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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_11_13_Presse_OCR
- S.13
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Kurier
„Dornauer steht vor der Vertrauensfrage“, Seite 5
P AMLIP ANOHANN GRODER
Dornauer steht vor der Vertrauensfrage
Tirol. Der wegen seines Jagdausflugs mit Rene Benko in seiner Partei
unter Beschuss geratene SPÖ-Landeschef stemmte sich gegen sein Aus
VON CHRISTIAN WILLIM
„Es ist Zeit, solche unangemessenen Eskapaden und
zu
Mit diesen Worten maßregelte Tirols OÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle Montagnacht in einer Video-Botschaft auf seinen Social-Media-Kanälen nicht etwa einen
unartigen Schulbuben. Er
adressierte damit vielmehr
Georg Dornauer, seinen ersten Stellvertreter und Koalitionspartner.
Der SPÖ-Landesobmann
war währenddessen bis tief
in die Nacht darum bemüht,
die wegen seines publik gewordenen und mit Foto dokumentierten Jagdausflugs
mit Milliarden-Pleitier Rene
Benko in seiner Partei hochgegangenen Wogen zu glätten. Doch das gelang nur mäßig. Nach mehreren Krisensitzungen am _Dienstag
schien klar: Am kommenden
Montag muss der seit sechs
Jahren amtierende SPO-Obmann im Landesparteirat die
Vertrauensfrage stellen.
Was Babler sagt
Dienstagabend äußerste sich
erstmals auch SPO-Bundeschef Andreas Babler zu der
Causa und wies Dornauer
den Weg Richtung Rücktritt:
Der werde „wissen, was er zu
tun hat. Ich erwarte zeitnah
eine klare Entscheidung. Die
Kritik, die laut wird, ist mehr
als nachvollziehbar. Die Vertrauensfrage wird klären, ob
er noch genügend Rückhalt
der Genossinnen und Genossen hat“. Dieser Rückhalt
bröckelt erkennbar.
Die Stimmung in der
Tiroler Sozialdemokratie
kocht. Die Spitzenvertreter
der Innsbrucker Stadtpartei
hatten schon am Montag
zum Halali auf ihren Vorsitzenden geblasen und auf
dessen Rücktritt gedrängt.
Die Jugendorganisationen
der SPÖ stießen nach. Und
die roten Landtagsabgeordneten waren sauer, weil Dornauer am Tag des Platzens
der Polit-Bombe nicht in der
routinemäßig angesetzten
Klubsitzung aufgetaucht war
und sie nicht persönlich über
die Causa informiert hat.
Er soll damit beschäftigt
gewesen sein, die auch von
Mattle eingeforderten eidesstattlichen Erklärungen beizubringen, wonach der SPO-
Frontmann bei seinem Trip
in die Steiermark nicht selbst
geschossen und somit nicht
gegen das ihm auferlegte
Waffenverbot verstoßen haben soll (siehe Artikel rechts).
Langes Tauziehen
Am Dienstagmorgen war die
Stimmung bei einer Krisensitzung des SPÖ-Klubs — dieses Mal in Anwesenheit des
Landesobmanns — offenbar
nicht viel besser. Von den Abgeordneten und den beiden
SPÖ-Regierungsmitgliedern
hätte Dornauer auf Forderung Mattles handschriftliche Bestätigungen beibringen sollen, wonach sie weiter
hinter ihrem Chef stehen.
In der folgenden Sitzung
der Landesregierung wurde
zwar der Landeshaushalt für
2025 beschlossen, Klarheit
über die Positionierung der
SPO vermisste man beim
schwarzen Koalitionspartnern
aber weiterhin. Ein offizielles
Statement der Roten ließ
stundenlang auf sich warten.
Die hatten sich, wie
schließlich durchsickerte, offenbar mit Dornauer darauf
geeinigt, dass die Arbeit im
Landtag, der heute, Mittwoch,
und am Donnerstag zusammenkommt, vorerst regulär
weitergeht. Damit hätte der
41-Jährige zwar etwas Zeit
gewonnen, muss als Landeschef aber am kommenden
Montag in einem etwa 100-
köpfigen Gremium die Vertrauensfrage stellen.
