innsbrucker Bürgermeister zum Rücktritt auf.
So natürlich auch, nachdem bekannt wurde,
dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein Ermittlungsverfah-
ren wegen Untreue und Amtsmissbrauchs
gegen Willi eingeleitet hat. Nachdem mehrere
Parteien gegen den Bürgermeister wegen der
Sonderverträge für seine Ex-Personalchefin
Sachverhaltsdar g
waltschaft bzw. WKStA eingebracht haben,
muss die Behörde den Vorwürfen nachgehen.
Auch wenn sie betont, dass Willi als Verdäch-
tiger, nicht Beschuldigter geführt wird.
ll ı bei der Staatsan-
Leitartikel
Politische Schuldvermutung
Die Ermittlungen der WKStA gegen Innsbrucks Bürgermeister sind keine Überraschung. Von seinen Gegnern wird die
Causa genüsslich ausgeschlachtet. Für Georg Willi gilt die Unschuldsvermutung: aber nur mehr die juristische.
Die Fraktion „Für Innsbruck“ verkündete
süffisant, dass Bürgermeister Georg Willi
sein Amt wohl nun ruhend stellen wird — wie
es der grüne Gemeinderat Gerhard Fritz tat,
nachdem nach einem Kontrollausschuss-
Bericht zum Pema 2 der Vorwurf der Untreue im Raum stand.
Als Grüner muss Georg Willi es aushalten, dass die Causa politisch ausgeschlachtet wird. Seine Partei ist schließlich für
ihre Maßregelungen und Moralpredigten
bekannt. Die Grünen waren es auch, die
im Jahr 2021 von der ÖVP eine „untadelige
Person“ als Bundeskanzler an der Stelle
von Sebastian Kurz forderten, nachdem
gegen diesen unter anderem wegen des
Verdachts auf Korruption ermittelt wurde.
Mit ein Grund, warum die Freude über die
Ermittlungen gegen Willi bei der ÖVP nun
besonders groß ist: Endlich trifft es einmal
die anderen. Die Liste der ÖVP-Politiker,
gegen die aktuell ermittelt wird oder in der
Vergangenheit ermittelt wurde, ist lang. Das
Anzeigen, wie es landläufig genannt wird,
wurde auf Bundesebene zum politischen
Instrument. Das Einschalten von Staatsanwaltschaften erzeugt jedes Mal einen großen Wirbel. Werden die Ermittlungen dann
eingestellt, wie dies meistens der Fall ist, ist
das nur mehr eine Randnotiz. Das Ansehen
der Angezeigten ist indes beschädigt.
Der Umstand, dass gegen einen Politiker
ermittelt wird, kann also nicht per se ein
Rücktrittsgrund sein. Die juristische Unschuldsvermutung, so abgedroschen es klingen mag, hat auch für Politiker zu gelten.
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Anders sieht es mit der politischen Unschuldsvermutung aus: Die gilt für Bürgermeister Georg Willi mittlerweile nicht mehr.
Fehltritte wie das Sprengen der Koalition,
das stadtrechtswidrige Auflösen des Personalamts, das Verteilen von hochdotierten
Sonderverträgen oder das Nichtzustandebringen von Mehrheiten für
wichtige Projekte haben das
Vertrauen in Georg Willi
nun einmal nachhaltig
erschüttert.
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auf Seite 23
denise.daum@tt.com
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