Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_09_7_Presse_OCR
- S.9
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Kronenzeitung
„Anzengrubers Basis freut sich“, Seite 24
Foto: DanielLiebl
BM Willi soll als
Bezirkshauptmann eine
Prüfung der
Vorgänge um
Anzengruber
(re.) einleiten,
fordern die
Neos. FP-Vize
Lassenberger
(li.) erlangt
ebenfalls
Aufklärung.
Anzengrubers Basis freut sich
„Die Basis“ soll laut Vize Anzengruber entscheiden, wer Spitzenkandidat der ÖVP wird. Mit
Geschenken an selbige hat er bereits vorgebaut. Die Affäre weitet sich unaufhaltsam aus!
ine Mitgliederbefra-
E gung verlangt Vize-BM
Hannes Anzengruber in-
nerhalb seiner Partei, um zu
entscheiden, wer Bürgermeisterkandidat der OVP in
Innsbruck wird. In einem
Schreiben an LH Anton
Mattle hat er ihm das auch
ganz klar ausgerichtet.
Einmal abgesehen davon,
dass in den Statuten der
OVP Derartiges gar nicht
vorgesehen ist, erscheint
Anzengrubers Idee vor dem
Hintergrund seiner jüngsten
Verteilaktion in einem neuen Licht. Denn zuerst 1100
Freizeitkarten an Institutionen zu verteilen, für die er
politisch zuständig ist, und
gleichzeitig die Einbindung
von Wählern in strategische
Entscheidungen zu fordern,
ist ein Manöver, das nicht
schwer zu durchschauen ist.
Interessant auch in diesem
Zusammenhang, dass Anzengruber bei seiner eigenen
Bestellung zum Vize-Bürgermeister großzügig auf die
Mitsprache der Basis verzichtet hat. Da waren die allein getroffenen Entscheidungen der Parteigremien
offenbar noch gut genug.
Gestern tauchten weitere
Meldungen auf, wonach es
nicht bei diesen 1100 an
Feuerwehr-Leute und Pflegekräfte verteilten Karten
geblieben ist: Auch Mitarbeiter der Innsbrucker Soziale Dienste (kolportiert
1400), Wasserrettung, Rotes Kreuz und Bergwacht
wurden offenbar reich beschenkt — teilweise mit Bild
des lächelnden Vizes Anzengruber. In Summe sollen angeblich rund 4000 Karten
verteilt worden sein.
Die anderen Parteien sind
nicht gewillt, die Verteilaktion kritiklos hinzunehmen.
Auch die Grünen, die bislang Anzengruber immer
gegen seine eigene Partei
verteidigt haben — was allein
schon ein Gustostückerl für
sich ist —, gehen auf Distanz.
Sie fühlen sich vor den
Kopf gestoßen: „Anstatt an
eine ausgewählte Gruppe
Sachen zu verteilen, sollte
Anzengruber in das große
Ganze investieren. Die Innsbruck Aktiv Card, wie von
uns vorgeschlagen, würde
soziale Teilhabe für ressourcenschwache Menschen bedeuten“, sagt Grün-Klubob-
PHILIPP NEUNER
Tiroler Politik
Inoffiziell
mann Dejan Lukovic. Darüber hinaus erwarte man sich
vom Bürgermeister-Stellvertreter „eine gute Erklärung,
wie es zu diesen Verteilungen kam“.
SP-Stadtparteichef Benjamin Plach, selbst Jurist, sieht
„den Ablauf der gesamten
Aktion aus rechtlicher Sicht
äußerst problematisch“. Er
erwarte sich hier „volle Aufklärung“. Die Weitergabe
geschenkter Karten sei „keine Formalität, hier sind
ganz klar die entsprechenden Gremialbeschlüsse zu
fassen“. Plach ortet „klare
Kompetenzüberschreitung“.
„Eine völlig abgehobene,
schamlose Aktion“, urteilt
Neos-GR Julia Seidl: „Aus
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meiner Sicht müsste der
Bürgermeister als Bezirkshauptmann aktiv werden
und die Sache rechtlich
überprüfen lassen, denn als
Mandatsträger ist der Vize
ein Bediensteter der Stadt
Innsbruck. Wir behalten uns
jedenfalls weitere rechtliche
Schritte vor.“
„Die bekannt gewordenen
Vorwürfe wiegen schwer“,
sagt Liste-Fritz-GR _ Tom
Mayer: ‚„Die Vorgehensweise von OVP-Vize Anzengruber ist für uns als Kontroll-
Partei intransparent und
aufklärungsbedürftig, nicht
nachvollziehbar und undemokratisch. Er schadet damit den Beschenkten, sich
selbst und dem Ansehen der
Stadt Innsbruck.“
Von der VP rückte gestern
niemand zur Verteidigung
der Aktion aus. Auch Anzengruber selbst nicht — obwohl er sonst bei jeder Gelegenheit Transparenz und
„saubere Politik“ einfordert.
Von Deeskalation ist bei
der Stadt-OVP nichts zu sehen. Im Gegenteil, die Zeichen stehen auf Sturm. Und
niemand will als Krisenfeuerwehr einschreiten.