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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_05_5_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Eine elementare Herausforderung“, Seite 4
Eine elementare H€I"EIIISfOI‘(EI" ung _
Knapp 39 Prozent aller
Kindergartenkinder in Innsbruck
sind nichtdeutscher Muttersprach
Tirolweit liegt die Quote bei über.
19 Prozent. Praktikerinnen und
Politik haben daran zu knabbern.
«
Von Manfred Mitterwachauer
und Liane Pircher
Innsbruck — Fast jede(r) Dreibis Sechsjährige kennt es:
Im Kindergarten wird in der
Früh mit dem so genannten
Morgenkreis in den Tag gestartet. Nicht jedes Kind in
einer Tiroler Gruppe versteht
allerdings, was gesagt wird:
„Wir arbeiten immer öfter
mit der Realität, dass in einer
Gruppe mehrere Kinder mit
verschiedensten Erstsprachen sind, die zu Hause kein
Deutsch sprechen und mich
nicht verstehen“, erklärt eine
Innsbrucker Elementarpäd-
‚ Derzeit werden die
Eltern viel zu wenig
ins Boot geholt - mit drei,
vier Stunden Kindergartenzeit am Vormittag ist
es nicht getan.“
Elementarpädagogin
(Name der Redaktion bekannt)
agogin (Name der Redaktion bekannt). Sie arbeitet seit
Jahren in einem so genannten
Brennpunktkindergarten — also einer Einrichtung mit einem besonders hohen Anteil
von Kindern mit Migrationshintergrund. Anders als früher seien es heute auch nicht
nur mehrheitlich türkischstämmige Kinder, die zu betreuen sind: „Wir haben Kinder aus Georgien, Rumänien,
Bosnien, Syrien, der Ukraine
und anderen Kulturkreisen.“
Für nahezu vier von zehn
Kindergartenkindern in Inns-
Landtag
debattiert
Pilotprojekt
Innsbruck - Die im
Herbst startenden sechs
Pilotregionen für den
von VP/SP forcierten
„Rechtsanspruch auf
Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes“
werfen noch viele Fragen auf. Die Grünen
thematisieren dies am
Mittwoch in der Fragestunde des Landtages
und fordern von Bildungslandesrätin Cornelia Hagele (VP) Ant-
worten ein. (mami)
bruck ist Deutsch nicht die
Erstsprache. Aktuell gilt dies
für 1178 von 3027 betreuten
Kindern in dieser Altersgruppe. Das geht nun aus einem
Statistikbericht des Landes
zur Lage der Kinderbetreuungseinrichtungen 2024/25
in Tirol hervor. Mit knapp
39 Prozent führt Innsbruck
das Bezirksranking klar an —
mit 23 Prozent und knapp 20
Prozent folgen Kufstein und
Reutte bereits mit deutlichem
Respektabstand. Am geringsten ist der Anteil der Kleinen
mit anderer Muttersprache
als Deutsch im Bezirk Lienz
(rund 5%).
Spiegel der Siedlungsstruktur
Elisabeth Mayr (SP) ist nicht
nur Vizebürgermeisterin in
Innsbruck, sondern auch seit
Jahren für die Bildung ressortzuständig. Dass der Deutsch-
Wert für Innsbruck nur einen
Durchschnitt darstellt, weiß
sie. Und somit auch, dass es
unter den 33 Kindergärten in
der Stadt auch solche mit einem weit höheren Anteil als
den 39 Prozent gibt. „Natürlich spiegelt sich hier auch
die Siedlungsstruktur wider“,
sagt Mayr, ohne Standorte zu
nennen. Eine Sprengeleinteilung wie bei den Volksschulen gibt es aber in Innsbruck nicht. Dennoch gelte
es über 50 Nationen und über
100 Sprachen unter einen
Hut zu bringen. Und das quer
durch alle sozialen Schichten.
„Es nimmt aber auch der Anteil jener Kinder mit Erstsprache Deutsch zu, die trotz-
dem eine Sprachförderung
brauchen“, lässt Mayr nicht
unerwähnt.
