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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

„Innstraße 115 gefährdet die Entwicklung von Baukultur“, (Leserbrief),

Seite 23

Innstraße 115 gefährdet die
Entwicklung von Baukultur

Thema: „Investor sieht keinerlei
‚schiefe Optik‘“, TT, 2.6.

eit ca. 30 Jahren bin ich

als freiberuflicher Raumplaner tätig und war in mittlerweile recht vielen Gemeinden in Tirol im Gemeinderat
oder im Bauausschuss als Berater der Gemeinden bei Projektpräsentationen von Investoren und Projektwerbern
anwesend. Mit einer einzigen
Ausnahme erfolgten derartige Präsentationen immer in
Räumlichkeiten der Gemeinde und ohne jede Beistellung
von Verpflegung oder Getränken durch die Projektwerber.
Die Gemeindemandatare
hören sich die Präsentation
des Projektwerbers an, stellen
Fragen zum Vorhaben, und
dann verlässt der Projektwerber den Raum und die Diskussion über das Vorhaben
findet ohne dessen Anwesenheit statt. Aber vermutlich hat
die Stadt Innsbruck keine geeigneten Räumlichkeiten, in
denen ein Projektwerber sein
Vorhaben präsentieren kann,
bzw. halten die Ausschussmitglieder und Gemeinderäte
die Präsentation nicht ohne
„maximal einige Speckbrote

und ein Glasl“ aus. Und die
Diskussion des Vorhabens
findet dann womöglich in
Anwesenheit des Projektwerbers, aber jedenfalls in dessen
Räumlichkeiten statt ...

Hier werden die einfachsten Regeln des politischen
Anstands missachtet. Bei einer solchen Einladung sollten bei den Mandataren alle Alarmglocken schrillen
— wenn das in Innsbruck anscheinend so üblich ist, dann
umso schlimmer. Den Mandataren der Stadt Innsbruck
darf ich empfehlen, sich einmal, abseits aller u.U. strafrechtlichen Verantwortlichkeiten, bei anderen Tiroler
Gemeinden und Städten zu
erkundigen, wie das dort gehandhabt wird —- Innsbruck
dürfte hier die absolut unrühmliche Ausnahme sein.

DI Friedrich Rauch
6020 Innsbruck

a schlagen sich die Leu-

te die Hände über dem
Kopf zusammen: Diese Absurdität des Projekts Innstraße 115! Auch lehnen der
Gestaltungsbeirat, die Stadtplanung und der Bürgermeis-

ter, aber auch viele Fachleute
(aus Kammer, AUT, ZV und
Uni) und der engagierte Teil
der St. Nikolauser Bevölkerung das Projekt ab. Trotzdem beschließt eine Mehrheit im Gemeinderat einen
Bebauungsplan. Wie ist das
möglich?

Das Projekt hat eine vertrackte Genese. Den ersten
Sündenfall gab es schon bei
der Errichtung der Hungerburgbahn. Es wurde dem damaligen Grundeigentümer
für die Gewährung von Unterfahrrechten eine entsprechende Bebauungsdichte auf
dem Grundstück Innstraße
115 gewährt.

Mit dieser Bebauungsmöglichkeit hat der Investor die
Liegenschaft gekauft. Während der Entwicklung von
Bebauungsstudien kam die
nicht unberechtigte Empfehlung, die bestehende Villa
solle doch erhalten werden.
Der Investor möchte dem
zwar nachkommen, braucht
aber dafür, damit sich das
alles ausgeht, eine noch höhere Dichte. Mit diesen Vorgaben zu einem annehmbaren Entwurf zu kommen, ist
eine höchst herausfordernde

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Aufgabe. Jetzt denkt sich alle Welt, diese Villa inmitten
des Hangs mit Streuobstwiese, das ist doch insgesamt
— SO, wie es ist —- erhaltensund schützenswert. Um dem
nachzukommen, müsste die
öffentliche Hand (oder ein
reicher Idealist) dem Investor die Liegenschaft um Millionen abkaufen und die Villa
um weitere Hunderttausende sanieren. Das wird’s nicht
spielen.

Also hat die Mehrheit im
Gemeinderat die Flucht nach
vorne angetreten, um überhaupt zu einer Lösung zu
kommen. Nebenbei dem Bürgermeister wieder einmal zu
zeigen, wie die eigentlichen
Machtverhältnisse liegen,
wird wohl auch mitgespielt
haben. Und nicht zuletzt bot
sich für die (traditionell investorenfreundlichen) Bürgerlichen endlich auch einmal
eine Gelegenheit, dem Gestaltungsbeirat deutlich zu machen, dass seine Gutachten
nur Empfehlungen sind. Wie
soll unter solchen Umständen
noch Baukultur gedeihen?

DI Michael Pfleger
6020 Innsbruck