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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

„‚Bitte keine letscherten Pilze bringen, die eh unessbar sind‘“, Seite 10

„Bitte keine letscherten Pilze
bringen, die eh unessbar sind“

In der Markthalle bietet das Referat für Lebensmittelaufsicht eine Pilzberatung an. Bei
einem Lokalaugenschein zeigte sich, dass die Frauen ein gutes Händchen haben.

Von Alexandra Plank

Innsbruck —- In der Innsbrucker Markthalle im
1. Stock ganz im Westen
liegt dieser Tage für PilzsammlerInnen das wichtigste Referat der Stadt
Innsbruck. Man muss
Klingeln, um zur Lebensmittelaufsicht eingelassen
zu werden. Zu den Amtszeiten von 8 bis 12 Uhr
kann man Schwammerln
bestimmen lassen.

‚ ‚ Ich gehe viel in
den Wald, um
Beeren und Pilze zu
suchen, bei diesem
bin ich unsicher, der
Schirm ist so hell.“

Frau Sieglinde, Reichenau
(Sammlierin)

Morgens um halb 9 will
Frau Sieglinde (79) von Referatsleiter Andreas Nußbaumer wissen, ob es sich
bei dem Pilz, den sie in
einer kleinen Plastikdose
mitgebracht hat, tatsächlich um einen Steinpilz
handelt. „Ich gehe viel in
den Wald, um Beeren und
Pilze zu suchen, aber bei
diesem bin ich mir unsicher, der braune Schirm
ist so hell“, sagt sie. Sie
hätte noch dunkelbraune
Pilze, die kenne sie. Doch
auch die hellen sind kein
Fehlgriff: Nußbaumer gibt
sein Okay für den Schmaus
mit der Tochter. Auf dem
Speiseplan stehen die panierten Pilze sowie herausgebackene Zucchini.
Der Referatsleiter weiht
uns in die komplexe Welt
der Pilzbestimmung ein.
Er zeigt uns ein Buch, dem
man ansieht, dass es schon

1. Am Stiel lässt sich oft bestimmen, ob es ein Speisepilz ist. 2. Mitunter muss der Pilz aufgeschnitten

werden, um Klarheit zu schaffen. 3. Referatsieiter Andreas Nußbaumer setzt auf Ratgeber, Apps vertraut er nicht. 4. im Büro stehen Anschauungspilze aus Gips. 5. Der giftige Karbol-Egerling. sows: aühm

lange zum Einsatz kommt.
„Wir dürfen keine Pilze
bestimmen, wenn uns nur
die Fotos gemailt werden,
die Leute müssen schon
selber kommen"”, sagt er.
Wichtig sei, dass die Pilze
komplett gebracht werden
und nicht gesäubert sind,
damit die Bestimmung
leichter ist. Eine Bitte hat
der Kenner noch: „Keine

letscherten Pilze bringen,
die eh unessbar sind." In
Tirol gebe es etwa 3000
Pilzarten, 10 bis 20% seien
Speisepilze, eine größere
Gruppe sei essbar, aber
nicht sehr schmackhaft.
„Nur etwa ein Dutzend der
Pilzarten ist hochgiftig“,
sagt Nußbaumer. Wobei
der tödliche Knollenblätterpilz nicht am häufigs-

Seite 6 von 13

ten bei ihm auf dem Tisch
lande: „Heuer haben wir
erst einen Knolli gehabt.”
Der Pilzexperte zeigt uns
anhand seines Bestimmungsbuches, dass es am
leichtesten zu Verwechslungen zwischen Champignon und Karbol-Egerling
komme: „Letzterer riecht
aber nach Desinfektionsmittel, er verursacht

Brechreiz.” Der Experte rät
dazu, Pilze nicht zu häufig zu essen, vor allem am
Abend sei die Kost schwer
verdaulich.

‚ Immer wenn

ich Pilze koche,
ruft meine Nachbarin danach über
den Zaun: ‚Lebst eh
noch?“

Frau Margit, Hall
(Sammlerin)

Inzwischen kommt
Margit (63) mit einer
Schüssel voller Pilze, ob es
sich um Steinpilze handle, will sie wissen. Sie hätte mit Kennern diskutiert,
man habe sich nicht einigen können, das habe
sie verunsichert. Doch
auch in diesem Fall wird
ein Pilzgericht kredenzt
werden. Frau Margit ist
dankbar und erklärt, nun
seien alle Unklarheiten
beseitigt. Nußbaumer ermuntert sie: „Sie können
jederzeit wieder kommen,
besser einmal zu viel als zu
wenig.“ Sein Kollege Wolfram Lux meint, dass man
derzeit regelrecht über die
Pilze stolpere. Er verrät
uns sein Rezept für vegane
Fleischloaberln: „Die Pilze mit Semmelbrösel und
Ei vermischen, Loaberln
formen und rausbraten.”“
Wird ausprobiert, sobald
es Nachschub an Eierschwammerln gibt. Da
täuscht man sich selten.

Frau Margit hat uns übrigens von ihrer besorgten
Nachbarin erzählt. Kocht
Frau Margit Pilze, rufe die
Nachbarin danach immer
über den Zaun: „Lebst eh
noch?*