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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_09_6_Presse_OCR
- S.11
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Kronenzeitung
„Vize will Antworten vom Vize“, Seite 23
Vize will Antworten vom Vize
Innsbrucks 2. Vize-BM Anzengruber (VP) verteilt großzügig Freizeitkarten an Einsatz- und
Pflegekräfte, Stadtsenat und Stadtpartei wissen von nichts. FP-Vize Lassenberger ist sauer.
PHILIPP NEUNER
Tiroler Politik
Inoffiziell
nnsbrucks 2. Vize-Bür-
germeister Johannes An-
zengruber scheint schon
prächtig in Wahlkampflaune zu sein. Unlängst verteilte er Freizeit-Erlebniskarten
an alle 984 Mitglieder der
Freiwilligen Feuerwehren
Innsbrucks. Vor Kurzem
folgten weitere 130 Karten
an Dienstnehmer und -innen
des Pflegeheims St. Josef
am Inn. Inhaber dieser Karten erhalten für Begleitpersonen vergünstigten Eintritt
zu 150 Tiroler Freizeiteinrichtungen. So weit, So gut.
Wie die Aktion bei den
Beschenkten angekommen
ist, zeigt die Reaktion des
Bezirksfeuerwehrverbandes:
In einem Dankesschreiben
ist die Rede von einer „großzügigen Geste des Vizebürgermeisters und der Stadt
Innsbruck“. Nur: Die Stadt
weiß nichts davon. Wäre sie
eingebunden gewesen, müssten dazu ein Akt und ein
Stadtsenatsbeschluss existieren. Es hätte eine Diskussion geben müssen, wer in
den Genuss der Vergünstigungen kommt. Beides liegt
nicht vor, wie „Krone“-Recherchen ergaben. Auch die
Stadt-OVP weiß von nichts:
„Das ist weder eine Initiative der Partei noch war sie
mit ihr abgestimmt“, heißt
es dazu aus der Zentrale in
der Fallmerayerstraße.
Die Sache ist auch deswegen brisant, weil noch unklar ist, wer sie finanziert
hat. Waren die Karten, deren Gültigkeitsdatum laut
Begleitschreiben mit
31.12.2023 beschränkt ist,
ein Geschenk der Betreiberfirma an _ Anzengruber?
Dann hätte er das nie annehmen dürfen, weil das mit
dem Parteienfinanzierungsgesetz kollidiert. Was aber
wohl noch schwerer wiegt:
Die Betreiberfirma unterhielt geschäftliche Kontakte
zur Stadt Innsbruck — genauer gesagt zu Ressorts, die
Anzengruber zugeteilt sind.
Wenn er die Karten nicht
geschenkt bekommen hat,
bleibt noch die Möglichkeit,
dass er sie selbst gekauft hat.
Dann hätte der spendable
Vize aber mehr als 100.000
Euro laut Listenpreis auf
den Tisch legen müssen —
außer, er erhielt einen Spezialrabatt zum Beispiel wegen des nahenden Ablaufdatums oder wegen vorange-
gangener guter Geschäftsbeziehungen. Sollte Anzengruber die Aktion aus eigener
Tasche bezahlt haben, dann
hat er als Privatperson gehandelt und hätte das Begleitschreiben nicht mit „Vize-Bürgermeister“ unterschreiben dürfen, denn damit erhielt die Aktion ja offiziellen Charakter.
Die „Tiroler Krone“ bat
Anzengruber um Klärung
der Kernfrage, wer die Aktion bezahlt hat. Doch bis
Redaktionsschluss war der
schwarze Vize-Bürgermeister für eine Stellungnahme
nicht zu erreichen.
Anzengruber wird aber
bald erneut Gelegenheit bekommen, für Transparenz
zu sorgen. Denn Markus Lassen er, sein blaues Pendant im Vizebürgermeisteramt, plant eine Dringende
Anfrage dazu im nächsten
Gemeinderat. „Ich will wis-
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Vize-BM Markus
Lassenberger (li.)
will Antworten
von seinem
VP-Pendant
Johannes
Anzengruber.
Kr u 0 rarla r r k
sen: Wer hat das alles bezahlt und was hat es gekostet?“ Sollte Anzengruber die
Karten selbst geschenkt be-
kommen haben, sei das
strafrechtlich relevant.
„Sollte er sie selbst gekauft
haben, hat er als Privatperson gehandelt. Dann betreibt er aber Wahlkampf
mittels Stimmenkauf. Ich
bin auch bei der Feuerwehr.
Als die Karte kam, habe ich
sofort gesagt, dass das nicht
geht. Ein schweres Foul“, ist
Lassenberger sauer.
Die Causa wird die Stadtpolitik wohl noch länger beschäftigen. Denn mit Anzengruber ist ein Politiker in
sie verwickelt, der stets betont, besonderen Wert auf
Transparenz und „saubere
Politik“ zu legen. Warum er
aber seine eigene Partei bei
Aktionen wie dieser so im
Dunkeln lässt, das passt da
nicht so recht ins Bild.