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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_09_20_Presse_OCR
- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„Alle Früchte sind geerntet“, Seite 22
20.9.2024
Alle Früchte sind geerntet
Die letzten Tage von „Clementi Vitaminspezialitäten“ am Sparkassenplatz laufen. Der
Familienbetrieb, der seit 1952 in Innsbruck ansässig war, schließt am Montag für immer.
Von Monika Schramm
Innsbruck - „Morgen kommen wir auch noch einmal
vorbei“, verabschieden sich
die vier Stammkunden von
Christine Clementi und ihren
Mitarbeitern. Noch bis Montag sind die Clementi Vitaminspezialitäten geöffnet.
„Der Abverkauf geht dann
noch bis Mittag. Danach ist
Schluss“, sagt Josef Clementi.
Nach 72 Jahren schließt der
Innsbrucker Familienbetrieb
am Sparkassenplatz. „Wir gehen in den Ruhestand“, sagt
das Ehepaar.
Viele Innsbruckerinnen
und Innsbrucker sind von der
Nachricht überrascht. „Wir
hatten zwar Interessenten,
die das Geschäft überneh-
‚ Es war immer
schön zu sehen, wie
viel Freude sie an unseren selbstgemachten
Spezialitäten hatten.“
Christine Clementi
(Clementi Vitaminspezialitäten)
men wollten, aber daraus ist
leider nichts geworden“, sagt
Christine Clementi. „Und
einen Abverkauf zwischen
Weihnachten und Silvester
brauche ich nicht zu machen“, nennt ihr Mann Josef
einen weiteren Grund, warum sie sich schon jetzt von
ihren Kundinnen und Kunden verabschieden.
Sohn Marcel hat seinen eigenen Weg eingeschlagen. Er
ist als Yogalehrer weit über
die Grenzen Tirols bekannt.
Drei Tage haben Christine und Josef Clementi ihr Obst-und-Gemüse-Geschäft noch geöffnet.
„Er hat lange im Betrieb mitgearbeitet. Aber er soll sein eigenes Leben führen, das machen, was er sich vorstellt“,
sagt Christine Clementi. Ihre
Unterstützung habe er auf alle Fälle.
Nicht nur einen Nachfolger zu finden, sei heutzutage
für kleine Geschäfte schwierig. „Das Einkaufsverhalten
G
der Menschen hat sich in den
letzten Jahrzehnten sehr verändert“, meint Josef Clementi. Früher habe es in der Innsbrucker Innenstadt noch viel
mehr unterschiedliche Geschäfte gegeben. „Es gibt nur
noch wenige Spezialisten, die
kleinen Läden verschwinden langsam. Und ich denke,
das wird sich nicht mehr än-
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Foto: Springer
dern.“ Ein weiterer Grund dafür sei auch die Parkraumbewirtschaftung in Innsbruck.
Vor allem an den Samstagen.
„Früher haben wir samstags
um 7 Uhr aufgesperrt, ein
paar Minuten später waren
schon die ersten Kunden da.“
Dann wurde das Parken kostenpflichtig. „Und viele sind
nicht mehr in die Stadt zum
Einkaufen gefahren. Da haben auch wir einige Stammkunden verloren.“
Jetzt freuen er und seine
Frau sich auf die Pension. Das
Aufhören falle ihnen nicht so
schwer, sagen beide. „Es ist
schon eine Aufgabe, so ein
Geschäft zu führen. Irgendwann ist es nicht mehr so
einfach zu schaffen“, erklärt
Christine Clementi. Ein wenig leid tue es ihr für die Kun-
‚ ‚ Das Einkaufsverhalten der Men-
schen hat sich in den
letzten Jahrzehnten
sehr verändert.“
Josef Clementi
(Geschäftsinhaber)
dinnen und Kunden. „Es war
immer schön zu sehen, wie
viel Freude sie auch an unseren selbstgemachten Spezialitäten hatten. Die werden
ihnen wohl fehlen.“ Manche
Stammkunden und -kundinnen seien jeden Tag gekommen. „Die wollten einfach
immer ihren Salat haben.“
Oder frisches Obst für die Jause und Gemüse für zuhause.
Große Pläne für den Ruhestand hat das Ehepaar bisher noch nicht geschmiedet.
„Man muss sich einfach neu
orientieren, was man mit seiner Zeit macht“, sagt Josef
Clementi. Eine Reise stehe
aber bald auf dem Plan. „Außerdem gibt es noch einiges
zu tun, so einfach ist das Zusperren nun auch nicht. Zwei
Monate wird es schon noch
dauern, bis alles erledigt ist.“