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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_08_7_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Verfehlte Wohnungspolitik in Tirol und ihre Folgen“, (Leserbrief), Seite
21
Verfehlte Wohnungspolitik
in Lirol und ihre Folgen
Thema: „Wieder Ärger um Luxus-
Wohnprojekt“, TT, 2. August.
s ist schon abenteuerlich und traurig, wie sehr
die Politik in Tirol mit ihren
Taten immer wieder von ihren zuvor hinausposaunten
wählerwirksamen Floskeln
abweicht. Alle Politiker, ob
im Land oder in den Gemeinden, predigen und beteuern
seit Jahren die Wichtigkeit
des „leistbaren“ Wohnens.
Wie aber immer wieder publik wird, wird nach wie vor
in vielen Gemeinden - sei es
aktuell in Innsbruck in der
Innstraße oder in Amras, in
Oberperfuss oder nun auch
in Brixen i. T. - genau das Gegenteil davon beschlossen
und ermöglicht.
Riesenprojekte von privaten Bauträgern, mit horrenden und für 90 Prozent der
Bevölkerung absolut unleistbaren Preisen von 10.000
Euro pro Quadratmeter und
noch viel mehr, werden da
auf grünen Wiesen genehmigt. Damit wird nicht nur
die unnötige Bodenversiegelung weiter massiv vorangetrieben, sondern auch die
Preisspirale beim Wohnen
immer weiter nach oben geschraubt. Und die Gemeinden verstecken sich hinter
dem Argument, dass sie „ja
eh“ ein paar Wohnungen
(meist weit weniger als 15
Prozent der Gesamtwohnfläche) zu einigermaßen leistbaren Preisen vom Bauträger
herausgeschlagen hätten.
Wenn man sich das nun
am Beispiel Brixen genauer
ansieht, so ergibt die von der
Gemeinde zu diesem Zweck
genehmigte Erhöhung der
Baumassendichte um 33
Prozent ein Mehr an Netto-
Wohnfläche für den Bauträger von rund 340 Quadratmetern, die Gemeinde bekommt
dafür aber lediglich 150
Quadratmeter an leistbarer
Wohnfläche (entspricht wohl
nur ca. 10 bis 12% der Gesamtwohnfläche). Da braucht
man sicher kein Fachmann
zu sein, um zu erkennen, wer
da den wirklichen Mehrwert
hat - die Gemeinde und die
Bevölkerung jedenfalls nicht!
Stellt sich die Frage, woran
es bei vielen Kommunalpolitikern fehlt — am Verantwortungsbewusstsein oder einfach nur am Hausverstand?
Dabei hätten die Gemeinden mit der Vertragsraumordnung alle rechtlichen
Möglichkeiten, den Flächenfraß für solche für die Allgemeinheit absolut unnützen
Luxuswohnprojekte zu verhindern - mit der Genehmigung von Bebauungsplänen nur bei entsprechend
hoher Anzahl an leistbaren
Wohnungen. Einen Rechtsanspruch der Bauträger auf
einen Bebauungsplan mit höherer Baudichte gibt es nicht,
und die Gemeinden hätten
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es daher vollkommen in der
eigenen Hand. Wie auch das
Land als Aufsichtsbehörde
diese Auswüchse jederzeit
verhindern könnte, aber immer wieder nur tatenlos zusieht und abnickt.
Dass es der Politik sehr
wohl möglich wäre, der reinen Gewinnmaximierung der
Grundstücksverkäufer und
Bauträger einen Riegel vorzuschieben und wirklich die
Interessen der Bevölkerung
zu vertreten, sieht man seit
Jahren in den Mittelgebirgsgemeinden oder derzeit auch
in Kematen oder Weerberg
— in diesen Gemeinden werden Wohnprojekte mit ca. 50
Prozent (!) leistbaren Wohnungen in Zusammenarbeit
mit privaten Bauträgern umgesetzt. Hier sind die Verantwortlichen wohl einfach nur
konsequenter.
Wolfgang Hütter
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