Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_11_16_Presse_OCR
- S.12
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Der Standard
Das
rote
Leiden
„Das rote Leiden an sich selbst“, Seite 2+3
16.11.2024
Ein parteiinterner Gegner von
Andreas Babler nach dem anderen
räumt das Feld. Der rechte Flügel der
Sozialdemokraten hat immer
weniger Gesichter. Könnten personelle
Abgänge und eine
Regierungsbeteiligung die
gebeutelten Roten befrieden?
Oder droht jetzt erst recht der
aNsich
selbst
ndreas Babler hat
sich seit der Nationalratswahl verändert. Tritt er dieser
Tage vor die Presse,
spricht er ruhig,
deutlich Jangsamer als früher, wenii in Kl
ge ‘
mehr auf offener Bühne. Der SPÖ-
Chef verwendet Wörter wie „konstruktiv“, spricht von einer Koalition, die „aus der Mitte definiert“
sein müsse, Babler trägt jetzt Krawatte. Es ist eine bewusste strategische Wandlung, die er vollziehen
möchte: vom Revoluzzer zum
Staatsmann. Geht das so einfach?
Seit Ende Oktober laufen die Sondierungsgespräche zwischen ÖVP
und SPÖ, mittlerweile sind auch die
Neos an Bord. Seit der Nationalratswahl hat sich aber auch die SPÖ verändert - vor allem im Westen des
Landes. In den vergangenen vier
Wochen sind drei rote Landeschefs
zurückgetreten: der Salzburger David Egger und der Oberösterreicher
Michael Lindner freiwillig, Tirols
schon immer auffälliger SPÖ-Frontmann Georg Dornauer, weil er nach
einer peinlichen Jagdaffäre nicht
mehr zu halten war.
Rechter Flügel gestutzt
Was alle drei Rücktritte verbindet: Es sind drei SPÖ-Männer abgetreten, die einst dem Lager von Babler-Gegner Hans Peter Doskozil zugerechnet wurden. Man könnte sagen: Der sogenannte rechte Flügel
der SPÖ wird gerade gestutzt. Er verliert jedenfalls an Gesichtern.
Personalschwund, niederschmetternde Ergebnisse bei der National-
ratswahl wie auch in Vorarlberg, in
der Steiermark droht Ende November ein Rückschlag; unangenehme
Possen und Skandale - was passiert
da in der SPÖ? Und was bedeutet das
alles für Babler und die Regierung,
an der er bastelt?
Bablers skurriler Vorteil
Abseits davon, dass seine Sozialdemokratie gerade einen ziemlich
zerrupften Eindruck erweckt,
könnte sich für Babler vielleicht
auch eine Chance bieten. Schließlich
haben sich mehrere Kritiker seines
Kurses gerade verabschiedet. Und
im Jänner steht im Burgenland seinem mächtigsten Parteifeind Doskozil eine schwierige Wahl bevor -
ihm droht der Verlust der absoluten
Mehrheit. Könnte damit auch Doskozils Legitimation dafür schwinden, Bablers Kurs infrage zu stellen?
Fast skurril ist dabei: Während
der rechte Flügel der Partei Federn
lässt, während jene, die für einen
pragmatischen, vielleicht populistischen, jedenfalls härteren Zugang in
Fragen von Asyl und Migration stehen, das Feld räumen, verhandelt
der linke Vorkämpfer Babler über
eine Koalition mit der Volkspartei,
Es könnte dabei die migrationspolitisch strikteste Regierung herauskommen, an der die SPÖ jemals beteiligt war.
Ein Sozialdemokrat formuliert es
so: „Womöglich wäre ein so rechter
Kurs, wie ihn die ÖVP in einer künftigen Koalition forcieren wird, unter
einem anderen Vorsitzenden gar
nicht möglich.“ Er meint: Gegen jeden anderen Parteichef als Babler,
den Hoffnungsträger der Parteilin-
ken, würde der linke Flügel der SPÖ
rebellieren, wenn er den strammen
türkisen Kurs mitträgt. Denn dass
die ÖVP in einer möglichen „Zu-
aus P SPü
und Neos in Migrationsfragen die Linie vorgeben wird, daran zweifelt
auch in der SPÖ niemand.
Verschwimmen also gerade ideologische Grenzen? Könnten sich parteiinterne Lager nach jahrelangen
Streits vielleicht sogar annähern?
Herrscht womöglich bald Frieden -
mit neuen Landespersonalien und
wenn die SPÖ wieder in der Regierung sitzt? Oder ist es viel mehr so,
dass der SPÖ die Spaltung droht, wie
es ein gekränkter Genosse aus dem
rechten Lager in den Raum stellt?
