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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_07_24_Presse_OCR
- S.4
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Tiroler Tageszeitung
„‚Mit Enrique hätte es nicht funktioniert‘“, Seite 12
„Mit Enrique hätte es nicht funktioniert“
Als einzige Führungsperson „überlebt“ der kaufmännische Leiter Markus Lutz den Intendantenwechsel am
Landestheater. Er berichtet von guten Ticketverkäufen — trotz der lauten Ablöse von Tanzchef Gasa Valga.
Von Markus Schramek
Innsbruck — Im Tiroler Landestheater (TLT) ist die Saison gelaufen. Doch hinter
der Fassade des Kulturtempels am Innsbrucker Rennweg herrscht über den Sommer ein reges Kommen und
Gehen. Intendant Johannes
Reitmeier verlässt das Haus
nach elf Spielzeiten. Ihn beerbt die Linzerin Irene Girkinger, bisher Leiterin der
Vereinigten Bühnen Bozen.
Mit Reitmeier gehen sämtliche Spartenchefitäten, unter
ihnen, es hat sich herumgesprochen, der populäre Tanzchef Enrique Gasa Valga.
Lauter neue Gesichter in
der Chefetage also zum Start
der Intendanz Girkingers im
September? Nicht ganz! Einer
aus der Führungsriege kann
bleiben: der kaufmännische
Direktor Markus Lutz. Sein
Vertrag läuft noch bis 2025.
Seit 2015 achtet der 44-jährige Lutz darauf, dass im Landestheater (inklusive Festwochen, Symphonieorchester
und Haus der Musik) die budgetären Zahlen passen. Als
gebürtigem Schwaben liegt
ihm der Umgang mit Geld
mutmaßlich im Blut.
Lutz galt als rechte Hand
Reitmeiers. Und er streut
dem scheidenden Intendanten im 77-Gespräch Rosen:
„Reitmeier hat es geschafft,
beim Fachpublikum und
beim breiten Publikum gut
anzukommen. Er hat von sich
aus entschieden, auf dem Höhepunkt seines Schaffens in
Innsbruck aufzuhören.”
Der Intendantenwechsel
wirbelt das künstlerische Personal durcheinander. „Wir
verzeichnen in den Ensembles etwa zwei Drittel Neuzugänge”“, berichtet Lutz. Organisatorische Einheiten wie
Technik und Verwaltung blieben aber personell konstant:
„Das ist sinnvoll. Sonst ist
niemand mehr da, der sich in
diesen Bereichen auskennt.”
Im Landestheater kommt es über den Sommer zu einem regen Personalwechsel. Zwei Drittel der künstlerischen
Ensembies werden von der neuen Intendanz umbesetzt.
begleitete Ablöse von Tanzchef Gasa Valga analysiert
Lutz betont nüchtern: „Spartenübergreifendes Arbeiten,
wie es Irene Girkinger forciert,
und die von ihr geforderten
‚ Der Tanz war eine
Bank, man konnte
Geld damit verdienen,
aber das wird auch
unter den beiden neuen
Tanzchefs so sein.“
Markus Lutz (kautm. Direktor
des Throter Landestheaters)
neuen Tanzstile hätten mit
Enrique nicht funktioniert.
Wenn man es pragmatisch
sieht, ist es besser, man geht
getrennte Wege.”
Lutz würdigt die Arbeit des
Katalanen: „Enrique hat sich
eine Fanbasis und eine Marke
fgebaut. Der Tanz war eine
Die von heftigen Pi
Bank, man konnte Geld damit verdienen, aber das wird
auch unter den beiden neuen Tanzchefs so sein.” Die
öl ische Bed, g der
Tanzsparte im Vergleich zu
Schauspiel und Oper rückt er
zurecht: „Tanz ist die kleinste
Sparte am TLT. Vier von jährlich 30 Produktionen sind
Tanzproduktionen. Bei insgesamt 127.000 Besuchern
verzeichnen wir rund 25.000
Tanzbesucher. Es stimmt also nicht, dass alle nur wegen
des Tanzes kommen.”
