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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

TirolerseTageszeitung

„Über alle Granzen hinaus“, Seite 8

Über alle
Grenzen hinaus

Auf 14.000 Kilometern von Stuttgart bis in den Irak hat
der Innsbrucker Jürgen Hofer mehr mitgenommen als

22.7.2023

Von Eva-Maria Fankhauser

Innsbruck, Irak —- Es war hart,
es war weit, es war vieles unerwartet, vieles herausfordernd —
und doch: Jürgen Hofer strahlt
übers ganze Gesicht. Denn er
hat sein Ziel erreicht: 14.000
Kilometer, 130.000 Höhenmeter, und das innerhalb von 49
Tagen. Aber das eigentliche
Ziel war noch größer, noch
wichtiger für ihn: „Ich wollte
auf die Stiftung ‚Stay‘ aufmerksam machen und eine Charity-
Aktion starten, und das ist geglückt.”

Jürgen Hofer hat jahrelang
als Banker gearbeitet, bis er
entschied, einen neuen Weg
einzuschlagen. Er wollte die
„weniger privilegierten Menschen“ unterstützen. „Aber
ich will ihnen nicht nur helfen,
sondern sie selbst dazu befähigen. Es geht um Entwicklung statt Bevormundung“,
erklärt Hofer. Entwicklung
scheint dem 48-Jährigen auch
für sich selbst wichtig zu sein.
Denn um die Arbeit der Stiftung in Ruanda, Uganda und
Kenia zu unterstützen, entschied er sich, den normalen
Arbeitsalltag gegen eine Spendentour am Fahrradsattel zu
tauschen.

Ein Unterfangen, das im Vorjahr bei der Umrundung Euro-

Vor allem in der Türkei und im Irak stellte Hofer fest: Ohne die enorme

Spenden. Die Tour lehrte ihn Dankbarkeit und Demut.

pas quer durch 26 Länder bereits für viel Aufmerksamkeit
sorgte. Doch Hofer wollte sich
heuer steigern, noch mehr tun.
Es entstand die Idee, von Stuttgart — Hofer lebt in Innsbruck
und Stuttgart —- über Tirol bis in
den Irak zu radeln. Alleine. Ohne Betreuerteam. Aber mit viel
Willenskraft und Begeisterung.
„Ich bin kein Spitzensporter,
aber Sport ist mir wichtig und
Rad gefahren bin ich schon seit
meiner Kindheit gern. Diese
Tour ist die Verrücktheit eines
normalen Menschen“, sagt Hofer.

Was sich der 48-Jährige in
den Kopf setzt, das setzt er
auch um. Die Route find

gigen Radtour erzählt. „Es gab
so einige schwierige Situationen, aber genau da habe ich
immer Hilfe von irgendwoher
bekommen“, erinnert sich Hofer. Besonders überrascht hat
ihn die Hilfsbereitschaft in der
Türkei und im Irak. „Man hat
mir immer ohne Zögern Essen,
Trinken oder eine Unterkunft
angeboten. Auch bei Hitze von
47 Grad im Irak hat man mir
unaufgefordert überall Wasser
gegeben“, sagt Hofer, der mittlerweile als „stayrider“ bekannt
ist.

„Es war in vielen Bereichen
eine Grenzerfahrung, es war
spannend und teils muss man

er aus sportlicher Sicht als eher
unspektakulär. Es gehe mehr
ums mentale Durchhalten. „Es
ist unglaublich, wie viel körperlich möglich ist, wenn der Kopf
will“, stellt er klar. Trotzdem
steckte viel Vorbereitungsarbeit in seinem Vorhaben. „Ich
habe Depots erstellt, den Kontakt zu Service-Stellen hergestellt, die Route durchgeplant,
trainiert usw. Und dennoch
kam vieles anders als erwartet“,
sagt Hofer.

In seinen Augen glänzt die
Abenteuerlust und der unbändige Wille, mit seinem Können
Gutes zu tun, wenn er über
seine Erlebnisse auf der 49-tä-

Hilfsbereitschaft der Einheimischen hätte er es kaum geschafft. Fotos Hoter

auch unbeq Wege gehen“, sagt Hofer. So kletterte er eines Nachts über einen
hohen Zaun mit Stacheldraht,
um auf die sichere Seite zu
gelangen. Denn neben den
holprigen Straßen, fehlender
Infrastruktur, extremen Wettereinflüssen — von Hitze über
Sandsturm bis Hagel - und
ausgefallener Navigation aufgrund militärischer Einsätze
kommt auch die Gefahr durch
Wildtiere hinzu.

Doch Hofers Mut, Entschlossenheit und die starken Wadel trieben die Spendensumme nach oben. Unternehmen,
Sportbegeisterte und soziale Unterstützer ließen es sich
nicht nehmen, den Innsbrucker
bei seiner Aktion zu bekräftigen. Rund 15.000 Euro sind
bisher zusammengekommen.
Weitere Spenden fließen, wenn
Hofer Vorträge über seine spektakuläre Radtour hält und Eindrücke zeigt. Im Herbst kommt
er auch nach Innsbruck. Immerhin war BM Georg Willi einer seiner Schirmherrn.

Seine Radtour finanzierte Hofer selbst. Die Spenden
fließen ausschließlich in die
Stiftung. Auf die Frage, was er

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Obwohl die Radtour auch viele Schwierigkeiten barg, denkt Jürgen Hofer lieber an die sonnigen Stunden. Seine
Charity-Route führte ihn auf 14.000 km von Stuttgart bis in den Irak und über Italien wieder retour.

von dieser Aktion mitnimmt,
antwortet er: „Viel Dankbarkeit
und Demut.“ Er habe zudem
gelernt, mit wie wenig man
auskommen könne. „Nach so
einer Aktion ruht man mehr
in sich selbst. Das macht auch
charakterlich viel mit einem.
Das Schönste war, dass man
sich total mit sich selbst beschäftigt und in jedem Mo-

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ment im Hier und Jetzt ist“,
sagt der Hobbysportler.

Nicht mitgenommen hat er
sein Startgewicht. Acht Kilo
leichter kam Hofer nachhause.
Die Rückfahrt führte über Griechenland, Italien und Frankreich. Der westlichste Punkt
war der Mont Ventoux in der
Provence, bekannt von der
Tour de France.

Unterwegs hatte er vier Platten, musste dreimal die Kette tauschen und einmal die
Bremsbeläge. Doch das Wichtigste war - neben Handy und
Rücklicht im Gepäck — die
Hilfsbereitschaft der Menschen. „Das hatte ich zwar
nicht eingepackt“, schmunzelt
er, „aber ohne das hätte ich es
nicht geschafft.“