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Jahr: 2024

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Tiroler Tageszeitung

„Wohnbau vergraulte Hotelgäste‘, Seite 17

Wohnbau vergraulte Hotelgäste

Gemeinnütziger Wohnbau in dicht besiedelten Tourismusorten ist für alle Betroffenen
herausfordernd. Am Landesgericht verglich sich nun ein geplagter Hotelier mit der NHT.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck — Treffen in Tiroler
Tourismusorten größere Bauvorhaben auf Beherbergungsbetriebe mitsamt erholungsbedürftigen Urlaubern, sind
Konflikte vorprogrammiert.
Wie seit einiger Zeit - und voraussichtlich bis Herbst 2025
- in einer Tiroler Tourismushochburg, in welcher 800 Einwohner auf 6000 Gästebetten
treffen. Bald wird die Anzahl
der Einwohner wohl aber die
Tausendergrenze überschreiten, da die Neue Heimat Tirol
(NHT) im Ort eine Wohnanlage mit 136 Wohnungen und
Stellplätzen errichtet.

Der soziale Wohnbau freut
junge Einheimische, Hoteliers in unmittelbarer Nähe aber weniger. Ein Betrieb
ist besonders betroffen. So
trägt die Bautätigkeit dicke
Staubwolken in Richtung der
Wellness-Oase, Balkone und
Fahrzeuge von Gästen sehen
aus wie am Adria-Strand. Der
Staub dringt aber auch derartig ins Gebäude, dass der Hotelier eine zusätzliche Reinigungskraft anstellen musste,
um das Haus für die Gäste angemessen sauber zu halten.

Schnapserl zum Beruhigen

Staub und schlechte Luft waren aber bislang nicht das
einzige Problem. So herrscht
ein derartiger Baulärm und
Lkw-Verkehr, dass Gäste
auch wieder umgehend abgereist sind. Die übrigen hielt
der langjährige Hotelier mit
regelmäßigen BeruhigungsschnapserlIn und dem Verschenken von Weinflaschen
bei Laune. Belastungen, die
für Rechtsanwalt Markus
Abwerzger weit über dem
ortsüblichen Ausmaß liegen,

Graben, Klopfen und Bohren verträgt sich in unmittelbarer Nähe nu

das bei Bautätigkeiten an
sich ja zu dulden ist. Angesprochen auf die untragbare
Situation im unmittelbaren
Nahebereich mitsamt Zusatzkosten und Gästeschwund,
bot die NHT ausnahmsweise eine Entschädigung über
10.000 Euro an - was dem
Hotelier angesichts georteter
Ortsunüblichkeit als zu wenig
erschien.

Dessen Rechnung ab der
Wintersaison 2021 lautete nämlich: Massive Verschmutzung und nötiger

Neuanstrich der Fassade, die
zusätzliche Einstellung einer
Reinigungskraft und zusätzliche Vergünstigungen für die
Gäste belaufen sich auf einen
Schaden von 28.842 Euro.

Am Freitag trafen sich die
Streitparteien am Landesgericht deshalb vor Richterin
Maria Gutheinz.

Die Vorstellungen und
die Rechtsansichten lagen
weit auseinander. Richterin
Gutheinz stellte einen Vergleich in den Raum, da die
Lösung des Falls schadener-

Seite 6 von 16

r schwer mit Erholungsurlaub.

Foto: Imago

satzrechtlich komplex und somit prozessual teuer werden
könnte.

Stefan Schwärzler, der
Rechtsanwalt der NHT, stellte dennoch klar, das auch das
ursprüngliche Angebot von
10.000 Euro eine Ausnahme
dargestellt hatte: „Der Kläger
kann diese annehmen oder
weiter Klage führen. Wir können hier jedenfalls keinen einzigen Cent mehr bezahlen!“
Für die NHT seien die Auswirkungen des Bauvorhabens
ohnehin absolut ortsüblich:

„Im Gegensatz vom Abriss von
Objekten in der Innsbrucker
Innenstadt ist dies hier ja ein
Kindergeburtstag. Wir brauchen eben neue Krankenhäuser, Schulen oder auch Hotels.
Die Anrainer müssen diese
Bautätigkeit dulden — so funktioniert Gesellschaft.“

Je länger das Verfahren dauerte, umso entspannter war
die Stimmung. So versicherte
auch der Vertreter der NHT,
dass man mit der mitbeklagten Baufirma einen Vertrag
habe, wonach die Baufüh-

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S
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‚ ‚ Eine Bautätigkeit
wie diese geht über
das ortsübliche Ausmaß
hinaus und begründet
somit Schadenersatz.“

Markus Abwerzger
(Rechtsanwalt)

rung so schonend als möglich
durchzuführen sei. Auch die
10.000 Euro werde man nach
Wunsch und nach betragsmäßig erfolgtem Vergleich sofort
anweisen.

Der Hotelier war nicht auf
Streit aus und überlegte kurz
im Saal: „Eigentlich mag ich
deshalb eh nicht immer Innsbruck fahren. Ich glaub’, ich
will’s nit ausstreiten!“, stimmte der Freizeitwirtschaftler
dem Vergleich unmittelbar
vor der ohnehin fordernden
Wintersaison zu.