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Jahr: 2024

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Kronenzeitung

„Bei jedem Klingeln bekam ich Angstzustände und Herzklopfen“, Seite

28, 29

e © ® ®
„Bei jedem Klingeln bekam ich

Was einem Pärchen in Innsbruck in ihrer WG

passiert ist, ist schier unfassbar. Hilfesuchend

wenden sie sich an Politik und Rechtsbeistand.

Foto: Andreas Tröster

igentlich sollte das eige-
E ne Zuhause ein Ort der

Zuflucht sein. Tür zu,
laute, anstrengende Welt
draußen, Frieden und Gemütlichkeit drinnen. So hatten sich das Paul und Marie
(Namen geändert), ein Pärchen Anfang 30, vorgestellt,
als die beiden vor dem Sommer in eine WG in Innsbruck gezogen sind. Die
Wahl fiel nicht nur wegen
der exorbitanten Mietpreise
in der Tiroler Landeshauptstadt auf eine WG, sondern
weil die beiden gesellige
Menschen sind und bisher
nur gute Erfahrungen in
Wohngemeinschaften gemacht hatten. Zwei Mitbewohner sollten sie haben —
dazu noch eine Katze. Als
sie einzogen, wussten sie
noch nicht, welche Odyssee
sie erwarten würde.

Mitbewohner, die alles

nützen, aber nichts putzen
Ein Mitbewohner wurde
gleich zu Beginn rausgeschmissen, gemeinsam mit
der Vermieterin wurde ein
neuer gesucht. Das stellte
sich als schwierig heraus —
obes an den Preisvorstellungen der in Amerika lebenden

©

Der Dreistigkeit so
mancher Vermieter
müssen Grenzen gesetzt
werden. Es braucht
engmaschige Kontrollen
und strenge D
Strafen.

Benjamin Plach,
Vorsitzender SPÖ IBK

Foto: Christof Birbaumer

Vermieterin lag (500 Euro
für 12 Quadratmeter kalt)?
Um das Problem zu lösen,
zieht eine „Freundin“ der
Vermieterin ein — aber nur
ein paar Tage. Anstrengende
und laute Tage mit mehreren Fremden in der Wohnung, die die „Freundin“
mitbringt. Dann, eines Morgens im Juli, zieht plötzlich
ein Paar aus England ein —
wieder nur für ein paar Tage.
Mitbewohner, die zwar alles
mitbenützen — Toilette, Bad,
Kühlschrank — aber nichts
putzen. Das machen Paul
und Marie. Sie kaufen auch
die Reinigungsmittel, das
Klopapier, die Kaffeefilter.
Nach den Engländern folgt
ein Japaner und das Gefühl,

in Innsbruck die Task Force
Airbnb eingerichtet. Diese
wird sich dem wohl einzigartigen Fall nun annehmen.

dass die ständig wechselnden, fremden „Mitbewohner“ ausgelöst haben, wird
von der Mutter der Vermieterin, die sie zufällig auf der
Straße treffen, bestätigt: Die
Vermieterin vermietet das
leere Zimmer auf Airbnb.

Fremde stapfen tagtäglich
durch ihre Wohnung

Die Fremden kommen und
gehen, stapfen durch die
Wohnung und durch Paul
und Maries Privatsphäre.
Sie wissen nicht, wen sie am

Für Kurzzeitvermietung wurde

nächsten Tag in der Wohnung antreffen werden und
ob ihre Wertsachen, ihre
persönlichen Gegenstände
überhaupt noch sicher sind.
Das Bad ist ständig blockiert, die Wohnung wird
schmutzig hinterlassen, im
Kühlschrank bleiben Lebensmittel liegen. Paul und
Marie kümmern sich um alles, auch wenn sie sich schon
lange nicht mehr wohlfühlen, bei jedem Klingeln
Angstzustände und Herzklopfen bekommen und sich

Angstzustände und Herzklopfen“

» jamin Plach, Innsbrucks

SPO-Vorsitzender, nimmt
@ sich der Sache an: „Der
g Dreistigkeit so _mancher
5 Vermieter müssen Grenzen

ihnen, beim Zustand der
hinterlassenen Wohnung,
zunehmend der Magen umdreht. Sie sprechen die Vermieterin darauf an, aber die
will von allem nichts wissen.
Und das, obwohl das Paar
längst die Anzeige im Internet entdeckt hat, in der die
Wohnung angepriesen wird.

Darauf angesprochen,
nimmt die Vermieterin die
Anzeige aus dem Netz - um
sie dann unter anderem Namen wieder reinzustellen.
Auch die „Krone“ hat ver-

sucht, die Vermieterin zu
kontaktieren, doch waren
Nummer und E-Mail-Adresse nicht mehr erreichbar.

Das Reinlassen der Gäste
übernimmt die Mutter der
Vermieterin, die ständig ohne Ankündigung in der
Wohnung steht. Als sie darum bitten, dass die Mutter
vorher Bescheid sagen soll,
wenn sie in die Wohnung
kommt, werden sie angeschrien und beleidigt, wie
Paul und Marie erzählen. Es
sei ja nicht ihre Wohnung.

Sie sollen auf ihr Zimmer
gehen. „Unfassbar.“

„Denn irgendwo hat

die Gier ihre Grenzen“

Paul und Marie wissen keinen Ausweg mehr. Längst
fühlen sie sich in ihrer Wohnung nicht mehr wohl. Die
Gespräche mit der Vermieterin laufen ins Leere. Als
sie an einem Stand der SPO
vorbeikommen, wenden sie
sich hilfesuchend an die
Politik. Damit bringen sie
einen Stein ins Rollen. Ben-

5 gesetzt werden. Es braucht

engmaschige Kontrollen
und strenge Strafen, um solche Geschäftspraktiken zu
beenden.“ Nun kommt die
Innsbrucker Taskforce
Airbnb zum Zug. Erleichterung für Paul und Marie,
doch es bleibt ein unangenehmes Gefühl: „Wir sind
vor allem auf der menschlichen Ebene enttäuscht“,
sagt Paul, nachdem sie
schließlich die Flucht ergriffen haben und ausgezogen
sind. „Vor allem, als die
Vermieterin dann auch noch
mit der Miete raufgegangen
ist. Mit uns wurde das auch
nie kommuniziert. Wir fühlten uns schon lange nicht
mehr wohl, das war immerhin unser Zuhause.“ „Ich
hatte so ein schlechtes Gefühl, ich wollte gar nicht
mehr nach Hause gehen“,
sagt Marie. Psychische und
physische Belastung für Marie und Paul, viel Geld für
die Vermieterin. Innsbruck
ist ein teures Pflaster, die
Vermieter verlangen viel,
doch hier ist eindeutig eine
Grenze überschritten, meint
Paul: „Das verträgt sich sozial nicht mehr. Irgendwo
hat die Gier ihre Grenzen.“
Nadine Isser

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