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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_10_28_Presse_OCR
- S.7
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Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung
„Alle auf einen Schlag“, Seite 19
Von Jasmine Hrdina
und Renate Perktold
Alle auf einen Schlag
Tauben werden geliebt und gehasst gleichermaßen. Zunehmende Populationen bereiten
StadtbewohnerInnen Ärger. Taubenschläge sind umstritten, scheinen aber zu fruchten.
Entsprechend ist das
Thema in Innsbruck ein
Politikum geworden. Zwar
einzig „fruchtbare“ Mittel ist:
In einigen Städten, darunter Berlin, begegnet man
eine große Entlastung
für die Hausbesitzer in
der Innenstadt, weil
dem genug Arbeit für uns übrig bleiben. Ziel ist, immer
zu schauen, warum
Innsbruck, Kitzbühel - Geht will die Stadt zwei Tau- 5 Mythen im Check ihre Fassaden nicht die Tiere da sind dem Problem mit einer
es um Tauben, dann erweist bentürme errichten — mehr so verschmutzt und ob man Maß- Art Antibabypille für
sich der Mensch doch als sehr einen davon Tauben übertragen Krankheiten. werden“. Diesen nahmen findet, die Taube. Dabei wird
scheinheilig. In Weiß gelten laut Bürger- Teilweise falsch: Tauben können bestimmte Sommer wur- um sie zu vertrei- den Tieren der fruchtdie Vögel als edel, Symbol für meister Jo- an genauso de im Garten ben. Aber irgend- barkeitshemmende
Frieden und Liebe. Mit Brief- hannes An- wie andere Vögel oder Haustiere wie Hund und des Franzis- wo müssen sie ei- Wirkstoff Nicarbazin
lein im Schnabel werden sie zengruber sogar Katz. Wahrscheinlicher ist, dass Tauben kanerklosters nen Platz haben, ins Futter gemischt.
als Überbringer von Grüßen noch heuer. Wo sie Krankheiten an Artgenossen und in Innsbruck ein wo sie bleiben Aus der für den
und Informationen willkom- stehen sollen, darüber andere Vögel weitergeben. weiteres Tau- dürfen.“ Tierschutz zustänmen geheißen. Als „Rattender herrscht bis zur endgülti- benhaus er- Nicht alle sind digen Senatsver-
Luft“ sind sie als Keimschleu- gen Projektfreigabe aber richtet. davon über- waltung für Verdern gefürchtet, wegen ihrer Stillschweigen. Zu groß „Wenn Tau- zeugt, dass braucherschutz
Hinterlassenschaften in den ist offenbar die Sorge vor benschläge gut gemacht sind ein Tauben- in Berlin heißt
Städten verhasst. Um Tauben Gegenwind. In Wörgl hätte sich der Be- und entsprechend betreut schlag das es: „Die tägliche
ranken sich viele Mythen (siehe Faktenboxen), und auch
in den Tiroler Amtsstuben
sind die
gurren-
Fakt ist: Tauben sind standorttreu. Die Verlegung eines
alten Turms in die Rossau ist
vor Jahren entsprechend gescheitert, weil die Tiere doch
den Tiere umstritten: Regelmäßig wird in
Gemeinderäten diskutiert, wie
man Populationen unter Kontrolle halten kann.
Fütterungsverbote, wie sie
in den meisten Gemeinden
gelten, erweisen sich als nicht
ausreichend effektiv. Greifvögel wie Turmfalken kommen
mit dem Fressen auch nicht
mehr nach. Taubenschläge
werden aus Perspektive des
Tierschutzes daher als gelindes und erfolgreiches Mittel
lieber am alten Wohnort, dem O-
Dorf, verbleiben wollten. Infolge nisteten sie sich unter
Dächern, auf Balkonen und
in jedem passenden Schlupfloch ein - wurde ihr „Hotel“
doch abgebaut. Taubendreck
und Lärm sorgten dann bei
den menschlichen BewohnerInnen für Ärger. Dass einer
der beiden neuen Taubentürme nahe dem O-Dorf angesiedelt werden wird, liegt
daher nahe.
gesehen. Dabei werden die
Tiere artgerecht gefüttert,
ihre Eier jedoch entnom-
men und durch Attrap- Tauben vermehren sich
pen ersetzt, damit die bei Fütterung stärker.
Anzahl des Nachwuch- Falsch: Das ganzjährige Brüten ist angeses kontrolliert wer- züchtet. führt dazu,
den kann. Nur: Vor dass schwächere Tauben und Küken
der eigenen Haus- anfälliger für Krankheiten werden.
tür haben will ein
solches „Hotel“ niemand.
der
Taubenschlag nahe dem Schwarzsee errichtet wurde. Foto: Tierschutzverein Kitzbühet
sitzer des City Centers bereit
erklärt, einen Taubenschlag
auf dem Dach des Einkaufszentrums zu installieren - finanzieren sollte diesen aber
die Stadtgemeinde. Die konnte sich bisher nicht
dazu durchringen.
