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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_06_13_Presse_OCR
- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„Jede Stimme zählt - oder weniger ist mehr“, Seite 2
13.6.2023
nnsbruck ist gerade unregierbar. Das
liegt an vielen Dingen und Fehlern.
Es liegt aber auch an den Verhältnissen im Gemeinderat. Je nachdem,
wie man es rechnet, sitzen dort elf oder
zwölf Fraktionen. Bei 40 Sitzen. Da muss
man kein Politologe sein, um anzuerkennen, dass eine Mehrheitsfindung
schwierig wird. Dementsprechend geht
auch nichts weiter. Schließlich muss das
Dutzend ja zu jedem einzelnen Punkt
eine eigene Parteilinie haben und das eigene Profil schärfen. Dabei wäre weniger
mehr.
Ja. Es braucht Vielfalt in der Parteienlandschaft. Es braucht unterschiedliche
Meinungen. Es braucht auch kleinere und
größere Fraktionen. Aber was zu viel ist,
ist zu viel. Und dieses Problem, das nach
der nächsten Wahl wieder droht, kann
man nur mit einer Einstiegshürde lösen.
Das würde die Durchsetzungsfähigkeit
stärken, eine vollkommene
Zersplitterung verhindern
und die Mehrheitsfindung
leichter machen. Innsbruck braucht all das.
Pro
Von Marco Witting
Pro & Contra- 4-Prozent-Hürde für den Innsbrucker Gemeinderat
Jede Stimme zählt - oder
weniger ist mehr
luralismus, Bürgernähe: Nimmt
man diese vielstrapazierten
Schlagwörter ernst, kann man
ehrlicherweise nicht für die Einführung
einer 4-Prozent-Hürde bei Gemeinderatswahlen in Innsbruck eintreten. Die
Vielfalt einer Stadt sollte sich auch in ihrem zentralen demokratischen Gremium
widerspiegeln. Kommt die Sperrklausel,
wird es gerade für Bürgerlisten und neue
politische Bewegungen ohne finanzstarken Parteiapparat viel schwieriger,
den Einzug zu schaffen - falls sie den
Versuch überhaupt noch wagen.
Profitieren würden in erster Linie die
etablierten Großfraktionen — also just
jene, die zuletzt hauptverantwortlich für
Zerrüttung und Dauerblockaden in der
Stadtpolitik waren. Die oft beklagte Zersplitterung ist dagegen das deutlich kleinere Problem —- und erledigt sich bei allzu
bizarren Kandidaten (Stichwort Inn-Piraten) eh wieder von selbst. Vom
Sonderfall Wien abgesehen,
gibt es eine solche Hürde
nirgends in Österreich. Mit
gutem Grund.
Contra
Von Michael Domanig
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