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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

„Ein etwas anderes Treppenhaus“ (Beilage Wohnen), Seite 27

Ein etwas anderes Treppenhaus

Ein Haus, das das Zeug zur Landmark hat: Die von der IIG gebaute, von scharmer-wurnig-architekten
geplante Wohnanlage Amraser Straße führt vor, wie innerstädtische Nachverdichtung ausschauen kann.

Von Edith Schlocker

Innsbruck — Der beste Beweis
dafür, dass sich Ungehorsam
bisweilen lohnt, ist das direkt
an der Sill vis-a-vis des städtischen Hallenbads stehende
neue Gebäude in der Amraser
Straße. Mit ihren zwölf Geschoßen eine eindrucksvolle Landmark, deren Positionierung an der Kurve des viel
frequentierten und entsprechend breiten Straßenraums
eine ganz bewusste Entscheidung war. Indem der weiße
Baukörper zur Straße hin wie
ein Turm daherkommt, um
Richtung Sill bzw. Patscherkofel sich durch Rücksprünge und Drehungen geschickt
mehr und mehr aufzulösen.
Doch um auf den erwähnten
Ungehorsam zurückzukommen: Die Ausschreibungsunterlagen für den 2015 von der
IIG ausgeschriebenen — geladenen - Wettbewerb sah kein
Hochhaus, sondern im Sinn
kluger innerstädtischer Nachverdichtung ein sechsgescho-

Riges Gebäude vor. Trotz des
Risikos, mit ihrem Entwurf sofort aus dem Wettbewerb zu
fliegen, schickten scharmerwurnig-architekten allerdings
den für sie für diesen Ort absolut stimmigen Entwurf für
einen Zwölfgeschoßer ins
Rennen. Um mit diesem auch
die Jury zu überzeugen, mit
der für sie erfreulichen Konsequenz, auch den Auftrag zum
Bau zu bekommen.

Einer Wohnanlage mit 44,
größtenteils kleinen Zweizimmerwohnungen. 20 davon sind
für SeniorInnen reserviert, die
von den Sozialen Diensten
der Stadt Innsbruck betreut
werden. Die restlichen sind
als Startwohnungen gedacht.
Um auf diese Weise einen gesunden Mix der Generationen
unter einem gemeinsamen
Dach zu initiieren. Wie gut
dieser funktioniert, ließ sich
bei einem Lokalaugenschein
nicht eruieren, die Senioren
scheinen allerdings mit ihrem
coolen Wohnort höchst zufrieden zu sein. Der Richtung
Süden eingerichtete Spielplatz
war allerdings kinderleer. Was
auch dem schlechten Wetter
geschuldet sein dürfte.

Mit dem heruntergekommenen Arbeiterwohnhaus,
das früher hier gestanden ist,

hat das aus Stahlbeton gebau-

te neue Haus absolut nichts

zu tun. Dass sein Abriss bzw.
Neubau so lange auf sich hat
warten lassen, dagegen nicht
zuletzt mit dem unbefristeten
Mietvertrag des Uhrmachers,
der hier „seit Ewigkeit“ sein
Geschäft betrieben hat und für
den ein passendes Ausweichlokal zu finden offensichtlich
alles andere als einfach war.
Dem Neubau weichen
musste auch eine viel fre-

quentierte Eisdiele. Der

Wunsch, dass diese im Erdge-

schoß einziehen wird, hat sich

— bis jetzt jedenfalls - nicht er-

füllt. Die Chancen, dass sich
dies mit der Realisierung der
geplanten Sillpromenade plus

Radweg, die hier starten sol-

len, ändern wird, stehen nicht
schlecht. Bis es so weit sein

oder eine andere Nutzung ge-

44 kleine Wohnungen gibt es in dem Zwölfgeschoßer, fast die Hälfte davon reserviert für Seniorinnen, die anderen für junge Wohnerinnen.

funden wird, wird der großzügig raumhoch verglaste Raum
zum Büro.

Das Grundstück, auf dem
die neue Wohnanlage der IIG
steht, ist angesichts seiner Kubatur mit seinen 1104 Quadratmetern relativ klein. Straßenseitig kragt das Gebäude

der Architekten gelegt wurde,
trägt wesentlich zur Stimmigkeit dieses Orts bei.

