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Jahr: 2025

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Tiroler Tageszeitung

„Proteste proben im Museum“, Seite 5

Proteste proben im Museum

Kinder sollen bei einem Workshop im Volkskunstmuseum lernen, wie sie Demoschilder basteln.
Das sorgt für Irritation. Kulturvermittler Alexander Moser erklärt, was es damit auf sich hat.

Innsbruck — Karton, etwas
Farbe, ein knackiger Spruch —
und zack, fertig ist das perfekte Plakat für den nächsten
Protest gegen den Klimawandel oder für mehr Parkplätze.
Wie sich Demoschilder gut
gestalten lassen, sollen Kinder ab sieben Jahren Ende
Juli bei einem Workshop im
Volkskunstmuseum in Innsbruck lernen. Das sorgt im
Vorfeld für Kopfschütteln,
auch der TT haben irritierte
Leser geschrieben. Kulturvermittler Alexander Moser, der
die Veranstaltung leitet, kann
die Aufregung nicht ganz
verstehen.

Foto: Martin Vandory

‚ Mit Kindern zu

diskutieren, kann
ich nur jedem empfehlen. Es ist sehr erkenntnisreich.“

Alexander Moser
(Kulturvermittler)

Herr Moser, haben Sie selbst

auch schon mal ein Demo-

schild gebastelt?
Alexander Moser: Ja, beim
„Fest der Vielfalt“, das im Juni
im Tiroler Volkskunstmuseum
stattfand. Wir als Team der
Kulturvermittlung haben im
Rahmen der Euregio-Ausstellung „Gerecht? Geschichten
über soziale Ungleichheiten“
einen Workshop für Kinder
und Familien durchgeführt,
der sich mit der Frage „Was ist

gerecht?“ beschäftigt. Dabei
habe auch ich ein Demoschild
mit der Botschaft „We are the
world“ gestaltet: mein persönlicher Aufruf zur globalen Solidarität in Zeiten von Krieg und
Krisen.
Ein Workshop, bei dem Kindern die Möglichkeit geboten
wird, ebensolche Plakate zu
gestalten, stößt manchen
Tirolerinnen und Tirolern
sauer auf. Haben Sie auch
schon negative Reaktionen
erhalten?
Moser: Wir haben bisher keine negativen Rückmeldungen
von Museumsbesucherinnen
oder Museumsbesuchern erhalten. Im Gegenteil, unsere
Arbeit wird sehr positiv wahrgenommen.
Von Beeinflussung bis hin
zu einer Ausbildung für Aufwiegler sprechen die Kritiker der Aktion. Was sagen
Sie dazu?
Moser: Unser Workshop
knüpft thematisch an unsere
Ausstellung an, die sich mit 34
Objekten aus verschiedenen
regionalen Tiroler Museen
epochenübergreifend mit Fragen sozialer Gerechtigkeit und
Ungerechtigkeit beschäftigt,
mit der Entwicklung demokratischer Grundrechte. Wir geben den Kindern die Möglichkeit, ihre eigenen Gedanken
dazu kreativ zum Ausdruck zu
bringen. Keinesfalls wollen wir
sie in eine politische Richtung
drängen oder gar manipulieren. Kinder haben meiner Erfahrung nach nämlich einen
ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.
Wie kam es zur Idee mit dem
Protest-Bastelkurs?
Moser: Die Idee knüpft, wie
bereits erwähnt, an die Ausstellung an, in der es auch um
die Entwicklungsgeschichte
demokratischer Grund- und

Die Kinder sollen nicht in eine politische Richtung gedrängt oder gar manipuliert werden, sagt Kulturvermittler

Alexander Moser. Vielmehr gehe es darum, ihr demokratisches Verständnis zu schärfen.

Menschenrechte geht. Die
Ideen für Bildungs- und Vermittlungsangebote entstehen
im Team unter der Leitung von
Katharina Walter.
Die Veranstaltung ist für Buben und Mädchen ab sieben
Jahren gedacht. Ist das nicht
etwas jung, um sich mit den
Problemen der Welt auseinanderzusetzen?
Moser: Museen verstehen
sich als Orte der Bildung und
Diskussion für gesellschaftliche Fragestellungen - und
zwar für alle Altersstufen. Es
ist realitätsfern anzunehmen,

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Kinder würden nichts von den
gegenwärtigen Problemen der
Welt mitbekommen. Umso
wichtiger ist es deshalb, ihre
Anliegen zu hören und diese
ernst zu nehmen. Mit Kindern
zu diskutieren, kann ich nur
jedem empfehlen. Es ist sehr
erkenntnisreich.

Wer gibt den Kindern die

Themen für ihre Schil-

der vor?
Moser: Die Kinder wählen ihre
Themen grundsätzlich selbst
aus. Wir gehen mit ihnen im
Vorfeld durch die Ausstellung,
stellen die gezeigten Exponate

Symbolfoto: Axel Springer

in einen historischen Kontext
und überlegen gemeinsam,
welche Geschichten ihre eigene Lebensrealität berühren.
Daraus entstehen eigene Ideen
für ihre Anliegen.

Wann ist die Veranstaltung

für Sie ein Erfolg?
Moser: Wenn junge Menschen
uns mit Begeisterung besuchen und fragen, wann das
nächste „coole Programm“
stattfindet, dann empfinde ich
das als Erfolg.

Das Gespräch führte
Benedikt Mair