Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_10_30_Presse_OCR
- S.7
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
Kronenzeitung
Kronen
Zeitung
„Mieter-Horror ‚kein Einzelfall‘““, Seite 20
30.10.2024
Foto: Christof Birbaumer
Der Innsbrucker Sozial- und Wohnreferent Georg Willi (Grüne)
kündigt ein Projekt Wohnsozialarbeit nach Wiener Vorbild an.
Foto: Christof Birbaumer
Mieter-Horror „kein Einzelfall“
„Krone“-Bericht über Zustände in einer Wohnanlage in Innsbruck rüttelt auf. Notärztin
berichtet über ähnliche Fälle. Sozial-Referent der Stadt kündigt Wohnsozialarbeit an.
ist ein Grauen für
die Nachbarn und
eine Tragödie für
die Betroffenen: Wie berichtet, hält in Innsbruck ein
Mieter in einem Wohnblock
der Neuen Heimat seit Monaten das ganze Haus in
Atem: nächtliche Alkoholexzesse, Schreiorgien, katastrophale hygienische Zustände. Der Mann hat offenbar keine Familie, ist krank
und kann nicht mehr für sich
selbst sorgen. Die Hilfe einiger Sozialdienste lehnte er
bisher ab. Was also tun?
Medizinerin spricht von
wachsendem Problem
„Das ist längst kein Einzelfall“, lautet der Tenor von
Rettungskräften, die sich
nach der Veröffentlichung
des Falls bei der „Krone“ gemeldet haben. Sie sind oft
Ersthelfer, wenn die Situation wieder einmal eskaliert.
Eine Notärztin berichtet von
unvorstellbaren Zuständen:
„Wir kommen nicht selten
in vermüllte Wohnungen, in
denen völlig verwahrloste
Menschen ihr Dasein fristen. Das ist gefährlich für sie
selbst, aber auch für andere.“ Die Arztin spricht von
einem wachsenden Problem,
das von Politik und Gesellschaft zu wenig beachtet
werde. Ahnlich sieht es der
Innsbrucker Gemeinderat
Gregor Sanders (KPO). Er
hat im vorliegenden Fall immer wieder Hilfe vermittelt.
„Besagter Herr wirkt auf
mich nicht gefährlich. Vieles
deutet jedoch auf eine Verwahrlosung hin“, fasst Sanders seine Eindrücke zusammen. Auch er sieht eine Lücke im System, um diesen
Menschen zu helfen und
Nachbarn zu entlasten.
Der Betroffene liegt nach
einem neuerlichen Exzess in
der Klinik. Die Neue Heimat sieht in der Wohnanlage keine Zukunft für den
Mieter, hofft auf einen Platz
für ihn in einer betreuten
Einrichtung. Im Gespräch
mit der „Krone“ regte NHT-
Geschäftsführer __ Markus
Pollo auch eine Anderung
bei Mietverträgen von Gemeinnützigen an. Durch
eine Befristung könnten
Dauerkonflikte verhindert
werden, glaubt Pollo. Es liege an der Gemeinde, das zu
ändern.
Für Willi Befristung von
Mietverträgen kein Thema
Innsbrucks Sozial- und
Wohnreferent Georg Willi
von den Grünen sieht in
einer Befristung von Mietverträgen keine Lösung.
„Ein unbefristeter Mietvertrag stellt für Menschen mit
gesundheitlichen oder psychischen Erkrankungen
Seite 7 von 27
einen viel größeren Schutz
dar.“ Sonst seien sie der Gefahr ausgesetzt, in die Obdachlosigkeit abzurutschen.
„Für viele Menschen ist eine
Stadtwohnung die einzige
Option, eine _ dauerhafte
Wohnmöglichkeit zu erhalten“, betont Willi. Er räumt
aber auch ein, dass in Fällen
wie dem geschilderten die
Zahl an betreuten Strukturen derzeit nicht ausreiche.
Es benötige ein engmaschigeres Angebot, um früher reagieren zu können.
„Wir sind gerade dabei, die
Wohnsozialarbeit nach Wiener Vorbild umzusetzen“,
verrät der Sozialreferent,
„mit Wohnsozialarbeiterinnen können wir in Fällen wie
dem vorliegenden möglichst
früh helfend eingreifen und
Konflikte früher abfangen.“
Notwendig dafür sei aber die
entsprechende Finanzierung. Claudia Thurner