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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_10_25_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Gut is gangen, nix is gschehn“, 6 MCI, Seite 4
Gut is gangen, nix is gschehn
Bob der Baumeister hätte an der schwarz-roten Landesregierung so seine Freude: ÖVP und SPÖ hanteln sich
seit zwei Jahren von einer Baustelle zur nächsten, ohne selbige auch abzuschließen. Ein Überblick.
Von Manfred Mitterwachauer
und Peter Nindler
Innsbruck - Am 21. Oktober
2022 setzten Anton Mattle und Georg Dornauer am
Landhausplatz ihre Unterschriften unter den schwarzroten Koalitionspakt. Am Vorabend zum Nationalfeiertag
wurde die Neo-Regierung im
Landtag angelobt. Jetzt, zwei
Jahre danach, nähert man
sich der Halbzeit - wenn im
Herbst 2027 plangemäß gewählt werden sollte. Schwarz-
Rot ist angetreten, mit alten
Baustellen aufzuräumen und
Neues auf den Weg zu bringen. Der Vergleich macht sicher: Die Ankündigung ist das
eine, die harte Realität eine
differenziertere:
> 1 Budget: Der Schuldenrucksack wird 2025 noch
schwerer. Nicht nur im Land,
sondern auch in den Gemeinden. Das Land schultert bereits 1,175 Milliarden Euro,
die Gemeinden haben Schulden in Höhe von 1,431 Mrd.
Euro. Im kommenden Jahr
will die Landesregierung die
Neuverschuldung auf unter
178 Mio. Euro einbremsen.
Bei den Förderungen und Investitionen (Ermessensausgaben) erfolgt eine Kürzung
um zehn Prozent. Bis zu 50
Millionen Euro sollen dadurch eingespart werden.
> 2 Kinderbetreuung: Der
Rechtsanspruch auf Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes ist paktiert,
jedoch hinsichtlich seiner
Umsetzung noch in den Kinderschuhen. Im Herbst 2026
soll das Projekt landesweit
ausgerollt sein, vorerst befinden sich vier Pilot-Regionen
sozusagen in einem „Soft-
Start“. Also im Aufbau. Unklar ist bis dato weiter, wie
hoch die Kosten ausfallen
werden, zudem steht und
fällt das Projekt mit der Personalsituation. Und diese ist
bereits angespannt.
> 3 Wohnen: Es wäre unfair,
der schwarz-roten Landesregierung ein Totalversagen in
Sachen „leistbares Wohnen“
vorzuhalten. Nicht nur, weil
das Thema lange vor dem
Bündnis bereits auf der politischen Agenda war, sondern
auch weil Lösungsansätze
komplex, langwierig und von
externen Faktoren (Stichwort: Zinspolitik) abhängig
sind. Dennoch: Bis dato beschränkten sich die Initiativen von VP/SP im Wesentlichen darauf, Förderschienen
zu verbessern und Unterstützungsleistungen anzuheben. Die Leerstandsabgabe harrt einer Verschärfung,
in der Widmungsfrage ist das
Land vom Entgegenkommen
der Gemeinden abhängig.
Schnelle Erfolge gibt"’s keine.
Hand drauf - LH Anton Mattie und Vize Georg Dormauer (lI.). — Fotos: APA(2)//Groder, Falk (3), Bähm (2), TT; Visualisierung: Henning/Larsen
> 4 Verkehr: Ähnlich wie
beim Wohnen verhält es sich
auch beim Verkehr. Aktuell
dominieren die Luegbrücke
und das Verkehrschaos im
Wipptal. Mit dem Fernpass-
Paket haben sich Mattle und
Dornauer - zumindest aus
Sicht der Opposition sowie
Teilen der Bevölkerung vor
Ort - ein Eigentor geschossen. Der Transit rollt weiter
ungebremst - und wird nun
auch dank der Klage Italiens vor den Europäischen
Gerichtshof kommen. Das
viel gepriesene Slot-System
(digitales Verkehrsmanagement) ist weiter ein Papiertiger. Und im Zillertal geht es
um die Umrüstung der Bahn.
> 5 Tiwag und Energie: Von
der personellen Neuaufstel-
Seite 6 von 17
lung des Landesenergieversorgers Tiwag mit dem neuen Vorstand Michael Kraxner
erhofft sich LH Anton Mattle
eine Entspannung im Verhältnis zur Tiwag. Schließlich
ist sie ein Eckpfeiler in der
angestrebten Energiewende
bis 2050 und bei der Strompreisgestaltung im Land. Aktuell läuft es gar nicht rund,
zuletzt sorgte der geplante
Ausbau des Kaunertalkraftwerks für Zündstoff. Mattle
lehnt die Wasserableitungen
aus dem Ötztal ab. Die Tiwag
windet sich, will aber die Pläne nach der Entscheidung
über das Kraftwerk Imst-Haiming doch überarbeiten.
> 6MCIH: Auch der zweite Anlauf für den Neubau des Management Centers droht zu
scheitern. Zum einen liegen
Kosten von rund 300 Millionen Euro auf dem Tisch, andererseits herrscht zwischen
Land Tirol und MCI-Rektor
Andreas Altmann wegen der
räumlichen Ausgestaltung
Eiszeit. Jetzt wird geprüft, ob
Innsbruck das Baurecht für
den Neubau am Fenneareal
an die Bundesimmobiliengesellschaft BIG überträgt und
die BIG dann den Bau errichtet. Das dürfte alles aber sehr
kompliziert sein.
Eine inhaltliche Baustelle
ist die private Landesuniversität UMIT. Rund zehn Millionen Euro fließen jährlich in
die UMIT, in der Vorwoche
hat man sich von Rektorin
Sandra Ückert getrennt.
> 7 Gesundheit: Die Ausgaben für den Gesundheitsbereich betragen bereits 1,150
Mrd. Euro, die drei Landesund die sechs Bezirksspitäler verzeichneten im Vorjahr
einen Abgang von knapp 100
Millionen Euro. Die Kosten
müssen in den nächsten Jahren gedämpft werden, auch
die Bürgermeister stöhnen
über die Abgangsdeckungen
in ihren Bezirkskrankenhäusern. Der Ruf nach einer Landesholding für alle Tiroler
Spitäler wird immer lauter.
> 8 Bäder: 75 Millionen hat
die Landesregierung zur Rettung der Tiroler Bäderlandschaft bis 2030 versprochen.
Und hierfür bis dato eher
Buhrufe eingeheimst. Das
Bäder-Paket wird nämlich als
zu gering eingestuft, um dem
anhaltenden Bädersterben
ein Ende bereiten zu können. Schließlich soll es nicht
nur Neubauten ermöglichen,
sondern auch den Erhalt bestehender Wasserflächen
absichern. Zu wenig, sagen
die Kritiker. Zumal ohnedies
noch die Co-Finanzierung
durch die Tourismusverbände offen ist. Und auch die Kriterien zur Vergabe der Fördermittel stehen — wie so vieles
— noch völlig in den Sternen.