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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_08_19_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Am Boden der Tatsachen“, Seite 21
Am Boden der Tatsachen
Der Anteil an versiegelter Fläche stieg in Innsbruck laut WWF im vergangenen Jahrzehnt um 12,5 Prozent an - und damit
so stark wie in keiner anderen österreichischen Großstadt. Bürgermeister Georg Willi hat dafür keine Erklärung.
Laut einer neuen Analyse der Umweltschutzorganisation WWF liegt die Pro-Kopf-Versiegelung in Innsbruck bei 76 Quadratmetem.
Von Benedikt Mair
und Brigitte Warenski
Innsbruck, Wien —- Rund 112
Hektar Boden wurden während des vergangenen Jahrzehnts in Innsbruck versiegelt. Das entspricht einer
Fläche von mehr als 156 Fußballfeldern, die unter einer
Schicht verschwand, die weder luft- noch wasserdurchlässig ist. Das heißt, dass der
Anteil an von Beton, Asphalt
und Co. bedecktem Gebiet
in diesem Zeitraum um 12,5
Prozent anstieg - und damit
so stark wie in keiner anderen der großen Städte Österreichs. Errechnet hat diesen
Wert der „Weltweite Fonds
für die Natur“ (WWF), der vor
den dramatischen Folgen dieser Entwicklung warnt.
„Durch den hohen Grad an
Versiegelung entstehen viele
Hitzeinseln“, sagt Simon Pories, Bodenschutzsprecher
des WWF. Bei anhaltend hohen Temperaturen wirke sich
das „negativ auf die Lebensqualität und Gesundheit aus.
Deshalb müssen die Städte
ganz massiv gegensteuern.“
Untersucht und analysiert
haben die Experten der Umweltschutzorganisation neben
Innsbruck auch noch Wien,
Graz, Linz und Salzburg. Beim
Anstieg des Anteils der versiegelten Fläche belegt Tirols
Landeshauptstadt Platz eins
vor Salzburg (plus 6,9 Prozent) und Graz (plus 5,3 Prozent). „Dass Innsbruck da so
weit vomne ist, hat uns selbst
erstaunt“, sagt WWF-Experte
Pories. „Es gibt wohl mehrere
Gründe dafür. Einer ist sicher,
dass es noch immer zu wenig Vorschriften zur Eindämmung der Versiegelung gibt.“
Die größte Pro-Kopf-Versiegelung weist mit 116 Quadratmetern Linz auf, gefolgt
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‚ Unsere Städte
versinken in Beton
und Asphalt. Das Motto
muss lauten: Kein Zaster
bei zu viel Pflaster.“
Michael Bernhard
(Umweltsprecher der NEOS)
von Salzburg (102 Quadratmeter pro Kopf), Graz (88
Quadratmeter pro Kopf) und
Innsbruck (76 Quadratmeter
pro Kopf). Beim Anteil der
versiegelten Zonen an der
Gesamtfläche liegt Wien mit
26,5 Prozent vorne. Es folgen
Linz (25,4 Prozent), Salzburg
(24,3 Prozent) und Graz (20,5
Prozent). Innsbruck liegt in
diesem Vergleich mit einem
Versiegelungsgrad von 9,6
Prozent an letzter Stelle. „Da
es in Tirols Landeshauptstadt
aber besonders viele Böden
gibt, die aufgrund ihrer geographischen Lage gar nicht
verbaut werden können, ist
ein Vergleich recht schwierig“, erklärt Pories.
Immer mehr wertvolle freie
Flächen müssen Straßen,
Parkplätzen, Gewerbegebieten, Häusern und Tunneln
‚ ‚ Wir können uns
die starke Zunahme nicht erklären und
müssen erst die Datenquellen analysieren.“
Georg Wn
weichen. Täglich verschwinden so in Österreich im
Schnitt 10 bis 11 Hektar wertvoller Boden, etwa die Hälfte
davon wird versiegelt. Mit der
Versiegelung „werden Böden
mit einer wasser- und luftundurchlässigen Schicht abgedeckt und damit kann Wasser
nicht mehr versickern“, sagt
Helmut Gaugitsch vom Umweltbundesamt in Wien. Ver-
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liert der Boden diese wichtige
Funktion, könne das in Zeiten
des Klimawandels „unter anderem auch zu Hochwasserkatastrophen führen“. Auch
sei der Boden nicht mehr
in der Lage, Wasser zu speichern. Dies sorge dann während Trockenperioden für
Probleme. Zudem sind gesunde Böden laut Gaugitsch —
ähnlich wie die großen Meere
— bedeutsame Kohlenstoffspeicher „und damit ein Gegengewicht zu den ausgestoßenen Treibhausgasen“.
Warum aber gab es in Inns-
bruck diesen enormen Anstieg
an versiegelter Fläche? „Wir
können uns die starke Zunahme nicht erklären“, sa
Bürgermeister Georg Willi
(Grüne), „und müssen erst die
Datenquellen analysieren.“
Laut WWF wurden Angaben
des Bundesamtes für Eichund Vermessungswesen ausgewertet. „Wir bernühen uns
tatsächlich, Straßenflächen
zu entsiegeln“, betont Bürgermeister Willi. Der Fall sei
das derzeit beim Messepark
oder in der Ingenieur-Etzel-
Straße. „Neuversiegelung gibt
es durch Wohnbau — aber das
erklärt die Zahl nicht.“ Willi
kann der veröffentlichten Untersuchung aber auch Gutes
bgewi Innsbruck liegt
bezüglich der insgesamt versiegelten Fläche im Städtevergleich ziemlich gut.“
........................................
Zunahme der Versiegelung in Prozent
der letzten zehn Jahre in den fünf größten Städten Österreichs
Innsbruck
Salzburg
Graz
Linz
6 9 12 15
SR EEEESEEEEEEEEEHEEECEEESEEEEEEEEEEHE
Versiegelte Fläche pro Kopf
In den fünf größten Städten Österreichs in Quadratmetemn
Linz
Salzburg
Graz
Innsbruck
0 20 40 6 80
..................
100 120
......................
Zunahme der Versiegelung in Hektar
der letzten zehn Jahren in den fünf größten Städten Österreichs
Wien
Graz
Innsbruck
Salzburg
Linz
0 S0 100 150 200 250 300 350 400
Die WWF-Analysen nehmen einige Parteien zum
Anlass, die Arbeit der Bundesregierung zu kritisieren.
„Unsere Städte versinken in
Beton und Asphalt“, meint
etwa Michael Bernhard, Um-
Qualr. WE Östersact
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T
weltsprecher der NEOS im
Nationalrat. „Das Motto muss
lauten: Kein Zaster bei zu viel
Pflaster.“ Würden Gemeinden
zu viel Flächen versiegeln,
sollten sie weniger Geld erhalten, sagt er.
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