Einfach werden die dı
innerparteiliche Aufstand?
Jarı Michael Marchart, Katharina Mittelstaedt
die Staatsanwaltschaft, ob Dornauer
Mustration: STANDARD / Kamer, Aydagde
und Rechte, Pragmatiker und
d: jenti Proletarier
bei der Jagd mit Bı Waffenverbots einen Hirsch erlegt hat.
Am Wochenende davor war überraschend Oberösterreichs SPÖ-Chef
Lindner zurückgetreten. Er wolle
sich auf seine Rolle als Vater konzentrieren, erklärte er den Schritt.
Ende Oktober zog sich Salzburgs roter Landeschef Egger zurück - er
habe die Ansprüche an sich selbst
nicht erfüllt und wolle nur noch
Bürgermeister sein,
Tief gespaltene Partei
In der SPÖ sind viele überzeugt,
dass sie diese Entscheidungen auch
deshalb getroffen haben, weil beide
unzufrieden waren, wie sich ihre
Partei ickelt - unter Babler. „Es
Monate nicht, das sagen selbst
nen und Sozialdemokraten. Doch
manche sehen einen Strahl Hoffnung am Horizont schimmern -
trotz allem.
Denn zuletzt ist vieles passiert,
das auch in der SPÖ als „hochnotpeinlich“ und „schädigend“ bezeichnet wird. Am Mittwoch musste
Georg Dornauer „zur Seite treten“,
wie er das nennt. Ein Foto, das Dornauer gemeinsam mit dem lachenden Ex-Immobilientycoon Rene
Benko bei der Jagd zeigt und auf der
Titelseite der Krone landete, das war
seiner SPÖ in Tirol zu viel.
Porsche, Waffe, Benko
Noch dazu wurde über Dornauer
2019 ein Waffenverbot verhängt,
nachdem er sei hrbei offe
Fenster in seinem parkenden Porsche vergessen hatte, Jetzt ermittelt
hat ihnen keinen Spaß mehr gemacht“, sagt ein jaldı 1
und Intellektuelle oder Flächenbezirkler und Innenstädter einteilt -
gab es schon immer. Doch der
Machtkampf hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter zugespitzt. Das Resultat war die Vorsitzwahl, bei der die damalige SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gegen Babler und Doskozil antrat.
Sie repräsentierte den „Wiener
Weg“, der machtorientierten pragmatischen Sozialdemokraten der
Hauptstadt, Babler den linken, Doskozil den rechten Flügel. Die Basiswahl inklusive Kampfabstimmung
beim Parteitag in Linz und die dortige Ergebnispanne wirken bis heute nach. Ein Babler zugeneigter Sozialdemokrat sagt: „Wenn wir diese
der beide gut kennt, Er meint auch:
„Babler hat sich an der Spitze gefestigt, aber in der Basis gärt es.“
Und dann ist da noch Rudolf
Fußi, der gerade lauteste Unzufriedene. Der PR-Berater mit bunter Polit-Geschichte hat sich in den vergangenen Jahren zum Enfant terrible der SPÖ entwickelt - und im
Machtkampf Doskozil unterstützt.
Aktuell möchte er Babler als Parteichef stürzen und sammelt dafür
Unterstützungserklärungen in der
roten Basis. Sollte er rund 14.000 Befürworter mit Parteibuch für sich
gewinnen, käme es zu einer Kampfabstimmung. So will es das Statut
der SPÖ, nachdem Babler das Regelwerk reformiert hat.
Die SPÖ ist schon lange eine gespaltene Partei. Lager - egal ob man
die handelnden Personen in Linke
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nicht bald überwinden und sich immer zwei Drittel freuen, wenn jemand aus dem anderen Drittel
scheitert, wird es schwierig.”
Unterkühlte Präsidentin
Jedes dieser roten Drittel ist nun
in den Koalitionsgesprächen vertreten: Babler repräsentiert die Parteilinke; Philip Kucher sitzt dort
als eh l Mann kozil:
das rote Wien vertritt Doris Bures,
die Dritte Nationalratspräsidentin.
Auch in den Sondierungen sollen
die Bruchlinien sichtbar werden,
erzählt jemand aus dem türkisen
Verhandlerumfeld. Bures und Babler wird ein unterkühlter Umgang
attestiert. Sie soll ihn kaum eines
Blickes würdigen. Im Wahlkampf
ließ sie wissen, dass sie Bablers Programm für „unernst“ hält,