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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_10_14_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Suche nach der perfekten Wohnung“, Seite 17
Wn
Auch diese Wohnung in Pradl findet keine Bewohner:innen. Grüner Innenhof und zentrale Lage ersetzen offenbar kei
inen fehlenden Balkon. Auch dass kein Lift vorhanden ist, reicht oft für eine Ablehnung.
Fotos: Axel Springer
Suche nach der perfekten Wohnung
Ein Lokalaugenschein zeigt: Auch gemeinnützige, also leistbare Wohnungen stehen in Innsbruck leer. Die Gründe:
kein Balkon, falsche Raumaufteilung, falscher Stadtteil. Das Wohnticket soll bald Leerstand verhindern.
Von Verena Langegger
Innsbruck - An der Wohnung
im Stadtteil Olympisches Dorf
gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Drei Zimmer, rund
84 Quadratmeter, Lift, Balkon, Abstellraum, Küche abgetrennt mit einer schönen
Schiebetür. Nicht zu vergessen weiße Türen und Eichenparkettboden. Der Mietpreis
liegt bei rund 890 Euro. Die
Wohnung wurde trotzdem
seit der Sanierung fünfmal abgelehnt und steht leer.
Gründe für Ablehnung
Die Gründe: zu teuer, kein
Abstellplatz für das Auto,
schlechte Raumaufteilung,
falscher Stadtteil — obwohl
der Blick auf die Bergwelt
rund um Innsbruck im 5.
Stock eigentlich kaum besser
sein könnte. Mit den neuen
Vergaberichtlinien der Stadt
Innsbruck, die am Donnerstag im Gemeinderat beschlossen wurden, soll diese
Wohnung künftig nicht mehr
leer stehen. „Wir möchten die
Wohnungen künftig schneller zuteilen“, sagt Georg Willi, grüner Vizebürgermeister und verantwortlich für
Wohnungsservice und Wohnungsvergabe. Aber wie groß
‚ Wir bieten den
Berechtigten Wohnungen an. Und sagen:
Schau ins Internet, ob
dir eine gefällt.“
Georg Willi
(Ressort Wohnungsvergabe)
ist die Wohnungsnot wirklich,
wenn auch schöne und günstige Wohnungen abgelehnt werden? „Sie ist sehr groß“, beharrt
Willi: „Viele Menschen wohnen
zu teuer.“ Zu teure Mietpreise
seien der Hauptgrund, sich um
eine Stadtwohnung zu bewerben. Derzeit wird die Grenze
der Mietzinsbelastung bei 40
Prozent des Familieneinkommens gezogen, ab Juni 2025
wird sie in den neuen Richtlinien auf 33 Prozent gesenkt. Damit soll noch mehr Menschen
ermöglicht werden, sich um
günstigen Wohnraum zu bewerben.
Auch an der Wohnung im
Pradler Lindenhof gibt es bei
der Besichtigung nichts zu bemängeln. Für 78 Quadratmeter (vier Zimmer mit Keller)
müssen rund 580 Euro Miete
bezahlt werden. Auch diese
städtische Wohung der Neuen
Heimat Tirol (NHT) will seit der
Renovierung niemand mieten.
Warum? Kein Balkon, kein Lift,
‚ Manche Menschen
haben die Vorstellung, die Stadt muss
ihnen ihre Traumwoh-
nung verschaffen.“
Georg Willi
(Vizebürgermeister)
zu klein, schlechte Raumaufteilung. Auch die Einzimmerwohnung (rund 44 Quadratmeter)
um die Ecke um 335 Euro will
aktuell niemand beziehen.
Neuerlich ist der fehlende Balkon Kritikpunkt. Georg Willi
nimmt es gelassen. „Manche
Menschen haben die Vorstellung, die Stadt müsse ihnen
ihre Traumwohnung verschaffen. Und wenn sie diese nicht
angeboten bekommen, warten
sie lieber länger mit der Chance, diese Traumwohnung doch
noch zu bekommen.“
Neue Richtlinie
Willi freut sich auch deshalb
besonders auf das Inkrafttreten der neuen Vergaberichtlinien. Derzeit bekomme der
Wohnungswerber einen Brief
und „hat keine Ahnung, wie die
Wohnung aussieht“, sagt Willi:
„Sie wissen nur: Sie hat 50 Quadratmeter und ist in der Mandelsbergerstraße.“ (Es geht um
eine Zweizimmer-Wohnung
Wohnungen ohne Balkon sind offenbar nicht beliebt - auch mit Erker (I.) oder grünem Innenhof nicht. IIG-Chef Franz Danler (r.) in einer Wohnung im O-Dorf.
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im 2. Stock mit rund 50 Quadratmetern, der Mietpreis der
renovierten Wohnung liegt bei
rund 505 Euro. Ebenfalls mehrmals abgelehnt, weil sie keinen
Balkon, aber auch keinen Lift
hat.) Das neue System mit dem
Wohnticket sei deutlich besser:
Wer die Voraussetzungen für
eine städtische Wohnung erfüllt, bekommt eine persönliche Nummer.
Mit dieser ID kann man
sich bei der Wohnungsvergabeplattform anmelden.
„Wir bieten also den Berechtigten Wohnungen“, sagt
Willi: „Und sagen: Schau ins
Internet, ob dir eine gefällt.“
Die Idee für das Wohnticket
kommt aus Wien. Dort werden Stadtwohnungen bereits
seit 2015 auf diese Art erfolgreich vergeben. Willi ist zuversichtlich, dass die Gründe, Wohnungen abzulehnen,
weniger werden. Auch für die
vier besichtigten Wohnungen. „Diese Wohnungen werden viele haben wollen.“
Die Wohnung bekommt
dann übrigens der, der diese am dringendsten braucht
(Punktesystem) und als Erster
zur Besichtigung kommt. Abgelehnt werden kann ab Juni
2025 einmal. Beim zweiten Mal
ist man dann ein Jahr gesperrt.