Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_01_8_Presse_OCR
- S.10
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Der Standard
„Erste Hilfe in der Not“, Seite 20
8.1.2025
Eine mit Betroffenen entwickelte Onlineplattform
schlüsselt auf, welche Einrichtung für bestimmte
soziale Notsituationen die richtige Anlaufstelle ist.
Die Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg
ziehen bei dem Projekt mit.
Raimund Lang
er Hilfe benötigt, ob in
finanzieller, gesundheitlicher oder sonstiger Notlage, findet in
Österreich für fast jedes Anliegen eine passende Anlaufstelle. Doch das Angebot an sozialen Unterstützungsleistungen ist oft unübersichtlich. Hilfesuchende sehen sich nicht
selten mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, erst einmal herauszufinden, an wen
man sich überhaupt wenden kann oder soll.
Dabei besteht die Gefahr, dass man resigniert
und die Schwierigkeiten noch größer werden.
Eine niederschwellige Lösung bot schon
bisher der sogenannte Sozialroutenplan. Dabei handelt es sich um eine Broschüre, die Organisationen, Ämter, Hilfs- und Beratungsdienste nach Art der benötigten Sozialleistung
übersichtlich auflistet. Zusätzlich sind Öffnungszeiten, Kontaktdaten und öffentliche
Anfahrtsmöglichkeiten angeführt.
Die Idee zum Sozialroutenplan stammt von
Andreas Exenberger, assozlierter Professor
für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der
Universität Innsbruck, der für die Tiroler Landeshauptstadt den ersten Sozialroutenplan
ausgearbeitet hat. Seit einigen Jahren gibt es
auch einen für die Stadt Salzburg, für den das
Internationale Forschungszentrum für sozia-
le und ethische Fragen (IFZ) verantwortlich
zeichnet. Im Rahmen eines vierjährigen Projekts, das Ende 2024 abgeschlossen wurde,
konnten diese Insellösungen jetzt in zweifacher Hinsicht deutlich erweitert werden.
Einerseits erfolgte eine Digitalisierung des
Sozialroutenplans in Form einer kostenlos zugänglichen Webseite. Zum anderen steht der
soziale Informationsservice nun nicht mehr
nur für einzelne Städte, sondern für die gesamten Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg zur Verfügung. An dem Projekt waren
vier wissenschaftliche Partner (Uni Innsbruck, IFZ, FH Vorarlberg und MCI) sowie
mehr als ein Dutzend Sozialeinrichtungen beteiligt. Das Budget betrug rund 1,72 Millionen
Euro, wovon die Forschungsförd, ‚gsgesell
schaft FFG 472.500 Euro im Rahmen des Laura-Bassi-4.0-Programms beisteuerte.
Armutsforschung als Basis
Das Projekt ging weit über die reine Erstellung einer webbasierenden Datenbank hinaus, betont Michaela Rohrauer, Geschäftsführerin des Salzburger IFZ. „Die Besonderheit ist die wissenschaftliche Begleitung“, sagt
sie. „Man hat es nicht als reines IT-Projekt aufgesetzt, sondern versucht, es in einen wissenschaftlichen Kontext einzubetten, etwa in die
Armutsforschung.“ Bei der Erstellung der
Webseite flossen außerdem Erkenntnisse aus
dem sogenannten Service Design Thinking
ein. Diese Produktentwicklungsmethodik
versucht systematisch, sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe zu orientieren.
So waren bei der Entwicklung des digitalen Sozialroutenplans jene Menschen eng eingebunden, deren Probleme er adressiert. Auch
die Erwartungen diverser Sozialeinrichtungen an diese Dienstleistung wurden erhoben.
Zwischenergebnisse wurden mittels verschiedener Methoden reflektiert, beispielsweise in
Fokusgruppen. Begleitend fand außerdem ein
Fachgespräch mit Experten zum Thema Digitalisierung in der sozialen Arbeit statt.
Ein niederschwelliger Zugang für die Anwender war ein leitendes Prinzip der Entwicklung. Durch Verwendung von Leichter Sprache, Mehrsprachigkeit und einem übersichtlichen Aufbau soll darauf Rücksicht genommen werden, dass Menschen, die unter Druck
stehen, oft wenig Frustrationstoleranz aufweisen. „Wer keine für ihn oder sie passenden
Resultate bekommt, schließt die Seite wahrscheinlich gleich wieder und macht sie nie
wieder auf“, meint Rohrauer.
Ein erster Prototyp der Webseite wurde in
Gruppen und Einzelsettings rund 500-mal getestet und unter Berücksichtigung der Feedbacks bereits angepasst.
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Kinderarmut ist auch in Österreich ein
großes Problem. Betroffene sollen sich
leichter einen Überblick über
Hilfsangebote verschaffen können.
Die offizielle Vorstellung der Webseite erfolgt zwar erst im Frühjahr 2025. Doch sie ist
bereits jetzt unter sozialroutenplan.at nutzbar.
Auf der Startseite hat man die Möglichkeit,
unter 16 Kategorien auszuwählen, darunter
Geld, Beziehung, Wohnen, Behinderung oder
Rechtsberatung. Die Abfrage lässt sich durch
Subkategorien, den Wohnort, das Alter und
Geschlecht weiter einschränken. Zuletzt erhält man übersichtlich aufbereitet eine Liste
mit passenden Anlaufstellen.
Schneller Zugang im Notfall
Zudem gibt es einen Notfallbutton, der direkt zu einer Seite mit wichtigen Kontakten
wie Polizei, Feuerwehr und Rettung, aber
auch Diensten wie Telefonseelsorge, Weißer
Ring oder Vergiftungszentrale führt.
Die Leistungsfähigkeit eines Services wie
des digitalen Sozialroutenplans steht und fällt
mit der Qualität und der Vollständigkeit der
Einträge. „Das Ganze lebt davon, dass sich
möglichst viele Einrichtungen eintragen“, bestätigt Rohrauer. Künftig soll deshalb ein Mitarbeiter zur Verfügung stehen, der für die
Pflege des Webservice zuständig ist. Die Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg haben bereits zugestimmt, diesen Arbeitsplatz
gemeinsam zu finanzieren.
F www.sozialroutenplan.at