Aus 700 BewerberInnen
wurde eine neue Tanzcompany am TLT rekrutiert. Nur
wenige TänzerInnen aus der
Ära Gasa Valgas verbleiben
im Haus. Einige wechselten
in die neue Company, die
Gasa Valga per Crowdfunding
gegründet hat, andere zogen
weiter. „Im Ballett ist eine
Toaz Harn
große Fluktuation nicht ungewöhnlich”, befindet Lutz.
Für die erste Spielzeit von
Intendantin Girkinger wurde
ein Knick bei den Ticketverkäufen befürchtet,
nicht zuletzt als Folge
des Wirbels über Gasa
Valga. Inzwischen kann
Lutz aufatmen: „Ich habe Schlimmeres erwartet,
nicht wegen Frau Girkinger, sondern weil ein
Wechsel an der
Theaterspitze generell mit Rückgängen bei den
Abos von zehn
bis 15 Prozent
einhergeht.”
An der Kassa herrsche
jedoch keineswegs Ebbe.
Laut Lutz liegt
man stabil bei et-
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trene Girkinger ist ab September
neue Intendantin des Tiroler Landestheaters.
Pa aAM
Enrique Gasa Valga wurde von Girkinger nach 14 Jahren als Tanzchef
abgelöst.
Tota Fa
was mehr als 6000 Theaterabos und bei den Einzelverkäufen auf dem Niveau des
Vorjahres: „Viel wird davon abhängen, wie
die ersten Produktionen unter
der Intendanz
von Frau Girkinger
auch Mundpropaganda.”
Die letzte Saison unter Johannes Reitmeier sei aufgrund von Corona-Nachwehen mühsam gestartet, habe
dann aber „richtig gut angezogen” und eine Auslastung
von 88 Prozent erreicht. Rund
vier Millionen Euro wurden
durch Ticketerlöse erwirtschaftet. Dieses Geld steht für
Produktionen zur Verfügung.
Die Oper verschlingt in
etwa das halbe verfügbare
Spielbudget - rund zwei Millionen pro Saison. Die restlichen zwei Millionen verteilen
sich auf die übrigen Sparten.
Dazu Lutz: „Musiktheater ist
am teuersten, weil man für
bestimmte Partien — wie zuletzt beispielsweise für ‚Elektra‘ — Gäste engagieren muss.”
Das Gesamtbudget des TLT
beträgt rund 33,6 Mio. Euro.
85 Prozent davon sind fixe
(Personal-)Kosten, die von
den Eigentümern Land und
Stadt zugeschossen werden.
„Die restlichen 15 Prozent erwirtschaften wir selbst durch
unsere Ticketeinnahmen”,
erläutert Lutz.
Festspiele Erl als Konkurrenz?
Sieht er die Festspiele Erl
als aufkommenden Konkurrenten? Schließlich übernimmt dort Opernstar Jonas
Kaufmann im Herbst 2024
die künstlerische Leitung.
Und auch Gasa Valga steht
in Gesprächen über Tanzvor-
il im F iolh
sind
aber
Kritiken
wichtig,
Markus Lutz ist für ein Theaterbudget von
rund 34 Mio. Euro verantwortlich. 10 zpemger
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Lutz: „Mein Credo ist, dass
wir auf uns schauen, sei es
Enrique oder Erl, und ein gutes Programm anbieten. Uns
hat Erl auch unter Gustav
Kuhn nicht wehgetan.”
Und seine eigene Zukunft
nach 2025? „Ich bekomme öfter Anrufe von Headhuntern
aus anderen Häusern, habe
aber keine Ambitionen, Innsbruck zu verlassen. Ob mein
Vertrag verlängert wird, müssen die Eigentümer Stadt und
Land entscheiden. Ich würde
gerne weitermachen.”