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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_04_4_Presse_OCR
- S.7
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Der Standard
„Salzburger Notstand“, (Abendausgabe) Seite 12
4.4.2023
Salzburger
Notstand
371 Kinder und Jugendliche sind in Salzburg von akuter
Wohnungsnot betroffen. Die Stadtpolitik debattiert
darüber, den Wohnungsnotstand nach Innsbrucker
Vorbild auszurufen, während Nachverdichtungen auf
Parkplätzen abgelehnt werden.
Stefanie Ruep
ohnen in Salzburg ist
teuer und daher nicht
von ungefähr ein hei-
ßes Wahlkampfthema
in Zeiten der Teuerung.
Laut einer Studie des
Salzburger Instituts für Raumordnung (SIR)
machen die Wohnkosten im Schnitt 44 Prozent des Haushaltseinkommens aus. Bei der
letzten Landtagswahl 2018 gaben die Menschen noch 36 Prozent des Einkommens aus,
2015 waren es 29 Prozent. Das Problem verschärft sich also,
Der Salzburger KPÖ-Gemeinderat Kay-Michael Dankl! hat deshalb in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch einen Antrag gestellt,
nach Innsbrucker Vorbild den Wohn: nOtstand auszurufen, Dankl, der für die KPÖ auch
bei der Landtagswahl am 23. April antritt, will
das 40 Jahre alte Bodenbeschaffungsg| reaktivieren, das Gemeinden ein Vorkaufsrecht
auf große, unbebaute Grundstücke gibt.
Vorkaufsrecht für die Stadt
In Innsbruck hat der Gemeinderat im vergangenen Juli auf Antrag der SPÖ mit Unterstützung der Grünen, Neos, der Liste Fritz und
der Alternativen Liste Innsbruck den Wohnungsnotstand ausgerufen. Bisweilen ist jedoch noch nichts in Kraft. Denn mit dem Beschluss ist erst ein Antrag an das Land ergangen, um das Bodenbeschaffungsgesetz anwenden zu können. Erlässt die Landesregierung eine Verordnung, könnte die Stadt etwa
Vorkaufsrechte für sämtliche unbebaute, als
Bauland gewidmete Grundstücke mit über
2000 Quadratmeter Fläche erhalten. 8o
Grundstücke würden dafür infrage kommen.
In Salzburg haben die grüne Bürgerliste und
die SPÖ den Antrag unterstützt. Die politische
Mehrheit aus ÖVP, FPÖ und Neos war jedoch
dagegen. Die Entscheidung, ob der Notstand
ausgerufen werde, wurde vorerst vertagt,
Aktuell sind in der Stadt Salzburg rund 5000
Menschen beim Magistrat als wohnungssuchend gemeldet.
Von akuter Wohnungsnot betroffen sind in
Salzburg derzeit 1557 Personen, wie aus der aktuellen Wohnbedarfserhebung hervorgeht.
Das heißt, sie sind d
keine Wohnung und kommen bei Einrichtungen, Freunden oder Pensionszimmern unter
oder sind von einer unzumutbaren Wohnsituation betroffen. Nach einem Rückgang in
Zeiten der Pandemie befindet sich die Zahl der
Betroffenen nun wieder auf dem hohen
Niveau von 2018, 411 Personen waren obdachlos, mussten die Nächte im Freien oder in
einer Notunterkunft verbringen. Finanzielle
oder familiäre Probleme sind die häufigsten
Gründe, dass Menschen plötzlich ohne Wohnung dastehen,
Hoch ist die Zahl unter Minderjährigen. Bereits im Vorjahr hat das Forum Wohnungslosenhilfe vor der dramatischen Entwicklung
gewarnt, Die Zahlen sind seither erneut angestiegen, von 277 auf 371 Kinder und Jugendliche, die von Wohnungsnot betroffen sind. 36
davon sind obdachlos. „Diese Kinder und Jugendlichen haben von Beginn an schlechtere
Chancen als andere“, sagt Petra Geschwendtner vom Forum Wohnungslosenhilfe,
Die Bodenpolitik in der Stadt Salzburg hat
auch die amtierende Wohnbaulanderätin
Andrea Klambauer (Neos) aufs Wahlkampfparkett gebracht. Sie präsentierte eine Nachverdichtungsstudie für die größte Siedlung
Salzburgs mit 1250 gemeinnützigen Wohnungen. In der Goethesiedlung parken alle Autos
oberirdisch auf 2,7 Hektar gewidmetem Bauland. Laut Studie könnten hier 570 Wohnun-
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In der Goethesiedlung parken die Autos
der Bewohnerinnen und Bewohner auf
2,7 Hektar Bauland.
Fotoc Stefanie Ruep
gen gebaut werden. Das lehnten Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler (ÖVP) und Sozialstadträtin Anja Hagenauer sofort ab. „600
zusätzliche Wohnungen würden das Quartier
sowohl städtebaulich als auch sozial völlig
überfordern“, betonten die Stadtpolitikerinnen. Was Bürgerliste-Klubobfrau Inge Haller
ärgert: „Anstatt die Vorschläge aufzugreifen
und eine offene Diskussion darüber zu führen,
wie leistbarer Wohnraum geschaffen werden
kann, lehnt die Stadt sie einfach ab.”