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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_05_28_Presse_OCR
- S.4
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Tiroler Tageszeitung
„Unterwegs, um Spuren der Nacht verschwinden zu lassen“, Seite 16
Unterwegs, um die Spuren der
Nacht verschwinden zu lassen
Leere Flaschen, Essensreste, Körperausscheidungen - im Morgengrauen ist Innsbrucks
Innenstadt nicht sehr ansehnlich. Zum Glück gibt’s das Team der Straßenreinigung.
Von Denise Daum
Innsbruck — Die kleine Tilda kann die Augen
nicht von Barbara Rainalter lassen. Aufmerksam
verfolgt die Kleine jeden
Handgriff der Straßenreinigerin. „Ich habe vergeblich versucht, Tilda aufs
Goldene Dachl aufmerksam zu machen. Müllaufräumen ist spannender“,
lacht Mama Susi. Sie unternimmt mit ihrer Tochter am Samstag einen
sehr frühen Morgenspaziergang durch die leere
Altstadt. Barbara Rainalter bleibt kurz stehen und
strahlt die kleine Tilda
mit den großen Augen an.
Dann geht es weiter.
Rainalter ist die erste
Frau im Straßenbetrieb
der Stadt Innsbruck. „Ich
hatte schon ein bisschen
Bauchweh vor meinem
ersten Arbeitstag. So viele
Männer, wie wird das?“,
hat sie sich gefragt. Ihre
Sorgen waren unbegründet. Die Kollegen sind
„total liab“, wie sie sagt.
Das Bauchweh ist verflogen, dafür hatte sie
Muskelkater von der ungewohnten Bewegung.
Jetzt, nach fast zwei Monaten im Job, hat sich
das gelegt. Während sie
erzählt, befördert sie routiniert zwei Dosen und
Zigarettenstummel von
einer Hausecke in der
Hofgasse zuerst auf die
Schaufel, dann ins Müllwagerl.
Um 7.30 Uhr trifft Rainalter auf ihren Kollegen Heinz Blauensteiner.
Wenn sie ihren Dienst um
6 Uhr beginnt, haben ihre
Kollegen das Schlimms-
r N a
Die kleine Tilda, in den frühen Morgenstunden unterwegs in der Altstadt mit Mama Susi, ist fasziniert
von Straßenreinigerin Barbara Rainalter (1). Stefan, Heinz und Manni (5, von links) sorgen für Sauberkeit in der Maria-Theresien-Straße. Zum Aufkehren und Aufräumen gibt es am Samstagmorgen in
der Innsbrucker Innenstadt (2, 3, 4) genug.
te schon mit den Reinigungsmaschinen weggeräumt. Seit 5 Uhr morgens
dreht Heinz Blauensteiner in der Innenstadt mit
der Kehrmaschine seine
Runden. Am Wochenende ist die meiste Arbeit zu
erledigen. Flaschen, Zigarettenstummel, volle und
Fotos: Daum
leere Becher, angebissene
Pizzastücke, Fast-Food-
Verpackungen, menschliche Ausscheidungen
aller Art - die Partynacht
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hat ihre Spuren hinterlassen. „Am Anfang hab’
ich mich schon gefragt,
ob ich das alles aushalte.
Aber mittlerweile ist mir
das wurscht“, sagt Blauensteiner. Grausen und
wundern tut ihn nach 13
Jahren in der Straßenreinigung nichts mehr.
Betrunkene, die auf seinen Wagen springen,
Wildpinkler, Schlägereien, Knutschereien — die
Straßenreiniger erleben
viel zu später bzw. früher
Stunde in Innsbruck. „Die
Leute scheißen sich gar
nichts“, fasst Blauensteiner zusammen.
Die Bogenmeile - wo
noch mehr Müll als in der
Altstadt oder in der Maria-Theresien-Straße zu
finden ist - kommt zum
Schluss dran. „Weil da
geht’s am längsten zu“,
weiß Blauensteiner. Tatsächlich stehen um halb 8
Uhr noch gut 15 Leute vor
den Lokalen — die meisten mit einem Getränk in
der einen Hand, Zigarette in der anderen. Etwas
unkoordiniert, aber bereitwillig stellen sie dem
Reinigungsfahrzeug am
Gehsteig aus.
Für Barbara Rainalter ist am Samstag schon
um 10 Uhr Schluss. Sie
geht zufrieden nach Hause. Überhaupt ist sie mit
sich und ihrer Arbeit im
Reinen. „Ich tue etwas
für die Umwelt, bin in
der frischen Luft und in
Bewegung“, sagt sie. Am
meisten freuen sie positive Rückmeldungen.
„Die Leute sind fast ausnahmslos freundlich zu
mir. Viele bedanken sich.
Das ist echt super.“