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Jahr: 2024

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Tiroler Tageszeitung

„Faire Bedingungen für die freie Kulturszene“, Leserbrief, Seite 11

Faire Bedingungen für
die freie Kulturszene

Thema: Frage des Tages: „Die
freie Kulturszene leidet unter
Kürzungen oder stagnierenden
Budgets, viele hoffen auf private
Spenden. Würden Sie spenden?“
TT, 16.12.

ie Frage des Tages vom

16.12.2024 wollte wissen, ob Menschen für die
freie Kulturszene spenden
würden. 80% entschieden
sich für: „Wir alle müssen
sparen, also müssen auch
Kulturinitiativen mit weniger
auskommen.“ Dieser hohe
Prozentsatz mag der suggestiven Formulierung geschuldet sein, zum Teil aber auch
einem Informationsdefizit.
Zur Einordnung: Laut 77vom
13.12. ist im Landesbudget
2025 für die gesamte freie Kulturszene Tirols ein geringerer
Betrag veranschlagt als für eine große Kultur-GmbH im Eigentum von Land und Stadt.
Zur freien Kulturszene zählen

neben allen Kunstschaffenden u. a. Ausstellungshäuser,
Museen, Theater, Konzertlocations, Programmkinos,
Festivals, Traditionskultur,
Büchereien etc. Organisationen der freien Kulturszene
sind gemeinnützige Vereine. Sie erbringen Leistungen
für die Allgemeinheit, dürfen
nicht gewinnorientiert arbeiten oder Rücklagen für Notlagen bilden. Dennoch müssen
sie wirtschaftlich agieren.

Bei staatlichen Sparmaßnahmen richtet sich der
Blick immer auch auf den
freien Kulturbereich, wo die
öffentliche Hand kaum an
Verträge gebunden ist. Sie
kann die Ermessensausgaben kürzen oder einfrieren.
Ein stagnierendes Kulturbudget entspricht bei hoher
Inflation einer massiven Kürzung-von 2021 bis 2024 rund
22 %. Kulturbetriebe sind mit
enormen Preissteigerungen

konfrontiert und es ist klar,
dass es bei der chronisch unterfinanzierten freien Szene schlicht und einfach kein
Einsparungspotenzial gibt.
Es können nur Leistungen
für die Allgemeinheit gekürzt
werden: Der Kompositionsauftrag wird dann vielleicht
nicht vergeben, der Tanzworkshop für Jugendliche
gestrichen, das Kindertheater abgesagt. Die kulturelle
Vielfalt nimmt ab, und das ist
nicht trivial, denn Österreich
hat die „Unesco-Konvention
über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller
Ausdrucksformen“ ratifiziert.
Kulturförderung ist Aufgabe
der öffentlichen Hand!
Kultureinrichtungen können oft nur bei der Bezahlung der Arbeit „sparen“, was
alle Bemühungen um „Fair
Pay“ konterkariert. Was für
98 % der Angestellten selbstverständlich ist, nämlich ga-

rantierte Mindeststandards
durch Kollektivverträge, gibt
es im freien Kulturbereich
nicht. Das bedeutet: keine
Mindestlöhne, keine Indexierung der Gehälter, keine
Vorrückungen, keine Zulagen etc. Während in anderen
Branchen von Nulllohnrunden gesprochen wird, sind sie
in der freien Kulturszene bittere Realität.

Mit rund 130.000 Beschäftigten in Österreich und einer
jährlichen Wertschöpfung
von 4,7 Mrd. Euro ist die Kulturbranche ein bedeutender
Wirtschaftsfaktor. Schon deshalb lohnt es sich nicht, bei
der Kultur zu „sparen“, denn
wie Studien belegen, fließt jeder in Kunst und Kultur investierte Euro dreifach zurück.

Helene Schnitzer, GF der TKI —
Tiroler Kulturinitiativen, Interessenvertretung von 179 Kulturvereinen in Tirol

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