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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_05_16_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Budgetsanierung auf Inklusions-Kosten“, Seite
Budgetsanierung auf Inklusions-Kosten
Vor 40 Jahren wurde der Verein „Mohi“ gegründet - und hat in der Behindertenhilfe seither viel erreicht.
Doch nun droht ein Landes-Sparpaket mit Personal- und Angebotskürzungen. Der Widerstand formiert sich.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck —- In 40 Jahren Behindertenarbeit hat sich in
Tirol einiges getan. Eine Geschichte, die auch untrennbar mit dem gemeinnützigen
Verein „Mohi“ und —- einige
Jahrzehnte später - mit dem
Dachverband „ARGE Sodit“
verbunden ist. „Wir waren
oft genug lästig“, zitiert AR-
GE-Obmann und Mohi-Geschäftsführer Ludwig Plangger nicht ohne Stolz einen
früheren Tiroler Soziallandesrat. Und meint damit die
oft hart ausgetragenen Gefechte mit der Landespolitik.
‚ ‚ Hier geht es nicht
um Almosen,
sondern um Rechte. Wir
werden uns mit allen
Mitteln wehren.“
Ludwig Plangger
(Geschäftsführer Mohi-Tirol)
Aus einer kleinen Initiativgruppe entstanden, entwickelte sich Mohi zum ersten
mobilen Dienstleistungsanbieter im Behindertenbereich
Tirols. „Was damals noch als
exotisch galt, ist heute normal“, blickt Plangger zurück.
Der jüngste „Spross“ ist die
sozialpsychiatrische Unterstützung. Heute ist man stolz
darauf, dass Tirol im Österreichvergleich eines der
fortschrittlichsten Teilhabegesetze hat. Eines mit Rechtsanspruch auf Teilhabe und
verankerten Leistungen.
Rückschritt droht
Errungenschaften, die nun
ausgerechnet zum 40-Jahr-
Jubiläum zur Disposition gestellt werden könnten, wie
Plangger am Donnerstag
eindringlich warnte. Millionenschwere Einsparungen in
der Behindertenhilfe durch
die schwarz-rote Landesregierung habe man zu Jahresbeginn noch abwenden
können, sagt Plangger. Wie
das Aussetzen der Indexierungsabgeltung für die Mitarbeitergehälter oder auch
die Abschaffung der Pflege-
Zuschläge im Schwerstbehindertenbereich. Das Land
wollte sich damit rund 26 Mil-
lionen Euro ersparen. Auch
auf die finanzielle Umsetzung
des erst erstellten „Bedarfsund Entwicklungsplans“ warte man bis dato vergeblich.
Das sei keine Fleißaufgabe,
sondern laut Teilhabegesetz
Pflicht, warnt Plangger.
Für das in Erstellung befindliche Doppelbudget befürchten die Vereine nun ähnliche Hiobsbotschaften aus
dem Landhaus (siehe Artikel
M
Sind alarmiert: Mohi-Geschäftsführer Ludwig Plangger und Luise Schnur
(Leiterin sozialpsychiatrische Unterstützung in der Mohi).
&_ integration.
rL
Gesetz hui, Realität pfui? In der Teilhabe droht Tirol ein Rückschritt, sollte der Rotstift angesetzt werden. Symboltoto: Falk
nklusive Alltagsbegleitung
Foto: Mitterwachauer
rechts). Erste Signale hierzu
will man bereits vernommen
haben. Konkrete Zahlen hat
Plangger noch keine vorliegen. So oder so seien aber
die Konsequenzen aus einem
drohenden Sparpaket für Betroffene wie Mitarbeiter leicht
auszumalen: Personalreduktion, Angebotsreduktion,
längere Wartelisten bei den
einschlägigen Einrichtungen.
In Summe ein Rückschritt al-
„Mohi“ & „Sodit“
Mobile Begleitung „Mohi“:
Sie wurde vor 40 Jahren
als gemeinnütziger Verein
gegründet. Zielgruppe sind
Menschen mit Behinderung,
psychischen Erkrankungen,
Suchtproblemen, Menschen
mit HIV/Aids und sozial ausgeschlossene Menschen.
„ARGE Sodit“: In dieser haben sich 32 Vereine und Institutionen (rd. 4000 Mitarbeiter)
zusammengeschlossen.
ler Inklusions-Bemühungen.
„Hier geht es nicht um Almosen, sondern um Rechte. Die
Politik will nicht wahrhaben,
dass die Qualität unter den
möglichen Kürzungen leiden
wird.“ Ein bloßer Erhalt des
Status quo wäre das aber bereits, so Plangger: „Sollte das
Land tatsächlich massiv eingreifen, werden wir uns deutlich artikulieren - und uns mit
allen Mitteln wehren.“
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Pawlata schließt
Kürzungen nicht aus
Innsbruck - Dementis klingen anders. Sollten Sparpläne im Sozialbereich nötig werden, würden diese
sozial verträglich sein, versichert Soziallandesrätin
Eva Pawlata (SP) gestern
auf Anfrage der 7T. Sie will
sich noch nicht in die Karten blicken lassen. Schließlich lägen aktuell noch keine Budgetzahlen vor. Die
Kritik aus den Reihen der
Tiroler Sozialvereine ist ihr
längst zu Ohren gekommen. Und auch dass insbesondere die Arge Sodit und
‚ ‚ Sollte ich gezwun-
gen sein, Einsparungen vorzunehmen,
werde ich alles daransetzen, dies so verträglich wie möglich zu
gestalten.“
Eva Pawlata
(Soziallandesrätin, SP)
„Mohi“ um die Errungenschaften und ihr Budget zu
kämpfen bereit sind.
„Oberstes politisches
Ziel ist es, den Handlungsspielraum zu behalten, um die gestiegenen
Lohnkosten auch in den
kommenden Jahren auszugleichen“, verweist Pawlata unter anderem auf die
heuer im Bereich der Behindertenhilfe angefallene
Gehälter-Indexierung im
Ausmaß von rund elf Millionen Euro. Der Erhalt des
Status quo habe Einsparungen im laufenden Jahr
unumgänglich gemacht.
Pawlata bestätigt weiters,
dass es Pläne gab, den pauschal gewährten Zuschlag
für die Intensivbegleitung
in der Behindertenarbeit
„leicht nach unten zu senken“. Nach Rücksprache
mit den Träger-Einrichtungen habe man davon aber
wieder Abstand genom-
men. Der Kompromiss: Die
volle Tarif-Indexierung sei
erst ab März erfolgt. Es sei
ihr bewusst, bedankt sich
Pawlata bei den Vereinen,
dass auch dieser Verzicht
auf zwei Monate „einen
nicht unerheblichen Beitrag darstellt“.
Was indes die Erstellung
des von Landeshauptmann Anton Mattle (VP)
vorgegebenen Doppelbudgets 2026/27 angehe,
so bestätigt Pawlata, dass
sich die Finanzlage des
Landes weiterhin „schwierig“ gestalte. Noch warte
auch sie auf Zahlen - man
werde die Sozialeinrichtungen aber informieren,
„um rechtzeitig auf die
geänderten Umstände reagieren zu können“.
Pawlata schließt also
nicht aus, dass die budgetären Nöte des Landes auch
den Rotstift im Sozialbereich nötig machen könnten. Die Standards sollen
aber gehalten werden: „Ein
gemeinsames Vorgehen
mit den Sozialeinrichtungen halte ich für absolut
notwendig, um dieses Ziel
zu erreichen.“ (mami)
Soziallandesrätin Eva Pawlata
(SP) steht in der Pflicht. _ Foto: Falk