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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_05_10_Presse_OCR
- S.7
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Tiroler Tageszeitung
„Gepackelt, beworben, geworden“, Seite 2
Gepackelt, beworben, geworden
Werden bei Hannes Tratters Bestellung zum Chef der Neuen Heimat alle mildernden Umstände berücksichtigt, reicht es für ÖVP
und SPÖ maximal fürs Fegefeuer. Der Eindruck vom politischen Postenschacher lässt sich trotzdem nur schwer korrigieren.
Von Peter Nindler
atten die 14 MitbewerberInnen von
Ex-Landesrat Hannes Tratter bei der
gemeinnützigen Wohnbaugesell-
schaft Neue Heimat überhaupt eine Chance?
Nein! Dafür kann der ÖVP-Politiker primär
nichts, schließlich verfügt Tratter über eine
breite Berufserfahrung und nach elf Jahren in
der Landesregierung über ein gutes Netzwerk
im Land. Wohnbau(förderung), Raumordnung und Gemeinden - bessere Voraussetzungen für die Leitung der Neuen Heimat
konnte kein anderer Kandidat aufweisen.
Wurde die Funktion des technischen
Geschäftsführers auf Tratter zugeschnitten?
Ja! Trotzdem muss das differenziert beurteilt
werden. Dass die Neue Heimat gute Kontakte
zu BürgermeisterInnen benötigt, ist für den
sozialen Wohnbau und leistbares Wohnen in
Tirol schlichtweg notwendig. Nur Grundstücke
zu sozial verträglichen Preisen ermöglichen
geförderte Wohnungen. Gewiss hat Tratter
den politischen Draht zu den Gemeinden,
am Altar des Auswahlverfahrens wurde diese
Eigenschaft demonstrativ wie eine Monstranz
hochgehalten. Seinen Mitbewerbern brannte
der Weihrauch hingegen in den Augen.
Haben sich die Besten aus der Immobilienbranche beworben? Wahrscheinlich nicht!
Sicherlich dachten sich einige potenzielle
Kandidaten, es ist - auch wegen der Ausschreibungskriterien - ohnehin alles schon
zwischen ÖVP und SPÖ ausgemauschelt. Warum sollten sie sich dann die leeren Bewerbungskilometer überhaupt antun.
Drängt sich der Eindruck einer schwarzroten Packelei auf? Zweifellos! SPÖ-Wohnbaureferent und Landeshaur Ilvertreter
Georg Dornauer (SPÖ) lobte Tratter bereits im
Vorfeld über den grünen Klee. Nicht nur, weil
er mit dem designierten Neue-Heimat-Chef
seit Jahren sehr gut kann. Dornauer beweist
damit in einer für die ÖVP schwierigen Situation pragmatische Pakttreue.
Und die politische Kultur im Land? Die
Optik ist eine schiefe, weil Postenschacher und
Versorgungspolitik trotz Tratters inhaltlicher
Fähigkeiten wie ein Damoklesschwert über
dem Vertrauen in die Politik hängen. Dazu
trägt Tratters wochenlanger Urlaub nach
seiner Rückkehr in die Landesverwaltung
ebenfalls bei. Ohne Gespür und Not. Das System vom Gleicheren unter Gleichen verschärft
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die Glaubwürdigkeitskrise, die sich plakativ an
Postenbesetzungen festmachen lässt. Schon
die Ernennung des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts löste breiten Unmut aus.
Gäbe es eine verordnete Auszeit („Coolingoff-Phase“), dass ehemalige Politiker eine
Zeit lang nicht in öffentlichen Unternehmen
andocken dürfen, würden
sich Politiker viele Debatten ersparen. Jetzt zählen
sie zu Recht wieder zur
Kategorie „die da oben“.
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auf Seite 4
peter.nindler@tt.com