Die Wohnanlage Amraser
Straße ist alles andere als ein
hermetischer Kasten, bei dem
zwölf Geschoße gleichförmig
übereinandergestapelt sind.
Sondern ein differenzierter
Baukörper, der etwas Kristallines an sich hat. Strukturiert
durch raumhohe „französische“ Fenster, die die straßenseitige Front extravagant
diagonal durchpflügen. Was
mit dem dahinter liegenden,
raffiniert verschachtelten Stiegenhaus zu tun hat, das sich —
wegen des ab dem vierten Geschoß versetzten Baukörpers
- in zwei Teilen eng nach oben
schraubt. Schön akzentuiert
durch das ebenso schlichte
wie markante Geländer aus
Edelstahl.

Der aus vier Geschoßen bestehende Sockelbereich des
Hauses nimmt maßstäblich
Bezug zur benachbarten Villa. Hier liegen die natürlich
barrierefrei gestalteten „be-

über dem Sockel unterschiedlich breit aus, um auf diese
Weise den Gehsteig bzw. den
Eingang zum Haus partiell zu
überdachen. Der Freibereich
zur Sill hin ist begrünt genauso
wie der Richtung Süden, wo er,
begrenzt durch die Ein- bzw.
Ausfahrt zur zweigeschoßigen

Richtung Süden ist der Baukörper mit seiner fein geschliffenen weißen Putzfassade zweistufig abgetreppt. Die Tiefgarage hat in zwei Ebenen 29 Abstellplätze.

Tiefgarage mit ihren 29 Stellplätzen, zum Kinderspielplatz
wird.

Hier liegt auch die Terrasse,
die dem großen Aufenthaltsraum für die im Haus lebenden SeniorInnen vorgelagert
ist. Eine raumhohe Verglasung macht diesen Kommu-

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Foto: Vandory, Schlocker

nikationsort absolut durchlässig, lässt Innen und Außen
praktisch nahtlos ineinander
übergehen. Der Boden ist aus
Holz, die Wände und (Akustik-)Decken sind weiß, die
Fenster wie im ganzen Haus
hellbeige eloxiert. Dass auch
die Möblierung in die Hände

treuten“ Wohnungen. Die in
den Geschoßen darüber sind
rund um die zentral angeordneten Nasszellen angelegte
kleine Einheiten, die nach den
Richtlinien des anpassbaren
Wohnbaus geplant sind. Ihre
Grundrisse sind funktionell,
bestehend aus einem verhältnismäßig großen Wohnbereich samt Küche, einem
kleinen Schlafzimmer sowie
einem Bad.

Und zu - fast — jeder dieser
Einheiten gehört außerdem
eine in den Baukörper hineingeschnittene Loggia oder ein
Stück Terrasse. Die der Abtreppung des Hauses Richtung Süden geschuldet sind. Wodurch
sich dieses zunehmend verschlankt, durch die Raffinesse,
mit der die Architektur durchdekliniert ist, fast zur Skulptur
wird. Terrasse Nr. 1 liegt über
dem vierten Geschoß, die Nr.
2 über dem neunten. Die im
jeweiligen Stockwerk darüber
liegenden Wohnungen haben
einen direkten Zugang zu diesen Freiräumen, die allerdings
prinzipiell für alle Hausbewohner zugänglich sind.

Gedacht als Kommunikationsräume mit fabelhafter Aussicht Richtung Patscherkofel
und „möbliert“ mit offensichtlich liebevoll gehegten und gepflegten Hochbeeten. Direkt
hinter dem Eingang zu der
oberen Terrasse ist auch die
für alle Hausbewohner nutzbare Wasch-Bar eingerichtet.
Das elfte Obergeschoß wird als
Büro genutzt, in dem darüber
ist die Haustechnik für das mit
einem außenliegenden Sonnenschutz versehene Passivhaus untergebracht.

Ein Gebäude wie dieses unter den Vorzeichen der Wohnbauförderung zu realisieren,
sei ein „kostentechnischer
Seiltanz“ gewesen, so Andreas
Scharmer. Dem esleidtut, dass
an der Fassade gespart werden
musste. Weshalb es statt einer
aus hinterlüfteten Platten gepuzzelten Fassade nun eine
glatt weiß verputzte geworden ist, die durch ihren Schliff
allerdings eine feine Struktur
bekommen hat.