Wer denkt, Kinder würden
spielerisch und automatisch
von Gleichaltrigen Deutsch
als Zweitsprache lernen, liegt
falsch: „Es ist das Natürlichs-
‚ ‚ Dafür fehlen uns
einfach Zeit und
Ressourcen.“
Elementarpädagogin Innsbruck
(Name der Redaktion bekannt)
te der Welt, dass Kinder am
liebsten mit Kindern spielen,
die auch ihre Muttersprache
fehlen uns einfach Zeit und
Ressourcen. Aktuell betreut
eine Pädagogin mit ihrer Assistentin 20 Kinder - so ist das
nicht machbar“, erzählt eine
andere Pädagogin, die auf
Sprachförderung spezialisiert
ist. Ihren Namen will sie genauso wenig in der Zeitung
lesen wie ihre Kollegin. Seitens des Landes würde man
zwar in Kombination mit der
Sprachstandserhebung immer vom „alltagsintegrierten
Arbeiten“ reden, wenn es um
Sprachförderung geht, aber
das sei unter den derzeitigen
Arbeitsbedingungen schwer
machbar. Auch die Möglich-
Die prachigkeit in der Gruppe wäre prinzipiell kein Problem, wenn
man mit den Kindern gezielt
in Kleingruppen am Deutsch
arbeiten könnte, aber dafür
keit, ı
zende Kräfte zu beantragen,
helfe wegen des ohnehin akuten Personalmangels nur begrenzt: „Der Personalmangel
führt insgesamt dazu, dass
Innsbruck — In der Diskussion um den Rechtsanspruch auf Vermittlung
eines Kinderbetreuungsplatzes - VP/SP planen
diesen flächendeckend in
Tirol ab dem Kindergartenjahr 2026/27 - werde
der Aspekt der Migration
ausgeklammert, kritisiert
FP-Innsbruck-Gemeinderat Fabian Walch: „Vizebürgermeisterin Mayr
beklagt selbst, wie viel
FP: „Migration hemmt
die Kinderbetreuung“
Innsbruck allein für die
Deutschstützkräfte berappen muss. Nur sie zieht die
falschen Schlüsse. Sie will
einfach mehr Steuergeld,
aber die Lösung lautet:
Stoppt den Bevölkerungsaustausch.“ Ohne (Familien-)Zuzug bräuchte es weniger Betreuungspersonal,
so Walch: „Deutschstützkräfte wären ohnehin obsolet. Es braucht jetzt eine
Trendumkehr.“ (mami)
schlicht zu wenig Zeit bleibt,
um möglichst allen Kindern
gerecht zu werden. Man darf
nicht vergessen, dass die Anforderungen an die Kindergärten in den letzten Jahrzehnten insgesamt gestiegen
sind.“ Man müsste auch stärker an den Förderrichtlinien der Sprachförderbudgets
(von Bund und Land) feilen:
„Derzeit werden die Eltern
viel zu wenig ins Boot geholt,
mit drei, vier Stunden Kindergartenzeit am Vormittag ist es
nicht getan. Es gäbe hier gute
Konzepte, aber die scheitern
daran, dass sie den Richtlinien der Geldförderung nicht
entsprechen“, sagt die Pädagogin resignierend.
Sozialarbeit an Kindergärten
Auch Mayr betont, dass die
Sprachförderung so früh wie
möglich einsetzen müsse.
Dabei dürfe dies alles aber
nicht auf Kosten der Erstsprache Deutsch gehen. Das Land
hat der Stadt finanzielle Mittel zur Sprachförderung gekürzt - die TT berichtete. Mit
Verweis auf das Pilotprojekt
„Rechtsanspruch“ und die
Tarife. Mayr kritisiert das,
Was den Assistenzeinsatz betreffe, führe das zwar nicht zu
weniger Personal, aber wohl
zu weniger Stunden: „Wir
machen bei der Sprachförderung keinen Schritt zurück.“
Kämen Kinder nichtdeutscher Muttersprache zudem
aus armutsgefährdeten Haushalten mit Eltern, die einen
geringeren Bild and
aufweisen, so Mayr, „sind
die Herausforderungen weit
größer“. Dem will Innsbruck
nun mit einem eigenen Referat für Kindergarten-Sozialarbeit und einem „TeamMobil“
entgegenwirken. Dieses soll
unterstützend in den Einrichtungen tätig werden.
Der Schlüssel liege einfach in genügend Personal-
Ressourcen, sagt eine Prak-
Foto: Sprimger
Wir machen da
keinen Schritt
zurück. Je früher die
Förderung einsetzt,
desto besser.“
—_
»
Elisabeth Mayr (Vizebürgermeisterin Innsbruck; SPO)
tikerin, die anonym bleiben
will: „Kinder lernen schnell,
sie wollen auch lernen und
dazugehören. Wenn man
Kindern vermittelt, dass ihre
Sprache schlecht oder falsch
ist, dann tut man der ganzen
Gesellschaft keinen Gefallen.
Es hilft auch nicht, wenn einheimische Eltern ihre Kinder
dann in teure Privatkindergärten tun, um einem hohen
Migrationsanteil in Gruppen
zu entk 4
Kindergartenkinder 2024/25 nach Erstsprache und Bezirk (Quelle: Land Tirol)
Deutsch:
1849 — 61,1%
1760 — 87,3%
4784 — 83,0%
1449 — 87,6%
2622 — 276,8%
1228 — 86,4%
1459 — 951%
754 — 80,2%
2287 — 821%
Erstsprache
nicht Deutsch:
1178 — 38,9%
255 —> 127%
983 — 17,0%
205 —> 12,4%
794 —> 23,2%
194 —> 13,6%
75 3n 4,9%
186 —> 19,8%
497 —> 17,9%
Ka K K 4367 (19,4%)
Seite 6 von 12
Krippen & Horte
king „führt“ Reutte (22,9 %)
vor Kufstein (20,4 %) und der
Stadt Innsbruck (20,3 %).
Den geringsten Anteil weist
der Bezirk Lienz (3,6 %) auf.
gefolgt
vom Bezirk Landeck (33,1%)
und Schwaz (26,9 %).