Mit einer solchen hatte
vor sechs Jahren bereits seine Karriere an der Spitze der
SPÖ _ begonnen. Kaum als
Nachfolger der nunmehrigen
Landtagsvizepräsidentin Elisabeth Blanik designiert, hatte Dornauer ein Sager im
Landtag eingeholt. Da hatte
er gemeint, dass er sich eine
erkrankte Landesrätin „nicht
in der Horizontalen vorstellen“ wolle. Von seinen Ge-
nossen bekam Dornauer eine
zweite Chance, überstand
die Vertrauensfrage im Landesparteivorstand und wurde Anfang 2019 offiziell zum
Parteiobmann gekürt,
In den folgenden Jahren
machte er immer wieder mit
Ausrutschern Schlagzeilen,
führte seine Partei aber 2022
nach zehn Jahren in der Opposition wieder zurück in
eine Koalition mit der OÖVP.
Verstörendes Bild
Nun scheint das rote Enfant
terrible den Kredit in den
eigenen Reihen aufgebraucht zu haben. Einem
Rücktritt widersetzte er sich
zunächst vehement mit der
Erklärung, dass er keine Gesetze verletzt habe. In der
Partei interessiert aber nur
sekundär, ob der SPÖ-Chef illegal abgedrückt hat. Es geht
vielmehr darum, mit wem er
in den Wäldern der Steiermark auf der Pirsch war.
Trotz der Forderung von
Landeshauptmann Mattle,
dass die Sozialdemokratie
Farbe bekennen muss, wie
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sie es mit ihrem strauchelnden Parteichef hält, ergab die
sich in stundenlangem Tauziehen. Erinnerungen an das
Gezerre um den Rücktritt
von Klaus Luger als SPÖ-Bürgermeister von Linz im Sommer wurden wach.
All das spielt sich nun vor
dem Hintergrund ab, dass am
heutigen Mittwoch und am
Donnerstag in Tirol eine
Landtagssitzung stattfindet,
in der die Opposition einen
Misstrauensantrag gegen den
SPO-Landesrat stellen könnte.
Dem Vernehmen nach hat
man sich SPO-intern darüber
verständigt, dass die Landtagsarbeit bis zu Dornauers
Vertrauensfrage regulär weiterlaufen soll. Bis Redaktionsschluss gab es dafür keine offizielle Bestätigung.
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPO) gab
Dornauer indes via Kleine
Zeitung ebenfalls einen Wink
mit dem Zaunpfahl. Dieser
werde wohl „wissen, was er
zu tun hat“, so der SPO-Grande aus dem Süden fast wortgleich mit Babler.
Dornauers
Hut-Tausch:
Bruch mit alten
Jagdtraditionen
Brauchtum. Das Ritual ist so
alt wie die Jagd selbst. Brüche
sind Symbol des respekt- und
würdevollen Umgangs mit erlegtem Wild. Wenn solche gelebten Traditionen durch Personen wie den Tiroler SPÖ-
Chef Georg Dornauer in Misskredit gebracht werden, sorgt
das im Kreise von rund
135.000 Jägerinnen und Jägern für gewissen Unmut.
Der SPO-Politiker hat, obwohl er mit einem Waffenverbot belegt ist, in einer illustren Jagdrunde mit Signa-
Pleitier Rene Benko in der
Steiermark hinter einem erlegten Hirsch posiert — samt
Beute- bzw. Schützenbruch
auf dem Jagdhut. Geschossen
habe Dornauer aber nicht,
nur den Jagdhurt getauscht, so
seine Erklärung.
Im Jägerlatein weist das
angesteckte Stück Nadeloder Laubholz auf dem Hut
den erfolgreichen Schützen
aus. Es gilt als ehrende Geste
dem Wild gegenüber, deshalb
wird der Bruch vor dem Anstecken am Hut auch mit
einem Tropfen Blut (in der Jägersprache „Schweiß“ genannt) des Wildes benetzt.
Was den Hut-Tausch anbelangt, hat man in Jagdkreisen wenig Verständnis für
ein solch „unwaidmännisches
Verhalten“. Traditionsjäger
bezeichnen es als „respektlosen Umgang“. Wie eine Nachfrage beim NO Jagdverband
zeigt, hält man es mit den
jagdlichen Traditionen sehr
streng. „Brauchtum wie die
Brüche entstammen der alten
Jagdkultur und sind bis heute
ein wichtiger Bestandteil vieler Jagdtraditionen.“ Zu Dornauers patschertem Auftritt
wolle man sich wegen der
laufenden Ermittlungen aber
bewusst nicht äußern.
Abgespielt hat sich die
Jagd am 28. September im
1.300 Hektar großen Stüblergut im Murtal. 2020 hatte
Benko den verstorbenen Red-
Bull-Chef Dietrich Mateschitz
im Rennen um das wertvolle
Stück Land ausgebremst und
es um 30 Millionen Euro mit
seiner Signa-Gruppe erstanden. P. WAMMERL