„Ein Taubenschlag
ist die einzige Lösung für das
Taubenproblem“, ist Inge
Rauchecker überzeugt.
Ein Nobelhotel am See
Die Obfrau des Tierschutzvereins Kitzbühel hat nach
eigenen Angaben neun Jahre lang dafür gekämpft, dass
die Gamsstadt einen solchen
errichten lässt. Geworden ist
es dann vor etwas mehr als
drei Jahren ein „Nobeltaubenschlag“, wie die 67-Jährige meint. Laut Bürgermeister
Klaus Winkler betrugen die
Kosten dafür rund 20.000
Euro. Der Standort nahe
dem Schwarzsee, rund
drei Flugkilometer vom
Stadtzentrum entfernt,
habe die Tierschützerin
anfangs nicht glücklich gestimmt. „Ich habe über Wochen nach und nach mit einer
Katzenfalle Tauben eingefangen.“ 25 solche durften dann,
gesichert mit einer Voliere,
erst mal ihr neues Zuhause
erkunden, bevor das „Hotel“
dann für alle geöffnet wurde.
„Es ist wie betreutes Wohnen für die Tauben. Sie lieben
es“, berichtet Rauchecker von
einem Erfolg, den man auch
im Rathaus bestätigt. 60 bis
70 Tauben hätten darin Platz,
Rauchecker will auch schon
Scharen von rund 100 Vögeln
beobachtet haben. Alle zwei
bis drei Tage werden die Eier
entnommen und durch Gipseier ersetzt. Die echten Eier
landen dann im Wald, als Futter für Wildtiere. 80 Prozent
des Tages würden die Tiere im
Schlag verbringen — „das ist
Gabe von Nicarbazin wirkt
sich bei Vö-
werden, sind sie die einzige
nachhaltige Lösung. Dann
bleibt der Bestand stabil und
die Tiere bekommen auf- geln auf die
grund der Kontrolle Bildung des
nur einmal Eidotters aus,
sodass sich
in den Eiern
keine Küken
entwickeln
können.“
Auch die
Stadt Linz hat
bereits Erfahrungen mit der
„Taubenpille“ gemacht. Was bleibt:
Den Tauben muss man
das Mittel erst schmack-
haft machen
— und dafür
Tauben sind treu. müssen
im Jahr Nach- Richtig: Paare bleiben ein sie kont-
wuchs, anstatt fünf / Leben lang zusammen, zudem rolliert
Mal“, meint auch Andre- sind sie standorttreu. Vergrä- ange-
as Dolp. Der Geschäftsfüh- mungsmaßnahmen sind füttert
rer der Innsbrucker „Tauben kaum erfolgreich. werden,
Profis“ bietet Konzepte und ob Tauben-
Maßnahmen zur Taubenab- schlag oder
wehr an. „Man könnte nicht.
meinen, dass das gegen mein Geschäft
spricht, ich bin aber
der Meinung, dass man das
Taubenproblem in Innsbruck
ganzheitlich angehen muss“,
erklärt er.
Seit mehr als zehn Jahren
betreuen er und sein Team
KundInnen in der Landeshauptstadt. „Die Leute leiden oft unheimlich unter der
Taubenproblematik, die Situation ist für sie untragbar.“
Wenn er mit Netzen, Spikes
oder Elektroabwehr die Tauben von einem Balkon vergräme, „könnte ich eigentlich
gleich beim Nachbar meine
Visitenkarte abgeben“, verdeutlicht er, warum es mit
Taubenabwehr alleine nicht
getan ist.
In richtige Richtung drängen
Man könne sie durch Vergrämungsmaßnahmen in die
richtige Richtung drängen, ist
Dolp überzeugt. „Es steht und
fällt mit der richtigen Planung
und Durchführung. Das ist
ähnlich wie bei der Abwehr —
da sehe ich oft unsachgemäße
Montage, sodass sich die Tiere entweder verletzen oder es
einfach nichts bringt. Mit der
richtigen Durchführung kann
das allerdings gelingen.“
Dass ihm die Arbeit ausgehen würde, wenn man erfolgreich Taubentürme etabliert,
glaubt der „Tauben Profi“ übrigens nicht: „Es wird trotz-
Andreas Dolp spricht sich für einen ganzheitlichen Ansatz
Taubenproblematik in Innsbruck Herr zu werden.
aus, um der
Foto: Dobp
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